Feuer vom Himmel – Die Zerstörung von Abu Hureyra am Ende des Pleistozän

Künstlerische Darstellung einer Kometenexplosion bei Abu Hureyra in Syrien. (Credits: Jennifer Rice, CometResearchGroup.org)
Künstlerische Darstellung einer Kometenexplosion bei Abu Hureyra in Syrien. (Credits: Jennifer Rice, CometResearchGroup.org)

Bevor der Taqba-Damm in den 1970er Jahren den Euphrat im Norden Syriens aufstaute, war eine archäologische Ausgrabungsstätte namens Abu Hureyra Zeuge des Moments, als sich alte Nomaden erstmals niederließen und mit dem Anbau von Getreide begannen. Ein großer Hügel markiert die Siedlung, die jetzt unter dem See Assad liegt.

Aber bevor der See entstand, konnten Archäologen viel Material ausgraben und sorgfältig beschreiben, darunter Teile von Häusern, Nahrung und Werkzeuge – eine Anzahl an Belegen, die ihnen die Identifizierung des Übergangs zur Landwirtschaft vor fast 12.800 Jahren erlaubte. Es war eines der entscheidendsten Ereignisse in der kulturellen und umweltbezogenen Geschichte der Erde.

Es stellt sich heraus, dass Abu Hureyra noch eine andere Geschichte erzählt. Unter den gefundenen Getreidekörnern und auf frühes Baumaterial und Tierknochen verteilt, befand sich Schmelzglas, von dem sich manche Arten unter extrem hohen Temperaturen bilden. Die Temperaturen sind höher als jene, die von den Menschen damals erreicht werden konnten, oder als durch Vulkanismus, Feuer oder Blitze möglich war.

„Zum Vergleich: So hohe Temperaturen würden ein Auto in weniger als einer Minute vollkommen zusammenschmelzen“, sagte James Kennett, ein Professor Emeritus der Geologie an der University of California in Santa Barbara. „Eine solche Intensität kann nur aus einem extremen, hochenergetischen und schnellen Phänomen hervorgegangen sein, etwas in der Größenordnung eines kosmischen Einschlags.“

Basierend auf Material, das vor der Überschwemmung der Stätte gesammelt wurde, betrachten Kennett und seine Kollegen Abu Hureyra als die erste Stätte, die direkte Auswirkungen eines auseinandergebrochenen Kometen auf eine menschliche Siedlung dokumentiert. Diese Fragmente waren alle Teil desselben Kometen, der am Ende des Pleistozän auf die Erde traf und in der Atmosphäre explodierte. Dieser Einschlag trug zum Aussterben der meisten großen Tiere bei, beispielsweise Mammuts, amerikanische Pferde und Kamele, außerdem zum Verschwinden der nordamerikanischen Clovis-Kultur und zum plötzlichen Beginn der Abkühlungsperiode zur Jüngeren Dryaszeit (Younger Dryas).

Die Ergebnisse des Teams werden in einer Abhandlung im Nature-Journal Scientific Reports vorgestellt.

„Unsere neuen Entdeckungen repräsentieren viel stärkere Belege für sehr hohe Temperaturen, die nur mit einem kosmischen Einschlag in Zusammenhang stehen konnten“, sagte Kennett. Er berichtete mit seinen Kollegen erstmals im Jahr 2012 über Belege für solch ein Ereignis in der Region.

Abu Hureyra liegt am östlichsten Sektor der Younger Dryas Boundary (YDB), zu der rund 30 weitere Stätten in Nord- und Südamerika, Europa und Teilen des Mittleren Ostens gehören. Diese Stätten beinhalten Belege für gewaltige Feuer, darunter eine weitverbreitete Schicht, die Millionen Nanodiamanten, hohe Konzentrationen von Platin und winzige metallische Spherulen enthält, die unter hohen Temperaturen entstanden. Die YDB-Einschlaghypothese hat in den vergangenen Jahren aufgrund vieler neuer Entdeckungen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Dazu gehören etwa ein sehr junger Einschlagkrater unter dem Hiawatha-Gletscher auf dem Grönländischen Eisschild und Hochtemperatur-Schmelzglas, sowie ähnliche Belege an einer archäologischen Ausgrabungsstätte in Pilauco im Süden Chiles.

„Die Siedlung von Abu Hureyra wäre sofort vernichtet worden“, sagte Kennett. Im Gegensatz zu den Belegen aus Pilauco, die auf das menschliche Schlachten großer Tiere bis hin zur YDB aber nicht jünger als die Feuerschicht begrenzt waren, zeigt Abu Hureyra direkte Belege für die Katastrophe am Ort dieser frühen menschlichen Siedlung. Ein Einschlag oder eine Schockwelle muss nahe genug stattgefunden haben, um gewaltige Hitze und geschmolzenes Glas über die gesamte frühe Siedlung zu verteilen“, sagte Kennett.

Das Glas wurde auf seine geochemische Zusammensetzung, Gestalt, Struktur, Entstehungstemperatur, magnetische Eigenschaften und den Wassergehalt hin untersucht. Die Ergebnisse der Analyse zeigten, dass es unter sehr hohen Temperaturen entstand und Minerale einschloss, die reich an Chrom, Eisen, Nickel, Sulfiden, Titan und sogar platin- und iridiumhaltigem Eisen waren – wovon alles bei Temperaturen von mehr als 2.200 Grad Celsius entstand.

„Die entscheidenden Materialien sind unter normalen Temperaturen extrem selten, aber werden während Einschlagereignissen häufig gefunden“, sagte Kennett. Der Studie zufolge bildete sich das Schmelzglas „aus dem fast sofortigen Schmelzen und Verdampfen von regionaler Biomasse, Erdboden und Flussablagerungen, gefolgt von einer sofortigen Abkühlung.“ Weil die gefundenen Materialien mit jenen aus den YDB-Schichten an anderen Stätten auf der ganzen Welt übereinstimmen, ist es außerdem wahrscheinlich, dass sie von einem auseinandergebrochenen Kometen stammten und nicht von einzelnen Einschlägen verschiedener Kometen oder Asteroiden.

„Ein einziger großer Asteroideneinschlag hätte nicht so weit verstreute Materialien wie jene in Abu Hureyra verursacht“, sagte Kennett. „Man vermutet, dass die größten Kometentrümmer in einer ganzen Hemisphäre tausende Schockwellen innerhalb weniger Minuten erzeugen konnten. Die YDB-Hypothese schlägt vor, dass dieser Mechanismus für die weit verstreuten, gleichaltrigen Materialien über mehr als 14.000 Kilometern der Nord- und Südhalbkugel verantwortlich war. Unsere Entdeckungen in Abu Hureyra unterstützen einen großen Einschlag von solch einem auseinandergebrochenen Kometen.“

An der Studie wirkten außerdem mit: Andrew Moore (Rochester Institute of Technology in New York), William M. Napier (Armagh Observatory und Planetarium in Norther Ireland), Ted E. Bunch und James H. Wittke (Northern Arizona University), James C. Weaver (Harvard University), Malcolm LeCompte und A. Victor Adedji (Elizabeth State University in North Carolina), Paul Hackley (United States Geological Survey), Gunther Kletetschka (Czech Academy of the Sciences, Charles University in the Czech Republic und University of Alaska), Robert E. Hermes (Los Alamos National Laboratory (im Ruhestand)), Joshua J. Razink (University of Oregon), Michael Willam Gaultois (University of Liverpool in Großbritannien) und Allen West (Comet Research Group in Arizona).

Quelle

(THK)

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