Sonnenuntergänge auf Titan offenbaren die Komplexität dunstiger Exoplaneten

Künstlerische Darstellung der NASA-Raumsonde Cassini bei der Beobachtung eines Sonnenuntergangs durch die dunstige Atmosphäre des Saturnmondes Titan. (NASA / JPL-Caltech)
Künstlerische Darstellung der NASA-Raumsonde Cassini bei der Beobachtung eines Sonnenuntergangs durch die dunstige Atmosphäre des Saturnmondes Titan. (NASA / JPL-Caltech)

Wissenschaftler haben mit Daten der NASA-Mission Cassini eine neue Möglichkeit entwickelt, um die Atmosphären von Exoplaneten zu verstehen, indem sie Saturns dunstverhangenen Mond Titan als Aushilfe heranziehen. Die neue Technik zeigt die dramatischen Auswirkungen, die dunstige Himmel auf unsere Fähigkeit haben, mehr über diese fremden Welten im Orbit um entfernte Sterne zu erfahren.

Die Arbeit wurde von einem Forschungsteam unter Leitung von Tyler Robinson durchgeführt, einem Postdoktoranden vom Ames Research Center der NASA in Moffett Field (Kalifornien). Die Ergebnisse wurden am 26. Mai 2014 in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht. „Es stellt sich heraus, dass es man viel lernen kann, wenn man einen Sonnenuntergang betrachtet“, sagte Robinson.

Licht von Sonnenuntergängen, Sternen und Planeten kann in seine einzelnen Farben aufgespalten werden, um Spektren zu produzieren und versteckte Informationen zu erhalten – so wie es Prismen mit Sonnenlicht tun. Trotz der schwankenden Entfernungen zu anderen Planetensystemen haben Forscher in den vergangenen Jahren damit begonnen, Techniken zu entwickeln, um Spektren von Exoplaneten zu sammeln.

Wenn eine dieser Welten von der Erde aus gesehen vor ihrem Zentralstern vorbeizieht (Transit genannt), reist ein Teil des Sternlichts durch die Atmosphäre des Exoplaneten, wo es auf geringe aber messbare Weisen verändert wird. Dieser Prozess prägt dem Licht Informationen über den Planeten ein, die von Teleskopen gesammelt werden können. Die resultierenden Spektren sind eine Aufzeichnung dieses Abdrucks. Spektren erlauben Forschern, Einzelheiten über Exoplaneten in Erfahrung zu bringen, beispielsweise über ihre Temperaturen, Zusammensetzungen und die Strukturen ihrer Atmosphären.

Robinson und seine Kollegen entdeckten eine Ähnlichkeit zwischen den Transits von Exoplaneten und Sonnenuntergängen, die von Cassini auf Titan beobachtet wurden. Diese Beobachtungen – solare Bedeckungen – ermöglichten den Wissenschaftlern, Titan als vorbeiziehenden Exoplaneten anzusehen, ohne das Sonnensystem verlassen zu müssen. Bei dem Vorgang offenbarten die Sonnenuntergänge auf Titan, wie dramatisch die Auswirkungen von Dunst sein können.

Mehrere Welten in unserem eigenen Sonnensystem, Titan eingeschlossen, sind von Wolken und hoch liegendem Dunst umgeben. Forscher gehen davon aus, dass viele Exoplaneten ähnlich eingehüllt sind. Wolken und Dunst erschaffen eine Vielzahl komplizierter Auswirkungen. Die Forscher müssen daran arbeiten, sie von der Signatur dieser fremden Atmosphären zu unterscheiden. Deswegen stellen sie ein großes Hindernis für das Verständnis der Transit-Beobachtungen dar. Aufgrund der Komplexität und der erforderlichen Rechenleistung, um sich mit Dunst zu beschäftigen, vereinfachen die genutzten Modelle normalerweise die Auswirkungen, um die Spektren von Exoplaneten zu verstehen.

„Bislang war unklar, wie genau Dunst die Beobachtungen vorbeiziehender Exoplaneten beeinflusst“, sagte Robinson. „Also wandten wir uns Titan zu, einer dunstigen Welt in unserem eigenen Sonnensystem, die von Cassini umfassend untersucht wird.“

Das Team nutzte vier Cassini-Beobachtungen von Titan, die zwischen 2006 und 2011 mit dem Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) gemacht wurden. Die Analyse lieferte Ergebnisse, welche die komplexen Auswirkungen des Dunstes einschließen. Jetzt können sie mit Exoplanetenmodellen und -beobachtungen verglichen werden. Mit Titan als Beispiel stellten Robinson und seine Kollegen fest, dass hoch liegender Dunst bei vorbeiziehenden Exoplaneten stark einschränken könnte, was ihre Spektren den Beobachtern preisgeben können. Die Beobachtungen könnten Informationen nur aus der oberen Atmosphäre eines Exoplaneten offenbaren. Auf Titan entspricht das einer Höhe von 150 bis 300 Kilometern über der Oberfläche des Mondes – hoch über dem Großteil seiner dichten und komplexen Atmosphäre.

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass sich Titans Dunst stärker auf kürzere Wellenlängen, also blauere Farben, auswirkt. Untersuchungen von Exoplaneten-Spektren haben gemeinhin vermutet, dass Dunst alle Lichtfarben in ähnlicher Weise betreffen würde. Die Beobachtung von Sonnenuntergängen durch Titans Dunst hat gezeigt, dass dies nicht der Fall ist.

„Man hatte sich Regeln dafür erträumt, wie Planeten sich verhalten würden, wenn man sie beim Transit beobachtet, aber Titan hat das Memo nicht bekommen“, sagte Mark Marley vom Ames Research Center, ein Co-Autor der Studie. „Es sieht wie keine der bisherigen Vermutungen aus und das liegt an dem Dunst.“

Die Technik des Teams lässt sich ähnlich gut auf vergleichbare Beobachtungen von jeder Welt anwenden, nicht nur Titan. Das bedeutet, dass Forscher auch die Atmosphären von Planeten wie Mars und Jupiter in Bezug auf exoplanetare Atmosphären untersuchen könnten.

„Es ist schön zu sehen, dass Cassinis Studien des Sonnensystems uns helfen, auch andere Sonnensysteme besser zu verstehen“, sagte Curt Niebur, Cassini-Programmwissenschaftler am NASA-Hauptquartier in Washington.

Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der European Space Agency (ESA) und der Italian Space Agency. Das JPL, eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena, leitet die Mission für das Science Mission Directorate in Washington. Das VIMS-Team hat seinen Sitz an der University of Arizona in Tucson.

Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?release=2014-164

(THK)

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