Wissenschaftler des Walter and Eliza Hall Institute haben erstmals die molekularen Veränderungen eines entscheidenden Zelltod-Proteins sichtbar gemacht, das Zellen zum Sterben zwingt. Die Entdeckung liefert wichtige Einblicke darin, wie der Zelltod auftritt und könnte zu neuen Medikamentenklassen führen, die kontrollieren, ob erkrankte Zellen leben oder sterben.
Der [programmierte] Zelltod, Apoptose genannt, ist wichtig für die Kontrolle der Zellenanzahl im Körper. Störungen beim programmierten Zelltod wurden mit der Entstehung von Krankheiten wie Krebs und neurodegenerativen Leiden in Zusammenhang gebracht. Unzureichender Zelltod kann Krebs verursachen, indem er es den Zellen erlaubt unsterblich zu werden, während der exzessive Zelltod von Neuronen eine Ursache von neurodegenerativen Leiden sein kann.
Dr. Peter Czabotar, Professor Peter Colman und Kollegen der Abteilung für strukturelle Biologie machten die Entdeckung zusammen mit Dr. Dana Westphal von der Abteilung für Krebs-Molekulargenetik. Die Ergebnisse der Studie wurden in der neuesten Ausgabe des Journals Cell veröffentlicht.
Dr. Czabotar sagte, die Aktivierung des Proteins Bax sei seit langem als ein wichtiger Vorgang bei der Auslösung der Apoptose bekannt, aber bis jetzt habe man nicht gewusst, wie diese Aktivierung stattfindet. „Einer der Schlüsselschritte beim Zelltod ist, dass Löcher in eine Membran der Zelle gestoßen werden, in die mitochondriale Außenmembran“, sagte Dr. Czabotar. „Wenn das erst einmal geschehen ist, wird die Zelle damit fortfahren und sterben. Bax ist verantwortlich für das Hineinstoßen der Löcher in die mitochondriale Außenmembran und die Veranschaulichung seiner Aktivierung bringt uns einen Schritt näher daran, die Mechanik des Zelltodes zu verstehen.“
Mit dem Australian Synchrotron waren Dr. Czabotar und seine Kollegen in der Lage, detaillierte, dreidimensionale Bilder von Bax während seiner Formveränderung zu machen, als es sich von seiner inaktiven Gestalt in seine aktive Form transformierte. Die aktive Form bricht mitochondriale Membranen auf, entfernt die Energieversorgung der Zelle und ruft den Zelltod hervor.
Video-Link: https://youtu.be/9dD50CS8TyE
Dr. Peter Czabotar erklärt die Vorgehensweise der Forscher bei der Veranschaulichung des Aktivierungsvorgangs. (Walter and Eliza Hall Institute)
„Indem wir die starken Röntgenstrahlen des Synchrotrons verwendeten, erhielten wir Strukturen von Bax, die wirklich aufregend waren“, sagte Dr. Czabotar. „Bax wird aktiviert, wenn sich kleine Proteinfragmente – BH3-Peptide – an es binden. Wir sahen, dass diese Peptide das Bax-Molekül öffneten, ähnlich wie ein Schlüssel ein Vorhängeschloss öffnet. Diese unverschlossene Form von Bax kann sich an andere Bax-Moleküle binden, die dann größere Bax-Komplexe bilden, welche die Membranen in der Zelle aufbrechen.
„Unsere Arbeit erklärt nicht nur die Details, wie der Zelltod stattfindet, sondern könnte auch Anhaltspunkte dafür liefern, wie man neue, potenzielle therapeutische Wirkstoffe entwickeln kann, die auf Bax abzielen“, sagte Dr. Czabotar. „Jetzt da wir sehen können, wie Bax seine Gestalt verändert, um sich von seiner inaktiven in seine aktive Form zu begeben, könnte es möglich sein, die Aktivierung von Bax zu blockieren und den Zelltod bei Leiden wie neurodegenerativen Erkrankungen zu verhindern, wo die Krankheit durch exzessiven Zelltod ausgelöst wird. Auf ähnliche Weise könnten Wirkstoffe, die Bax in seine aktive Form bringen, unsterbliche Zellen (zum Beispiel Krebszellen) zwingen zu sterben und eine Basis für eine potenzielle neue Klasse von Antikrebs-Wirkstoffen bereitstellen.“
Die Forschungsarbeit wurde vom National Health and Medical Research Council, dem Australian Research Council, der Australian Cancer Research Foundation, dem Cancer Council Victoria, der German Research Foundation, der Leukemia and Lymphoma Society (US) und der Regierung von Victoria unterstützt.
(THK)
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