Das Objekt 2017 YE5 entpuppt sich als seltener Doppelasteroid

Dieses Kompositbild des Asteroiden 2017 YE5 wurde am 30. Juni 2018 aufgenommen. Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeit sind die Sterne hier als Strichspuren zu sehen. (Credits: Cadi Ayyad University Morocco Oukaimeden Sky Survey)
Dieses Kompositbild des Asteroiden 2017 YE5 wurde am 30. Juni 2018 aufgenommen. Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeit sind die Sterne hier als Strichspuren zu sehen. (Credits: Cadi Ayyad University Morocco Oukaimeden Sky Survey)

Neue Beobachtungen von drei der weltgrößten Radioteleskope haben ergeben, dass ein vergangenes Jahr entdeckter Asteroid in Wirklichkeit aus zwei Objekten besteht. Die beiden jeweils etwa 900 Meter großen Objekte umkreisen sich gegenseitig.

Der erdnahe Asteroid 2017 YE5 wurde am 21. Dezember 2017 mit Beobachtungen des Morocco Oukaimeden Sky Survey der Cadi Ayyad University entdeckt. Aber bis Ende Juni 2018 waren keine Einzelheiten über die physikalischen Eigenschaften des Asteroiden bekannt. Dies ist erst der vierte erdnahe Doppelasteroid, der aus zwei Körpern mit annähernd gleicher Größe besteht, welche sich gegenseitig umkreisen. Die neuen Beobachtungen liefern die bislang detailreichsten Bilder, die jemals von einem solchen Objekt gemacht wurden.

Am 21. Juni 2018 erreichte der Asteroid 2017 YE5 seine geringste Entfernung zur Erde für mindestens die nächsten 170 Jahre. Dabei näherte er sich der Erde bis auf sechs Millionen Kilometer – das entspricht ungefähr dem 16-fachen Abstand zwischen Erde und Mond. Am 21. und 22. Juni 2018 zeigten Beobachtungen des Goldstone Solar System Radar (GSSR) der NASA in Kalifornien erste Hinweise darauf, dass der Asteroid 2017 YE5 ein Doppelsystem sein könnte. Die Beobachtungen offenbarten zwei einzelne Auswölbungen, aber das Objekt war so ausgerichtet, dass Wissenschaftler nicht sehen konnten, ob die beiden Himmelskörper getrennt oder verbunden waren. Letztendlich rotierten die beiden Himmelskörper weiter, so dass eine deutliche Lücke zwischen ihnen sichtbar wurde.

Radarbilder des Doppelasteroiden 2017 YE5, aufgenommen vom Goldstone Solar System Radar der NASA. Man erkennt zwei Auswölbungen, aber noch keine zwei separaten Objekte. (Credits: GSSR / NASA / JPL-Caltech)
Radarbilder des Doppelasteroiden 2017 YE5, aufgenommen vom Goldstone Solar System Radar der NASA. Man erkennt zwei Auswölbungen, aber noch keine zwei separaten Objekte. (Credits: GSSR / NASA / JPL-Caltech)

Forscher am Arecibo Observatory in Puerto Rico hatten bereits geplant, den Asteroiden 2017 YE5 zu beobachten und wurden von ihren Kollegen am Goldstone-Radar über die ungewöhnlichen Eigenschaften des Objekts informiert. Am 24. Juni 2018 schlossen sich die Wissenschaftler mit Forschern am Green Bank Observatory (GBO) in West Virginia zusammen und nutzen die beiden Observatorien im Rahmen einer bistatischen Radarkonfiguration. Dabei sendet das Arecibo-Radioteleskop das Radarsignal, das vom Asteroiden reflektiert und vom Green Bank Observatory empfangen wird. Gemeinsam waren sie in der Lage zu bestätigen, dass der Asteroid 2017 YE5 aus zwei separaten Objekten besteht. Bis zum 26. Juni 2018 hatten sowohl das Goldstone-Radar als auch das Arecibo-Radioteleskop unabhängig voneinander die Doppelnatur des Asteroiden bestätigt.

Bistatische Radarbilder des Doppelasteroiden 2017 YE5, basierend auf Daten des Arecibo Observatory und des Green Bank Observatory. Hier ist erkennbar, dass der Asteroid aus zwei separaten Objekten besteht, die sich umkreisen. (Credits: Arecibo / GBO / NSF / NASA / JPL-Caltech)
Bistatische Radarbilder des Doppelasteroiden 2017 YE5, basierend auf Daten des Arecibo Observatory und des Green Bank Observatory. Hier ist erkennbar, dass der Asteroid aus zwei separaten Objekten besteht, die sich umkreisen. (Credits: Arecibo / GBO / NSF / NASA / JPL-Caltech)

Die neuen Beobachtungen, die zwischen dem 21. und dem 26. Juni 2018 gemacht wurden, sprechen dafür, dass die beiden Objekte sich in 20-24 Stunden einmal umkreisen. Das wurde von Brian Warner am Center for Solar System Studies in Rancho Cucamonga (Kalifornien) mit Beobachtungen in sichtbaren Wellenlängen anhand der Helligkeitsveränderungen bestätigt.

