Astronomen entdecken Doppelsystem aus zwei Braunen Zwergen in relativer Sonnennähe

Künstlerische Darstellung des aus zwei Braunen Zwergen bestehenden Binärsystems WISE J104915.57-531906 mit der Sonne im Hintergrund. (Janella Williams, Penn State University)
Künstlerische Darstellung des aus zwei Braunen Zwergen bestehenden Binärsystems WISE J104915.57-531906 mit der Sonne im Hintergrund. (Janella Williams, Penn State University)

Ein neu entdecktes Objektpaar ist das der Sonne am drittnächsten gelegene System. Das ist das Ergebnis einer Studie, die in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht werden wird. Die beiden Himmelskörper sind das nächstgelegene System, das seit 1916 entdeckt wurde. Die Entdeckung wurde von Kevin Luhman gemacht, einem außerordentlichen Professor für Astronomie und Astrophysik an der Pennsylvania State University und Forscher am Center for Exoplanets and Habitable Worlds der Universität.

Beide Objekte in dem neuen Doppelsystem sind Braune Zwerge – das sind Himmelskörper, deren Massen zu gering sind, um heiß genug für die Zündung der Wasserstofffusion zu werden. Infolgedessen sind sie sehr kühl und leuchtschwach und ähneln eher einem Riesenplaneten wie Jupiter als einem hellen Stern wie der Sonne. (Anm. d. Red.: In der englischen Originalquelle von der Penn State University werden die Objekte auch als Sterne bezeichnet, was streng genommen aber nicht ganz korrekt ist. In dieser Übersetzung werden daher die neutralen Bezeichnungen “Objekt” oder “Himmelskörper” verwendet, sofern nicht explizit die Bezeichnung “Brauner Zwerg” benutzt wird.)

“Die Entfernung zu diesem Paar Brauner Zwerge beträgt 6,5 Lichtjahre – so nah, dass die irdischen Fernsehübertragungen von 2006 jetzt dort ankommen”, sagte Luhman. “Sie werden ein ausgezeichnetes Jagdgebiet für Planeten sein, weil sie sehr nah an der Erde liegen, was es viel einfacher macht, irgendwelche Planeten im Orbit um einen der Braunen Zwerge zu beobachten.” Weil es das drittnächstgelegene System ist, könnte es in der fernen Zukunft das erste Ziel für bemannte Expeditionen außerhalb unseres Sonnensystems werden, sagte Luhman.

Das System trägt die Bezeichnung “WISE J104915.57-531906”, weil es auf einer Karte entdeckt wurde, die der von der NASA finanzierte Satellit WISE (Wide-field Infrared Survey Explorer) von dem gesamten Himmel erstellt hat. Es liegt nur geringfügig weiter entfernt als der zweitnächste Stern, Barnard’s Stern, der 1916 aufgefunden wurde und 6,0 Lichtjahre entfernt ist. Das nächstgelegene Sternsystem besteht aus Alpha Centauri, einem Nachbarstern der Sonne in 4,4 Lichtjahren Entfernung, und dem schwächeren Proxima Centauri, der 1917 in einer Entfernung von 4,2 Lichtjahren entdeckt wurde.

Edward “Ned” Wright, der leitende Wissenschaftler für den WISE-Satelliten, sagte: “Ein Hauptziel bei der Entwicklung von WISE war, die der Sonne nächstgelegenen Sterne zu finden. WISE J104915.57-531906 ist mit Abstand das nächstgelegene Objekt, das unter Verwendung der WISE-Daten gefunden wurde und die Detailansichten, die wir mit großen Teleskopen wie dem Gemini-Teleskop und dem zukünftigen James Webb Space Telescope von diesem Binärsystem machen können, werden uns eine Menge über die massearmen Braunen Zwerge mitteilen.” Wright ist der David Saxon Presidential Chair in Physics und Pofessor für Physik und Astronomie an der University of California in Los Angeles (UCLA).

Astronomen haben lange über das mögliche Vorhandensein eines entfernten, schwachen Objekts spekuliert, das die Sonne umkreist und das gelegentlich Nemesis genannt wird. Dennoch schlussfolgert Luhman: “Wir können ausschließen, dass der neue Braune Zwerg solch ein Objekt ist, weil es sich viel zu schnell am Himmel bewegt, um in einer Umlaufbahn um die Sonne zu sein.”

Die Zeitraffer-Aufnahme zeigt die Bewegung des Objekts am Himmel zwischen 1978 und 2010. (NASA / STScI / JPL / IPAC / University of Massachusetts)
Die Zeitraffer-Aufnahme zeigt die Bewegung des Objekts am Himmel zwischen 1978 und 2010. (NASA / STScI / JPL / IPAC / University of Massachusetts)

Um das neue System zu entdecken, studierte Luhman die Aufnahmen des Himmels, die der WISE-Satellit während einer 13-monatigen Zeitspanne bis ins Jahr 2011 gesammelt hatte. Im Rahmen seiner Mission beobachtete WISE jeden Punkt am Himmel zwei bis drei Mal. “Mit diesen Zeitraffer-Aufnahmen war ich in der Lage festzustellen, dass sich dieses System sehr schnell am Himmel bewegt – was ein wichtiger Anhaltspunkt dafür war, dass es unserem Sonnensystem wahrscheinlich sehr nahe ist”, sagte Luhman.

Nachdem er anhand der WISE-Bilder die schnelle Bewegung erkannt hatte, suchte Luhman nach Nachweisen des vermuteten nahen Objekts in älteren Himmelsdurchmusterungen. Er fand heraus, dass es tatsächlich auf Bildern registriert wurde, die der Digitized Sky Survey, der Two Micron All-Sky Survey und der Deep Near Infrared Survey zwischen 1978 und 1999 vom südlichen Himmel erstellt hatten. Basierend auf den Bewegungen des Himmelskörpers auf den Bildern des WISE-Surveys konnte ich ihn zurückverfolgen und vorhersagen, wo er auf den Bildern der älteren Surveys zu finden sein sollte und er war wirklich da”, sagte Luhman.

Durch Kombination der Nachweise des Systems in den verschiedenen Surveys war Luhman imstande, dessen Distanz mit Hilfe der Parallaxenmethode zu messen. Dabei handelt es sich um die scheinbare Verschiebung eines Objekts am Himmel aufgrund der Bewegung der Erde um die Sonne. Dann verwendete er das Gemini South Teleskop auf dem Cerro Pachón in Chile, um ein Spektrum des Himmelskörpers zu erhalten, welches demonstrierte, dass er eine sehr kühle Temperatur aufweist und damit ein Brauner Zwerg ist. “Als unerwartete Zugabe enthüllten die scharfen Aufnahmen des Gemini South Teleskops, dass das Objekt nicht nur ein Brauner Zwerg ist, sondern in Wirklichkeit aus zwei Braunen Zwergen besteht, die sich gegenseitig umkreisen”, sagte Luhman.

“Es war eine Menge Detektivarbeit”, sagte Luhman. “Es gibt Milliarden infraroter Lichtpunkte am Himmel und das Geheimnis ist, welcher davon – falls überhaupt – ein Himmelskörper sein könnte, der sehr nah an unserem Sonnensystem liegt.”

Quelle: http://science.psu.edu/news-and-events/2013-news/Luhman3-2013

(THK)

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