
Die NASA-Mission Cassini führt ihre Abenteuer in extraterrestrischer Ozeanografie fort und bringt neue Erkenntnisse über die Kohlenwasserstoffseen auf dem Saturnmond Titan. Während eines Vorbeiflugs im August 2014 untersuchte die Sonde die Tiefe in der Nähe der Mündung eines gefluteten Flusstals und beobachtete neue, helle Strukturen in den Seen. Letztere könnten mit der rätselhaften Struktur in Zusammenhang stehen, die von den Forschern als die magische Insel („magic island“) bezeichnet wird. Die Ergebnisse werden diese Woche auf dem Division for Planetary Sciences Meeting der American Astronomical Society in Tucson (Arizona) vorgestellt.
Zur Freude der Cassini-Wissenschaftler erschienen bei dem Vorbeiflug am 21. August 2014 zwei neue, helle Strukturen in Titans größtem See, Kraken Mare. Im Gegensatz zu einer vorher beobachteten hellen, rätselhaften Struktur in einem anderen großen See auf Titan, Ligeia Mare, wurden die neuen Strukturen in Kraken Mare sowohl in Radardaten als auch auf Bildern des Visible and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) registriert. Beobachtungen in zwei verschiedenen Wellenlängen liefern den Wissenschaftlern wichtige Anhaltspunkte über die Natur dieser eigenartigen Objekte.
Die VIMS-Daten sprechen dafür, dass die neuen Strukturen Ähnlichkeiten mit Orten in und um die Seen aufweisen, die von dem Cassini-Team als Wellen oder als nasser Boden interpretiert wurden. Die Beobachtungen unterstützen zwei der möglichen Erklärungen, die dem Team zufolge am wahrscheinlichsten sind. Demnach könnten die Strukturen Wellen oder schwimmende Ablagerungen sein.
Zum Leidwesen für Geheimnisliebhaber war der Vorbeiflug an Titan im August die letzte Gelegenheit für Cassinis Radar, Kraken Mare zu untersuchen. Allerdings ist geplant, dass die Raumsonde im Januar 2015 noch einmal die ursprüngliche „magische Insel“ in Ligeia Mare beobachten wird.
Der Vorbeiflug im August umfasste auch eine Unternehmung, um mit dem Radarinstrument der Raumsonde Höhendaten entlang eines 200 Kilometer langen Streifens zu sammeln, der von einer Küste Kraken Mares zur anderen reicht. Bei einem 40 Kilometer langen Segment entlang der Ostküste des Sees wurden die Radarstrahlen vom Seeboden zurück zu der Sonde reflektiert, was die Tiefe des Sees in dem Gebiet offenbarte. Diese Region, die in der Nähe der Mündung eines gefluteten Flusstals liegt, zeigte Tiefen zwischen 20 und 35 Metern. Cassini wird dieses Experiment ein letztes Mal im Januar 2015 durchführen, um die Tiefe von Punga Mare zu messen. Punga Mare ist der kleinste von drei großen Seen in Titans hohen nördlichen Breiten und der einzige See, dessen Tiefe von Cassini nicht gemessen wurde.
Die Forscher denken, dass Kraken Mare in den Gebieten, wo Cassini kein Radarecho vom Meeresboden erhielt, zu tief sein könnte; der Radarstrahl kann nicht durchdringen. Allerdings könnte das Signal in der Region auch einfach von der Flüssigkeit – hauptsächlich Methan und Ethan – absorbiert worden sein. Die Höhendaten in der Region in und um Kraken Mare zeigten außerdem relativ steile Abhänge, die hinab zu dem See führen. Das lässt auch darauf schließen, dass Kraken Mare tatsächlich recht tief sein könnte.
Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der European Space Agency (ESA) und der Italian Space Agency. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL), eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena, leitet die Mission für das Science Mission Directorate in Washington. Das VIMS-Team hat seinen Sitz an der University of Arizona in Tucson. Das Radarinstrument wurde vom JPL und der Italian Space Agency konstruiert, die mit Teammitgliedern aus den Vereinigten Staaten und mehreren europäischen Ländern zusammenarbeiteten.
Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?feature=4369
(THK)
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