Radarbeobachtungen zeigen, dass die beiden Objekte größer sind, als ihre kombinierte optische Helligkeit zunächst vermuten ließ. Das lässt darauf schließen, dass die beiden Asteroiden nicht so viel Sonnenlicht reflektieren wie ein typischer Asteroid. Das Objekt 2017 YE5 ist wahrscheinlich so dunkel wie Holzkohle. Die Goldstone-Bilder vom 21. Juni 2018 zeigen außerdem einen erstaunlichen Unterschied in der Radarreflektivität der beiden Objekte. Das ist ein Phänomen, das bei den mehr als 50 anderen per Radar untersuchten Doppelasteroiden noch nicht beobachtet wurde. (Allerdings besteht die Mehrheit dieser Doppelasteroiden aus einem großen Objekt und einem viel kleineren Satelliten.) Die Unterschiede bei der Radarreflektivität erscheinen auch auf den Bildern des Arecibo-Radioteleskops und deuten darauf hin, dass die beiden Objekte verschiedene Dichten oder andere Zusammensetzungen nahe ihren Oberflächen haben könnten, oder eine andere Rauheit ihrer Oberflächen.

Wissenschaftler vermuten, dass etwa 15 Prozent der erdnahen Asteroiden mit Größen über 200 Metern Doppelasteroiden mit einem großen Objekt und einem viel kleineren Satelliten sind. Gleichgroße Doppelasteroiden wie 2017 YE5 sind viel seltener. Kontaktdoppelasteroiden, bei denen sich zwei ähnlich große Objekte berühren, machen vermutlich weitere 15 Prozent der erdnahen Asteroiden mit Größen über 200 Metern aus.

Die Entdeckung der Doppelnatur von 2017 YE5 gibt Wissenschaftlern eine wichtige Gelegenheit, um das Wissen über verschiedene Arten von Doppelasteroiden zu verbessern und die Entstehungsmechanismen von Doppelasteroiden und Kontaktdoppelasteroiden zu untersuchen, die miteinander zusammenhängen könnten. Die Analyse der kombinierten Radardaten und optischen Beobachtungen könnte Wissenschaftlern erlauben, die Dichte der beiden Einzelobjekte von 2017 YE5 zu schätzen. Das wiederum wird das Wissen über ihre Zusammensetzung und innere Struktur verbessern, und darüber, wie sie entstanden.

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Video-Link: https://youtu.be/s6gSD95fu9Y?list=PLTiv_XWHnOZoFCYPi25rbz5gMM01ZHY-1

 

Mitwirkende an der Studie

Die Goldstone-Beobachtungen wurden von Marina Brozovic geleitet, einer Radarwissenschaftlerin vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena (Kalifornien). Anne Virkki, Flaviane Venditti und Sean Marshall vom Arecibo Observatory und der University of Central Florida leiteten die Beobachtungen am Arecibo Observatory.

Patrick Taylor von der Universities Space Research Association (USRA), ein Wissenschaftler am Lunar and Planetary Institute, leitete die bistatischen Radarbeobachtungen am Green Bank Observatory, dem Sitz des Green Bank Telecope (das größte vollbewegliche Radioteleskop der Welt).

Die Radarprojekte von Arecibo, Goldstone und der USRA werden mit Fördermitteln des Near-Earth Object Observations Program der NASA innerhalb des Planetary Defense Coordination Office (PDCO) finanziert, das auch das Planetary Defence Program der Agentur leitet. Das Arecibo Observatory ist eine Einrichtung der National Science Foundation und wird im Rahmen eines Kooperationsvertrags von der University of Central Florida, Yang Enterprises und der Universidad Metropolitana betrieben. Das Green Bank Observatory ist eine Einrichtung der National Science Foundation und wird im Rahmen eines Kooperationsvertrags von der Associated Universities, Inc. betrieben.

Zusätzlich zu den Ressourcen, die die NASA in die Erforschung von Asteroiden investiert, arbeitet das PDCO mit anderen Agenturen der US-Regierung zusammen, ebenso mit Astronomen an Universitäten und Raumfahrtinstituten im ganzen Land. Dabei kommen oft Fördermittel und andere Zuwendungen der NASA zum Einsatz. Sie kooperieren auch mit internationalen Weltraumagenturen und Institutionen, die daran arbeiten, diese kleineren Objekte im Sonnensystem zu verfolgen und besser zu verstehen. Die NASA schätzt außerdem die Arbeit der zahlreichen versierten Amateurastronomen, deren genaue Beobachtungsdaten bei der Bestimmung der Umlaufbahnen von Asteroiden nach der Entdeckung helfen.

Quelle

(THK)

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