Eine Hochtechnologie, die normalerweise für die Entwicklung von Rennwagen und Flugzeugen verwendet wird, hat Wissenschaftlern geholfen zu verstehen, wie pflanzenfressende Dinosaurier vor 150 Millionen Jahren fraßen.
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von der University of Bristol und dem Natural History Museum benutzte CT-Scans und biomechanische Modellierung, um zu zeigen, dass Diplodocus – einer der größten jemals entdeckten Dinosaurier – einen Schädel besaß, der daran angepasst war, Blätter von Ästen zu reißen. Die Forschungsarbeit wurde am 16. Juli 2012 in dem führenden internationalen Wissenschaftsmagazin Naturwissenschaften veröffentlicht.
Der Diplodocus ist ein Sauropode aus dem Jura und eines der längsten Tiere, das jemals auf der Erde gelebt hat. Er war über 30 Meter lang und wog um die 15 Tonnen. Obwohl bekannt war, dass sie schwere Pflanzenfresser waren, gab es Diskussionen darüber, wie genau sie derart große Pflanzenmengen gefressen haben. Der anomale Diplodocus mit seiner langen Schnauze und vorstehenden, stiftähnlichen Zähnen, die auf den vorderen Teil seines Mauls beschränkt waren, war das Zentrum dieser Meinungsverschiedenheiten.
Um das Rätsel zu lösen, wurde aus Daten eines CT-Scans das 3D-Modell eines vollständigen Diplodocus-Schädels erstellt. Dieses Modell wurde anschließend biomechanisch analysiert, um mit Hilfe der Finite Element Analysis (FEA) drei Fressverhaltensmuster zu testen. FEA findet weitläufige Anwendungen – von der Flugzeugentwicklung bis zu orthopädischen Implantaten. Sie enthüllte die verschiedenen Belastungen und Spannungen, die auf den Diplodocus-Schädel während des Fressens einwirken, um zu bestimmen, ob der Schädel oder die Zähne unter bestimmten Bedingungen brechen würden.
Das Team, das diese Entdeckung machte, wurde von Dr. Emily Rayfield (School of Earth Sciences, University of Bristol) und Dr. Paul Barrett vom Natural History Museum in London geleitet. Dr. Mark Young, ein früherer Student an beiden Einrichtungen, machte die Analyse im Rahmen seiner Doktorarbeit. Dr. Young sagte: “Sauropoden wie Diplodocus waren so verschieden von heute lebenden Tieren, dass es kein Tier gibt, mit dem wir sie vergleichen können. Das macht das Verständnis ihres Fressverhaltens sehr schwierig. Deshalb ist biomechanische Modellierung so wichtig für unser Verständnis von längst ausgestorbenen Tieren.”
Dr. Paul Barrett ergänzte: “Durch Verwendung dieser Techniken, die der Welt des Ingenieurwesens und der Medizin entliehen sind, können wir anfangen, das Fressverhalten dieser längst ausgestorbenen Tiere in Einzelheiten zu untersuchen, die bis vor kurzem noch schlicht unmöglich waren.” Seit seiner Entdeckung vor 130 Jahren wurden zahlreiche Theorien über das Fressverhalten des Diplodocus vorgeschlagen. Sie reichten von normalem Beißen über das Kämmen von Blättern durch die stiftähnliche Zähne und das Abschälen der Rinde von Bäumen (ähnlich wie es einige Rotwildarten tun) bis zum “Pflücken” von Schalentieren auf Felsen.
Das Team fand heraus, dass das Abschälen der Rinde – wie nicht anders zu erwarten – zu belastend für die Zähne war. Das Kämmen der Blätter von Ästen war für die Schädelknochen und Zähne nicht belastender als das normale Beißen.
Quelle: http://www.bristol.ac.uk/news/2012/8642.html
(THK)
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