
Mit Daten des NASA-Weltraumteleskops Kepler hat ein internationales Astronomenteam ein entferntes Planetensystem entdeckt, in dem mehrere Planeten ihren Zentralstern auf hochgradig geneigten Umlaufbahnen umkreisen. Derart geneigte Umlaufbahnen wurden bereits in Planetensystemen mit einem heißen Jupiter gefunden – einem Riesenplaneten, der seinen Zentralstern in geringer Entfernung umkreist. Aber bis jetzt wurden sie nicht in Systemen mit mehreren Planeten ohne einen so großen Planeten beobachtet.
Die Entdeckung wird in einer Abhandlung mit dem Titel “Stellar Spin-Orbit Misalignment in a Multiplanet System” beschrieben, die in der Science-Ausgabe vom 18. Oktober 2013 veröffentlicht wurde. Der leitende Autor der Studie ist Daniel Huber vom Ames Research Center der NASA in Mountain View (Kalifornien). Steve Kawaler, ein Physik- und Astronomie-Professor an der Iowa State University und ein Leiter der Kepler Asteroseismic Investigation, ist ein Co-Autor der Arbeit.
“Dies ist ein neues Detaillevel von der Architektur eines Planetensystems außerhalb unseres Sonnensystems”, sagte Kawaler. “Die Untersuchungen erlauben uns, ein detailliertes Bild von einem entfernten System zu zeichnen, das einen neuen und entscheidenden Test für unser Wissen darstellt, wie diese sehr fremdartigen Sonnensysteme strukturiert sind.”
Kawaler gehörte zu den Wissenschaftlern des Forschungsteams, die regelmäßige Helligkeitsveränderungen des Zentralsterns Kepler-56 untersuchten. Kepler-56 ist ein alter Roter Riese mit zwei Planeten in engen Umlaufbahnen und einem massereichen dritten Planeten in einem entfernten Orbit. Durch die Messung dieser Veränderungen und mit spektroskopischen Daten über die Temperatur und Zusammensetzung des Sterns maßen die Forscher den Durchmesser des Sterns und andere Eigenschaften.
Der Abhandlung zufolge besitzt Kepler-56 mehr als den vierfachen Sonnenradius. Seine Masse ist etwa 30 Prozent größer als die unserer Sonne und er liegt rund 3.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Kawaler sagte, er sei auch Teil des Teams gewesen, das Helligkeitsveränderungen untersuchte, um bei der Bestimmung der Rotationsachsenneigung von Kepler-56 zu helfen. Die Rotationsachse ist um 45 Grad gegen die Sichtlinie von der Erde aus geneigt (siehe Grafik).
“Die einfachste Möglichkeit für die Bildung eines Planetensystems ist normalerweise, wenn die Umlaufbahnen in derselben Ebene liegen wie der Äquator des Zentralsterns”, sagte Kawaler. Das spricht dafür, dass die Planeten aus einer dünnen Gas- und Staubscheibe entstanden, die den Zentralstern umgibt. Die Planeten unseres Sonnensystems kreisen alle mit maximal sieben Grad Abweichung in Bezug zur Ebene des Sonnenäquators.
Eine Planetenumlaufbahn, die in Bezug zu denen der anderen Planeten oder zum Äquator des Zentralsterns geneigt ist, könne bedeuten, dass der Planet eine traumatische Jugend hatte, sagte Kawaler. Er könnte nach der Begegnung mit einem oder mehreren anderen Planeten auf eine andere Ebene gezogen worden sein. Das trifft im Allgemeinen auf migrierende heiße Jupiter zu. Sie verändern ihre Umlaufbahnen nach Begegnungen mit anderen Planeten und Materie und haben dadurch eine höhere Wahrscheinlichkeit für geneigte Umlaufbahnen.
Im Fall von Kepler-56 scheint der massereichere, äußere Planet jedoch die geneigten Umlaufbahnen der beiden inneren Planeten aufrechtzuerhalten. “Er übt eine ständige Kraft auf die Umlaufbahnen der kleineren Planeten aus und zieht sie in ihre geneigten Umlaufbahnen”, sagte Kawaler. Alle diese Beobachtungen von Kepler-56, so berichten die Wissenschaftler in ihrer Abhandlung, bilden einen stichfesten Beleg dafür, dass geneigte Planetenumlaufbahnen sogar in Systemen möglich sind, die keinen heißen Jupiter enthalten.
Quelle: http://www.news.iastate.edu/news/2013/10/17/tiltedorbits
(THK)
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