Durch das LHCb-Experiment haben sich Hinweise auf Etwas ergeben, das ein neues Puzzleteil im Rätsel der fehlenden Antimaterie in unserem Universum darstellen könnte. Die Wissenschaftler haben verlockende Belege für ein als CP-Verletzung bezeichnetes Phänomen in Baryonen entdeckt. Baryonen sind eine Teilchenfamilie, deren bekannteste Mitglieder die Protonen und Neutronen sind, aus denen die Materie im Universum besteht.
Die Theorie, dass sich die Baryonen, welche aus Materie bestehen, exakt wie ihre Gegenstücke aus Antimaterie verhalten, steht mit der Theorie der CP-Invarianz in Zusammenhang. Jede Verletzung dieser Invarianz oder Symmetrie würde bedeuten, dass die Gesetze der Physik für Materieteilchen und für Antimaterieteilchen nicht dieselben sind.
Das ist wichtig, weil ein detailliertes Verständnis davon, wie diese Symmetrie in der Natur verletzt wird, dazu beitragen kann, das überwältigende Übermaß an Materie gegenüber Antimaterie in unserem Universum zu erklären. Der Urknall-Theorie zufolge sollten bei dem Urknall zunächst gleich große Mengen Materie und Antimaterie entstanden sein.
Das Standardmodell der Teilchenphysik sagt voraus, dass auch auf dem Gebiet der Baryonen eine geringe Menge an CP-Verletzungen existiert. Obwohl CP-verletzende Prozesse seit über 50 Jahren untersucht werden, hat man bei Baryonen keine signifikanten Auswirkungen beobachtet. Die CP-Verletzung, wie sie im Standardmodell beschrieben wird, ist außerdem nicht groß genug, um für das viel größere Ungleichgewicht aus Materie und Antimaterie verantwortlich zu sein. Deshalb müssen andere Quellen für CP-Verletzungen dazu beitragen, und eines der Hauptziele des LHCb-Experiments ist die präzise Suche nach neuen Quellen für CP-Verletzungen.
Das neue LHCb-Ergebnis basiert auf einer Analyse von Daten, die während der ersten drei Betriebsjahre des Large Hadron Collider (LHC) gesammelt wurden. Unter allen möglichen kurzlebigen Teilchen, die infolge einer Proton-Proton-Kollisionen entstanden, verglich die LHCb Collaboration das Verhalten des Λb0-Baryons und seines Antimateriegegenstücks (Λb0-bar), wenn sie in ein Proton (beziehungsweise Antiproton) und drei geladene Pionen zerfallen. Die hohe Produktionsrate dieser Baryonen am LHC und die speziellen Fähigkeiten des LHCb-Detektors erlaubten der Collaboration, eine reine Stichprobe aus rund 6.000 solcher Zerfallsprozesse zu sammeln.
Die LHCb Collaboration verglich die Verteilung der vier Zerfallsprodukte des Λb0-Baryons und seines Antiteilchens und berechnete bestimmte Mengen, die empfindlich für die CP-Invarianz sind. Jeder signifikante Unterschied – jede Asymmetrie – zwischen diesen Mengen für die Materie und Antimaterie wäre ein Anzeichen der CP-Verletzung. Die LHCb-Daten offenbarten ein signifikantes Level von Asymmetrien in den CP-verletzungsempfindlichen Mengen der Λb0-Baryon- und Λb0-bar-Zerfallsprozesse, wobei die Unterschiede in manchen Fällen bis zu 20 Prozent betrugen.
Insgesamt liegt die statistische Signifikanz (so bezeichnen Physiker die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Ergebnis nicht durch Zufall auftrat) bei 3,3 Standardabweichungen. Eine Entdeckung hat man, wenn dieser Wert fünf Standardabweichungen erreicht. Diese Ergebnisse wurden am 30. Januar 2017 im Journal Nature Physics veröffentlicht und werden bald mit größeren Datensätzen aktualisiert, die bis jetzt während des zweiten Betriebslaufs des LHC gesammelt wurden. Wenn dieser frühe Beleg für CP-Verletzungen mit höherer Signifikanz in der größeren Stichprobe erneut beobachtet wird, wird das Ergebnis ein wichtiger Meilenstein in der Untersuchung der CP-Verletzung sein.
(THK)
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