Forscher entdecken das bislang älteste Fossil eines Sperlingsvogels

Das 52 Millionen Jahre alte Fossil von Eofringillirostrum boudreauxi, dem frühesten bekannten Sperlingsvogel mit einem Schnabel, der für das Fressen von Samen geeignet war. (Credit: Copyright Lance Grande, Field Museum)
Das 52 Millionen Jahre alte Fossil von Eofringillirostrum boudreauxi, dem frühesten bekannten Sperlingsvogel mit einem Schnabel, der für das Fressen von Samen geeignet war. (Credit: Copyright Lance Grande, Field Museum)

Die meisten Vögel, die man zu Gesicht bekommt – Spatzen, Finken, Rotkehlchen, Krähen – besitzen eine entscheidende Gemeinsamkeit: Sie gehören alle zur Ordnung der Sperlingsvögel (lat. Passeriformes), wie Wissenschaftler es bezeichnen. Die Ordnung der Sperlingsvögel bildet etwa 6.500 der 10.000 heute lebenden Vogelarten. Aber obwohl sie heute überall zu finden sind, waren sie einst selten, und Wissenschaftler gehen noch ihrem Ursprung nach. In einer neuen Abhandlung, die im Journal Current Biology erscheint, geben Forscher die Entdeckung von einem der frühesten bekannten Sperlingsvögel bekannt, der vor rund 52 Millionen Jahren lebte.

“Dies ist einer der frühesten bekannten Sperlingsvögel. Das ist faszinierend, weil Sperlingsvögel heute den Großteil aller Vogelarten ausmachen, aber damals waren sie extrem selten. Dieses besondere Exemplar ist einfach fantastisch”, sagte der Kurator Lance Grande vom Field Museum, ein Autor der Abhandlung. “Es ist ein vollständiges Skelett mit Federn, was in den fossilen Aufzeichnungen der Vögel extrem selten vorkommt.”

Die Abhandlung beschreibt zwei neue fossile Vogelarten: eine aus Deutschland, die vor 47 Millionen Jahren lebte und eine, die vor 52 Millionen Jahren im heutigen Wyoming lebte, zur Zeit des Unteren Eozän. Der Vogel aus Wyoming, Eofringillirostrum boudreauxi, ist das früheste Beispiel für einen Vogel mit einem finkenartigen Schnabel, ähnlich den heutigen Spatzen und Finken. Dieses Vermächtnis spiegelt sich in seinem Namen wider: Eofringillirostrum bedeutet “Dämmerungsfinkenschnabel”. Der Zusatz boudreauxi ehrt Terry und Gail Boudreaux, langjährige Unterstützer der wissenschaftlichen Arbeit am Field Museum.

Die finkenartigen, dicken Schnäbel der fossilen Vögel geben Hinweise auf ihre Ernährungsweise. “Diese Schnäbel sind besonders gut geeignet für das Fressen kleiner, harter Samen (Körner)”, sagte Daniel Ksepka, Hauptautor der Abhandlung und Kurator am Bruce Museum in Connecticut. Jeder Vogelfutterhäuschenbesitzer weiß, dass viele Vögel verrückt nach Samen sind, aber das Fressen von Samen ist ein recht junges biologisches Phänomen. “Die frühesten Vögel fraßen wahrscheinlich Insekten und Fische, einige könnten sich von kleinen Eidechsen ernährt haben”, sagte Grande. “Bis zu dieser Entdeckung wussten wir nicht viel über die Ökologie der frühen Sperlingsvögel. Eofringillirostrum boudreauxi gibt uns einen wichtigen Blick darauf.”

“Wir konnten zeigen, dass sich im Eozän bei den sehr frühen Vorfahren der Sperlingsvögel bereits eine vergleichbare Vielfalt an Schnabeltypen entwickelt hatte”, sagte der Co-Autor Gerald Mayr vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt. “Die große Entfernung zwischen den beiden Fundstätten lässt darauf schließen, dass diese Vögel zur Zeit des Eozän weitverbreitet waren, wobei der Mangel an bekannten Fossilien eher für eine geringe Anzahl an Individuen spricht”, ergänzte Ksepka.

Obwohl Sperlingsvögel vor 52 Millionen Jahren selten waren, hatte Eofringillirostrum boudreauxi das Glück, in der Nähe von Fossil Lake zu leben und zu sterben – einer Fundstätte, die für perfekte Fossilisationsbedingungen berühmt ist.

“Fossil Lake ist ein wirklich grafisches Bild einer kompletten Gemeinschaft, gebannt in Stein. Sie umfasst alles von Fischen und Krokodilen bis hin zu Insekten, Pollen, Reptilien, Vögeln und frühen Säugetieren”, sagte Grande. “Wir haben soviel Zeit mit Ausgrabungen an dieser Stätte verbracht, dass wir sogar von den sehr seltenen Exemplaren fossile Aufzeichnungen haben.”

Grande betont, dass Fossil Lake einen einmaligen Blick auf die urzeitliche Welt bietet – eines der detailreichsten Bilder des Lebens auf der Erde nach dem Aussterben der Dinosaurier (Vögel ausgenommen) vor 65 Millionen Jahren. “Zu wissen, was in der Vergangenheit geschah, gibt uns ein besseres Verständnis der Gegenwart und könnte uns helfen herauszufinden, wohin die Zukunft führt.”

Mit den Gedanken im Hinterkopf plant Grande seine Erforschung der Region fortzusetzen. “Seit 35 Jahren gehe ich jedes Jahr nach Fossil Lake, und die Entdeckung dieses Vogels ist einer der Gründe, warum ich wieder dorthin zurückkehre. Die Stätte ist so reichhaltig”, sagte er. “Wir finden Dinge, die niemand zuvor gesehen hat.”

Quelle

(THK)

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