Die Umlaufbahnen der Planeten in unserem Sonnensystem sind fast kreisförmig (Johannes Kepler lieferte Argumente dafür, dass sie eigentlich Ellipsen sind). Dieser fast kreisförmige, konzentrische Aufbau hilft dem Sonnensystem dabei, stabil zu bleiben. Hochgradig elliptische Umlaufbahnen dagegen könnten Planeten gelegentlich so nah zusammenbringen, so dass ihre gravitativen Wechselwirkungen ihre Bahnen stören.
Die Form einer Umlaufbahn wird durch ihre Exzentrizität bestimmt, ein Maß der sonnennächsten Entfernung eines Planeten im Vergleich zu seiner sonnenfernsten Distanz. Das hilft bei der Bestimmung der jährlichen Veränderungen bei der Sonneneinstrahlung: Die Exzentrizität der Erdbahn ist klein (0,0167) und im Dezember ist die Erde nur drei Prozent näher an der Sonne als im Juni.
Die nördliche Hemisphäre ist im Dezember kühler (nicht im Juni), weil die Rotationsachse der Erde in Bezug zu ihrer Orbitalbewegung geneigt ist, und im Dezember zeigt der Nordpol leicht von der Sonne weg. Die Größe dieser Neigung (Achsneigung genannt) beträgt 23,4 Grad und wurde wahrscheinlich vor etwa 4,5 Milliarden Jahren durch eine katastrophale Kollision zwischen der Erde und einem anderen großen Himmelskörper verursacht. Man vermutet auch, dass der Einschlag den Mond entstehen ließ, dessen Präsenz die wichtige Rolle spielt, die Größe der Achsneigung zu stabilisieren. Andernfalls könnte sie wackeln.
Mars beispielsweise besitzt keinen großen Mond und seine Achsneigung (derzeit 25 Grad) „eiert“ in Zeitspannen von nur hunderttausenden Jahren um Größenordnungen von zig Grad. Das löst grundlegende Klimaveränderungen auf dem Planeten aus, wie anhand der Struktur seiner Polareiskappen belegt wurde. Die Exzentrizität und Achsneigung sind deshalb wichtige Schlüsselparameter von Planeten und sie sind nicht zwangsweise konstant, sondern können sich mit der Zeit verändern.
Es gibt momentan 1.783 bestätigte Exoplaneten und 41 von ihnen besitzen offenbar Exzentrizitäten wie die der Erdbahn oder kleiner. Die Bahnen der anderen Exoplaneten haben größere Werte, manchmal viel größere: Ein paar bekannte Exoplaneten verändern die Entfernungen zu ihren Sternen regelmäßig um das Zehnfache oder mehr.
Die Astronomen Gongjie Li, Smadar Naoz, Bence Kocsis und Avi Loeb vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) haben untersucht, was mit einem System aus drei Himmelskörpern (zum Beispiel ein Stern mit zwei Planeten) geschieht, wenn die Umlaufbahnen elliptisch sind und/oder noch andere Bedingungen erfüllt sind. Die Wissenschaftler wurden teilweise von der Tatsache angespornt, dass in manchen ungewöhnlichen Exoplanetensystemen ein Planet entgegen der Rotationsrichtung seines Sterns kreist, also eine gegenläufige Umlaufbahn besitzt. In anderen Systemen ist die Umlaufrichtung zwar die gleiche, aber die Achsneigung des Planeten beträgt 180 Grad, so dass sein Nordpol nach „unten“ weist.
Die Astronomen zeigen, dass die gravitativen Störungen, welche aus nahen Begegnungen in Systemen mit elliptischen Umlaufbahnen resultieren, komplexe Prozesse hervorrufen können, die solch seltsame Verhaltensweisen nach sich ziehen. Sie präsentieren einen bislang unbekannten Mechanismus, durch den solche Wechselwirkungen in relativ kurzen Zeitspannen (nur ein paar tausend Jahre) die Umlaufrichtung eines Planeten vollkommen umkehren können. Der Planet wird dabei von einem normalen zu einem gegenläufigen Planeten. Die neue Abhandlung hilft nicht nur zu erklären, warum manche Exoplanetensysteme seltsam sind, sondern sie liefert auch neue Einblicke in den Entstehungsprozesse von Planeten, während sie dazu beiträgt, unser eigenes Planetensystem zu verstehen.
Abhandlung: „Eccentricity Growth and Orbit Flip in Near-Coplanar Hierarchical Three-Body Systems“ von Gongjie Li, Smadar Naoz, Bence Kocsis und Abraham Loeb, Astrophysical Journal 785, 116, 2014.
Quelle: http://www.cfa.harvard.edu/news/su201417
(THK)
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