Fermi registriert Gammastrahlen von “verborgenen” Sonnenflares

Ultraviolettbilder dreier Flares auf der abgelegenen Seite der Sonne, aufgenommen von den STEREO-Satelliten der NASA. Das Fermi-Teleskop konnte keinen Flare direkt beobachten, registrierte jedoch hochenergetische Gammastrahlen von ihnen. (Credits: NASA / STEREO)
Ultraviolettbilder dreier Flares auf der abgelegenen Seite der Sonne, aufgenommen von den STEREO-Satelliten der NASA. Das Fermi-Teleskop konnte keinen Flare direkt beobachten, registrierte jedoch hochenergetische Gammastrahlen von ihnen. (Credits: NASA / STEREO)

Einem internationalen Forschungsteam zufolge hat das NASA-Weltraumteleskop Fermi hochenergetisches Licht von Sonneneruptionen auf der erdabgewandten Seite der Sonne beobachtet, was direktes Licht von diesen Ereignissen eigentlich blockieren sollte. Dieses scheinbare Paradoxon bietet Sonnenforschern ein einzigartiges Hilfsmittel, um zu untersuchen, wie geladene Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden und sich während Sonnenflares über die Sonne bewegen.

“Fermi sieht Gammastrahlen von der erdzugewandten Seite der Sonne, aber die Emission wird von Teilchenströmen produziert, die bei Sonnenflares auf der abgelegenen Sonnenseite fortgeschleudert wurden”, sagte Nicola Omodei von der Stanford University in Kalifornien. “Diese Teilchen müssen nach der Eruption rund 480.000 Kilometer innerhalb von fünf Minuten zurücklegen, um dieses Licht zu erzeugen.”

Omodei präsentierte die Ergebnisse am 30. Januar 2017 auf dem Treffen der American Physical Society in Washington. Eine Abhandlung, die diese Ergebnisse beschreibt, wird am 31. Januar 2017 online im Astrophysical Journal veröffentlicht.

Seit Beginn seiner Himmelsdurchmusterungen im Jahr 2008 hat Fermi die Anzahl dieser seltenen Ereignisse, sogenannter Behind-the-Limb-Flares (etwa: Hinter-dem-Rand-Flares), fast verdoppelt. Sein Large Area Telescope (LAT) hat Gammastrahlen mit Energien bis zu drei Milliarden Elektronenvolt eingefangen – rund 30 Mal höher als das energiereichste Licht, das bisher mit diesen “verborgenen” Flares in Verbindung gebracht wurde.

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Video-Link: https://youtu.be/I3TqL0618Y4

 

Dank der STEREO-Satelliten (Solar Terrestrial Relations Observatory) der NASA, die zum Zeitpunkt der Eruptionen die erdabgewandte Seite der Sonne beobachteten, markieren die Fermi-Ereignisse das erste Mal, dass Wissenschaftler direkte Bilder dieser Beyond-The-Limb-Flares haben, die mit hochenergetischen Gammastrahlen in Zusammenhang stehen.

“Beobachtungen mit Fermis LAT allein haben weiterhin einen bedeutenden Einfluss auf die Sonnenphysikgemeinschaft, aber die Ergänzung durch STEREO-Beobachtungen liefert extrem wertvolle Informationen darüber, wie sie mit dem großen Bild der Sonnenaktivität verwoben sind”, sagte Melissa Pesce-Rollins vom National Institute of Nuclear Physics in Pisa (Italien), eine Co-Autorin der Studie.

Animation dreier Flares auf der abgelegenen Seite der Sonne, basierend auf Daten der STEREO-Satelliten. Fermi registrierte Gammastrahlen von jedem Flare, obwohl das Teleskop sie nicht direkt beobachten konnte. (Credits: NASA / STEREO)
Animation dreier Flares auf der abgelegenen Seite der Sonne, basierend auf Daten der STEREO-Satelliten. Fermi registrierte Gammastrahlen von jedem Flare, obwohl das Teleskop sie nicht direkt beobachten konnte. (Credits: NASA / STEREO)

Die verborgenen Flares traten am 11. Oktober 2013, am 6. Januar 2014 und am 1. September 2014 auf. Alle drei Ereignisse gingen mit schnellen koronalen Massenauswürfen (coronal mass ejection, CME) einher, bei denen Milliarden Tonnen schwere Wolken aus Sonnenplasma in den Weltraum geschleudert wurden. Der koronale Massenauswurf des jüngsten Ereignisses erreichte eine Geschwindigkeit von fast acht Millionen Kilometern pro Stunde, als er die Sonne verließ. Wissenschaftler vermuten, dass Teilchen, die an der Front der koronalen Massenauswürfe beschleunigt wurden, für die Gammaemissionen verantwortlich waren.

Große Magnetfeldstrukturen können den Ort der Beschleunigung mit fernen Bereichen der Sonnenoberfläche verbinden. Weil sich geladene Teilchen entlang der Magnetfeldlinien bewegen, denkt das Forschungsteam, dass Teilchen, welche an den koronalen Massenauswürfen beschleunigt wurden, an Magnetfeldlinien entlang zur sichtbaren Seite der Sonne reisten, die beide Orte verbanden. Als die Teilchen auf die Oberfläche prallten, erzeugten sie durch verschiedene Prozesse die Gammaemissionen. Ein bekannter Mechanismus sind Protonenkollisionen, die in einem Teilchen resultieren, welches als Pion bezeichnet wird, und dass schnell unter Abgabe von Gammastrahlen zerfällt.

Kombinierte Bilder des Solar Dynamics Observatory (SDO, Mitte) und des Solar and Heliospheric Observatory (rot und blau) zeigen einen beeindruckenden koronalen Massenauswurf, der am 1. September 2014 die abgelegene Seite der Sonne verlässt. Diese Wolke erzeugte wahrscheinlich Teilchen, welche später die von Fermi registrierten Gammastrahlen produzierten. (Credits: NASA / SDO and NASA / ESA / SOHO)
Kombinierte Bilder des Solar Dynamics Observatory (SDO, Mitte) und des Solar and Heliospheric Observatory (rot und blau) zeigen einen beeindruckenden koronalen Massenauswurf, der am 1. September 2014 die abgelegene Seite der Sonne verlässt. Diese Wolke erzeugte wahrscheinlich Teilchen, welche später die von Fermi registrierten Gammastrahlen produzierten. (Credits: NASA / SDO and NASA / ESA / SOHO)

In seinen ersten acht Betriebsjahren hat Fermi hochenergetische Emissionen von über 40 Sonnenflares registriert. Mehr als die Hälfte davon waren mittelschwere Ereignisse der M-Klasse. Im Jahr 2012 fing Fermi während eines starken Flares der X-Klasse die energiereichste Emission auf, die jemals von der Sonne registriert wurde. Das LAT registriere dessen hochenegetische Gammastrahlen für eine Dauer von rekordbrechenden 20 Stunden.

Das Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA ist eine Partnerschaft von Astrophysik und Teilchenphysik, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem US-Energieministerium und mit wichtigen Beiträgen von akademischen Institutionen und Partnern in Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Schweden und den Vereinigten Staaten.

Quelle

(THK)

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