“Spukhafte Fernwirkung” an Bord der Internationalen Raumstation ISS

Die Internationale Raumstation ISS am 7. März 2011, fotografiert von Bord des Space Shuttle Discovery. (NASA)
Die Internationale Raumstation ISS am 7. März 2011, fotografiert von Bord des Space Shuttle Discovery. (NASA)

Albert Einstein beschrieb die Quantenverschränkung bekanntlich als “spukhafte Fernwirkung” – allerdings waren Experimente, die diesen speziellen Aspekt der Physik untersuchten, bis jetzt auf relativ kleine Entfernungen auf der Erde begrenzt.

In einer neuen Abhandlung haben Forscher vorgeschlagen, die Internationale Raumstation ISS zu benutzen, um die Grenzen dieser “spukhaften Wirkung” zu testen und möglicherweise bei der Entwicklung des ersten globalen Quantenkommunikationsnetzwerks zu helfen. Die Studie wurde am 9. April 2013 im New Journal of Physics des Institute of Physics und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft veröffentlicht.

Ihre Pläne umfassen ein sogenanntes Bell-Experiment, das die theoretische Unvereinbarkeit zwischen den Vorhersagen der Quantenmechanik und der klassischen Physik überprüft, sowie ein Quantenschlüssel-Verteilungsexperiment, das die ISS als Relaisstation verwenden wird, um einen geheimen Verschlüsselungscode über viel größere Distanzen zu übertragen, als man bisher mit Hilfe optischer Fasern auf der Erde realisieren konnte. Ihre Berechnungen zeigen, dass bereits mit wenigen Überflügen der ISS “bedeutende experimentelle Ziele” erreicht werden könnten, wobei jedes der Experimente bei jedem Überflug weniger als 70 Sekunden dauern würde.

“In ein paar Monaten des Jahres überfliegt uns die ISS fünf- bis sechsmal nacheinander in der korrekten Ausrichtung, damit wir unsere Experimente durchführen können. Wir stellen uns vor, dass wir das Experiment eine ganze Woche lang betreiben und wir dadurch mehr als genug Verbindungen zur ISS verfügbar haben”, sagte Professor Rubert Ursin von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Co-Autor der Studie. Außerdem wäre die einzige Ausrüstung, die dafür an Bord der ISS benötigt würde, ein Photonendetektionsmodul, das zur ISS geschickt und an einer bereits existierenden, motorisierten kommerziellen Kameralinse (Nikon 400 mm) angebracht werden könnte. Die Linse befindet sich in einem 70 Zentimeter großen Fenster des Cupola-Moduls und blickt immer nach unten.

Für das Bell-Experiment würde ein Paar verschränkter Photonen auf der Erdoberfläche erzeugt werden. Eines würde von der Bodenstation zu der modifizierten Kamera an Bord der ISS geschickt werden, während das andere für den späteren Vergleich lokal auf dem Boden gemessen werden würde. Verschränkte Photonen haben eine innige Verbindung miteinander, sogar wenn sie durch große Distanzen voneinander getrennt sind, was gegen die Gesetze der klassischen Physik verstößt. Die Messung des einen verschränkten Photons wird das Ergebnis derselben Messung des zweiten Photons bestimmen, egal wie weit sie voneinander entfernt sind.

“Der Quantenphysik zufolge ist die Verschränkung unabhängig von der Entfernung. Unser vorgeschlagenes Bell-Experiment wird erstmals durch ein Experiment verdeutlichen, dass Teilchen über große Entfernungen – rund 500 Kilometer – verschränkt sind”, ergänzte Professor Ursin. “Unsere Experimente werden uns auch erlauben, die potenziellen Auswirkungen der Gravitation auf die Quantenverschränkung zu prüfen.”

Die Forscher schlagen zudem ein Quantenschlüssel-Verteilungsexperiment vor, in dem ein geheimer kryptografischer Schlüssel durch einen Photonenstrahl erzeugt und von zwei Parteien geteilt wird. Beide Parteien können sich sicher sein, dass es bemerkt werden würde, falls ein Lauscher ihn unterbräche. Bis jetzt beträgt die weiteste Entfernung, die ein geheimer Schlüssel zurückgelegt hat, nur wenige hundert Kilometer, was realistisch betrachtet nur die Kommunikation zwischen einer oder zwei Städten ermöglichen würde.

Forschungsteams aus der ganzen Welt beschäftigen sich mit dem Bau von Quanten-Satelliten, die als Relais-Stationen zwischen den beiden Parteien agieren werden und die Distanz entscheidend vergrößern könnten, die ein Geheimschlüssel zurücklegen kann. Die neue Forschungsarbeit zeigt, dass dies durch die Implementierung eines optischen Uplinks zur ISS und einer kleinen Veränderung an der schon an Bord befindlichen Kamera möglich wäre.

Quelle: http://www.iop.org/news/13/apr/page_59834.html

(THK)

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