Süßwassergarnelen im Amazonasgebiet – Eine noch unbekannte Welt

Ein männliches Exemplar der neu entdeckten Süßwassergarnelenart Palaemon yuna. (Pensoft / CC BY 4.0)
Ein männliches Exemplar der neu entdeckten Süßwassergarnelenart Palaemon yuna. (Pensoft / CC BY 4.0)

Eine Studie offenbart, wie wenig wir über die biologische Vielfalt am Amazonas wissen. In dem Bestreben, eine wissenschaftliche Debatte über die Echtheit zweier Süßwassergarnelenarten zu klären, die in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts beschrieben wurden, haben Forscher nicht nur die Gültigkeit dieser Arten festgestellt, sondern auch die Existenz einer dritten, bislang unbekannten Art entdeckt. Die Forscher schlussfolgerten, dass diese Spezies vor etwa zehn Millionen Jahren entstand. Die Studie wurde im Open-Access-Journal ZooKeys veröffentlicht.

Die große biologische Vielfalt am Amazonas ist ein umfassend untersuchter Sachverhalt. Trotzdem ist die wirkliche Anzahl der Arten an diesem Hotspot der Biodiversität weit davon entfernt, vollständig bekannt zu sein.

Die Echtheit einer Süßwassergarnelenart wird unter Krustentier-Experten seit den 1970er Jahren diskutiert. Manche vermuten, dass eine im Jahr 1950 beschriebene Spezies aus Bolivien mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Palaemon ivonicus tatsächlich dieselbe Spezies ist, die im Jahr 1935 in Guayana entdeckt wurde und die Bezeichnung Palaemon carteri trägt. Andererseits wurden beide Spezies im Rahmen mehrerer Studien, die man an diesen Tieren durchgeführt hat, als unterschiedlich angesehen.

Alle bisherigen Studien haben nur morphologische Daten verwendet um festzustellen, ob sich diese beiden Spezies wirklich voneinander unterscheiden oder nicht. Dabei wurden jedoch keine schlüssigen Ergebnisse gefunden. Die Wissenschaftler Fabrício Carvalho und Fernando Mantelatto vom Laboratory of Bioecology and Crustean Systematics der University of São Paulo und Célio Magalhães vom Instituto Nacional de Pesquisas da Amazônia nutzten daher einen kombinierten molekularen und morphologischen Ansatz, um dieses Problem anzugehen.

Die Ergebnisse aus den molekularen Daten sprechen deutlich dafür, dass die Spezies genetisch verschieden sind. Mehr noch, sie könnten sich vor zehn Millionen Jahren aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben, als das Amazonasbecken eine andere Form hatte, verglichen mit der heutigen.

Noch überraschender war die Entdeckung einer dritten, bislang unbekannten Spezies, die der Art Palaemon ivonicus sehr ähnelt. Die neue Spezies erhielt die Bezeichnung Palaemon yuna, was sich auf die Umgebung bezieht, in der sie erstmals gefunden wurde: in den dunklen Gewässern des Rio Negro, einem der vielen Nebenflüsse des Amazonas. Auf “Tupi” (einer Sprache der eingeborenen Menschen Brasiliens) bedeutet “y” Wasser oder Fluss und “úna” bedeutet schwarz.

“Sogar mit einem großen genetischen Unterschied sind sich diese Spezies morphologisch sehr ähnlich”, sagte Fabrício Carvalho. “Es ist nicht ungewöhnlich, Garnelen zu finden, die die Verwendung molekularer Hilfsmittel erfordern, um ihre Spezies korrekt zu identifizieren oder die Existenz einer neuen Spezies zu erkennen.”

Die Ergebnisse zeigen, wie wenig wir über die Diversität von Krustentieren am Amazonas wissen. Der Studie zufolge hat der Gebrauch genetischer Daten die Entdeckung vieler neuer Krustentierspezies in anderen Lebensräumen erleichtert, und in einem komplexen System wie dem Amazonas ist das nicht anders.

“Diese Studie ist Teil eines langfristigen Projekts, das darauf abzielt, die amerikanischen Arten von Meeres- und Süßwassergarnelen zu erforschen”, sagte Fernando Mantelatto. “Die Variabilität ist bei vielen Arten recht ausgeprägt, und in den kommenden Jahren werden sicherlich neue Spezies entdeckt werden.”

Abhandlung: “Molecular and morphological differentiation between two Miocene-divergent lineages of Amazonian shrimps, with the description of a new species (Decapoda, Palaemonidae,Palaemon)” von Carvalho FL, Magalhães C, Mantelatto FL (2014). In: Wehrtmann IS, Bauer RT (Eds) Proceedings of the Summer Meeting of the Crustacean Society and the Latin American Association of Carcinology, Costa Rica, July 2013. ZooKeys 457: 79-108. doi: 10.3897/zookeys.457.6771

Quelle: http://www.pensoft.net/news.php?n=442

(THK)

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