Ein weltweites Team aus Wissenschaftlern, darunter einem Physiker der University of Mississippi (UM), hat mit Beobachtungen von supermassiven Schwarzen Löchern die bislang genauste Bestimmung der Masse von Photonen durchgeführt.
Die Forschungsergebnisse erscheinen in der September-Ausgabe der Physical Review Letters, einem der renommiertesten, von Experten geprüften akademischen Journale des Fachbereichs. Emanuele Berti, Assistenzprofessor für Physik und Astronomie an der UM, war Co-Autor der Abhandlung “Black hole bombs and photon mass bounds” und arbeitete mit den Kollegen Paolo Pani, Vitor Cardoso, Leonardo Gualtieri und Akihiro Ishibashi zusammen.
Die Physical Review Letters gehören zu den verschiedenen Publikationen, die von der American Physical Society und dem American Institute of Physics herausgegeben werden und einem breiten Publikum aus Physikern, Journalisten, Studenten und der Öffentlichkeit ausgewählte physikalische Abhandlungen beschreiben. Diese Abhandlung beschreibt ausführlich, wie die Wissenschaftler, die in Portugal, Italien, Japan und den USA arbeiten, einen Weg fanden, um astronomische Beobachtungen für das Testen eines fundamentalen Aspekts des Standardmodells zu verwenden, nämlich dass Photonen keine Masse besitzen.
“Der Test funktioniert folgendermaßen: Wenn Photonen eine Masse hätten, würden sie eine Instabilität auslösen, die alle Schwarzen Löcher im Universum abbremsen würde”, sagte Berti. “Aber Astronomen sagen uns, dass die gigantischen, supermassiven Schwarzen Löcher in den galaktischen Zentren rotieren, also kann diese Instabilität nicht sehr stark sein. Die Masse des Photons – falls es überhaupt eine Masse hat – muss extrem klein sein.”
“Ultraleichte Photonen mit einer Masse ungleich Null würden eine ‘Schwarze-Loch-Bombe’ (‘black hole bomb’) erzeugen: Eine starke Instabilität, die sehr schnell Energie von dem Schwarzen Loch abziehen würde”, sagte Pani, der leitende Autor der Abhandlung. Die Existenz solcher Teilchen wird durch die Beobachtung rotierender Schwarzer Löcher eingeschränkt. Mit dieser Technik haben wir die Masse des Photons in beispielloser Weise eingegrenzt: Die Masse muss hunderte Millionen Milliarden Mal kleiner sein als der aktuelle Wert für die Masse eines Neutrinos, die bei rund zwei Elektronenvolt liegt.”
Die Ergebnisse dieser Studie können verwendet werden, um die Existenz neuer Teilchen zu untersuchen, zum Beispiel solcher Teilchen, die möglicherweise zur Dunklen Materie beitragen, nach der man mit Hilfe des Large Hadron Collider am CERN in Genf sucht. Am CERN wurde vor einigen Wochen der Durchbruch von der Entdeckung des Higgs-Bosons vermeldet. (Anm. d. Red. Es wurde bisher noch nicht offiziell bestätigt, dass es sich dabei um das lang gesuchte Higgs-Boson handelt. astropage.eu berichtete)
“Diese Entdeckung füllte eine der wichtigsten Lücken in unserem Verständnis des Standardmodells der Teilchenphysik, weil sie erklärt, wie Teilchen ihre Masse bekommen”, sagte Gualtieri. “Allerdings haben nicht alle Teilchen eine Masse. Die Physik macht Fortschritte, indem sie jeden Aspekt unserer weithin akzeptierten Theorien überprüft. Wenn wir also glauben, dass ein Teilchen keine Masse besitzt, sollten wir diese Theorie besser mit präzisen Experimenten überprüfen.”
Video-Link: https://youtu.be/RaAWDVQ6cwQ
Eine numerische Simulation des “Schwarze-Loch-Bomben-Effekts” für massereiche Photonen. Die verschiedenen Farben repräsentieren unterschiedliche Amplituden der reflektierten Welle. Die Simulation folgt dem Reflexions- und Verstärkungsprozess für ein paar Zyklen. (Animation by Helvi Witek / UM)
“Beobachtungen von supermassiven Schwarzen Löchern könnten neue Einblicke erbringen, die mit Laborexperimenten nicht zugänglich sind. Das wäre sicherlich aufregend. Vielleicht werden uns diese neuen Grenzen in der Astrophysik ein besseres Verständnis des mikroskopischen Universums geben”, ergänzte er.
“Paolo, Vitor, Leonardo und ich sind alle Teil des von der Europäischen Union finanzierten IRSES-Netzwerks für ‘Numerical Relativity and High-Energy Physics'”, sagte Berti. “Paolo präsentierte im Juli beim ersten Treffen unseres Netzwerks in Aveiro (Portugal) einen Vortrag über seine Arbeit. Dieses Netzwerk wird in den nächsten vier Jahren verwendet werden, um unsere Zusammenarbeit noch zu vertiefen.”
Pani, der vom Italian National Institute of Nuclear Physics 2011 den Fubini-Preis für die beste Doktorarbeit bekam, ist ein Postdoktorand am Instituto Superior Técnico in Lissabon (Portugal) und wird durch ein European Marie Curie Fellowship (ein Stipendium; Anm. d. Red.) unterstützt.
“Paolo begann mit uns zusammenzuarbeiten, als er 2007 die Ole Miss (Spitzname der UM; Anm. d. Red.) besuchte”, sagte Berti. “Wir arbeiten seit Januar 2012 an diesem speziellen Projekt zusammen und haben bislang an neun Abhandlungen als Co-Autoren mitgewirkt.”
Cardoso ist Professor am Instituto Superior Técnico und war ein Postdoktorand an der UM, bevor er in sein Geburtsland Portugal zurückkehrte, wo seine Gruppe von Fördergeldern des renommierten European Research Council unterstützt wird. Cardoso und Berti haben in den vergangenen zehn Jahren 37 Abhandlungen zusammen veröffentlicht.
“Gualtieri und ich waren beide Doktoranden unter der Aufsicht von Valeria Ferrari in Rom (Italien)”, sagte Berti. “Wir haben auch seit mehr als zehn Jahren zusammengearbeitet. Leonardo ist jetzt forschender Professor in Rom.”
Ishibashi arbeitet am KEK Theory Center und am Department of Physics der Kini University in Japan, wo Physiker des Centers sehr genau Phänomene untersuchen, die mit dem in der aktuellen Abhandlung vergleichbar sind.
Diese Studie wurde teilweise vom National Science Foundation Grant No. PHY-0900735 und vom CAREER Grant No. PHY-1055103 finanziert. Die Abhandlungen können unter http://arxiv.org/abs/arXiv:1209.0465 und http://arxiv.org/abs/arXiv:1209.0465 angesehen werden.
(THK)
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