Viele Meteoriten (kleine Fragmente von Asteroiden) erfahren zu keinem Zeitpunkt ihrer Existenz hohe Temperaturen. Deswegen bieten diese Meteoriten eine gute Aufzeichnung der komplexen chemischen Bedingungen, die während der Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,57 Milliarden Jahren oder davor präsent waren. Aus diesem Grunde haben Forscher einzelne Aminosäuren in Meteoriten untersucht, bei denen es eine große Vielfalt gibt und die in heutigen Organismen nicht vorkommen.
Im Journal Physics of Fluids belegen Forscher der Harvard University die Existenz einer systematischen Gruppe Aminosäurenpolymere in mehreren Fragmenten der ältesten Meteoritenklasse, dem sogenannten CV3-Typ. Die Polymere bilden geordnete Strukturen, darunter kristalline Nanoröhren und ein raumfüllendes Gitter in einer regelmäßigen Diamantsymmetrie mit einer Dichte, die schätzungsweise 30 Mal kleiner ist als die von Wasser.
„Weil die Elemente, die für die Bildung unserer Polymere notwendig waren, schon vor 12,5 Milliarden Jahren existierten, und es einen Gasphasenweg für ihre Entstehung zu geben scheint, ist es möglich, dass diese Chemie im gesamten Universum präsent war und ist“, sagte die Autorin Julie McGeoch.
Das Verhindern einer Kontamination durch die Erde hatte höchste Priorität für die Forscher. Sie entwickelten eine Reinraummethode mit einem sterilen Schrittmotor und vakuumgelöteten Diamantbits, um mehrere Millimeter in die Meteoritenprobe zu bohren, bevor sie das neue Material direkt aus dem Boden des gebohrten Lochs aufsammelten. Für eine einzige Bohrung wurden mehrere Diamantbits verwendet, die alle mittels Ultraschall gereinigt wurden.
Die resultierenden mikroskopischen Meteoritenteilchen wurden dann in Röhren platziert und bei -16 Grad Celsius aufbewahrt. Via Folch-Extraktion wurden die Polymere aus den mikroskopischen Teilchen herausgelöst. An diesem Verfahren sind zwei chemische Phasen beteiligt, die mit unterschiedlichen Lösungsmitteln mit verschiedenen Dichten zusammenhängen.
Die Massenspektrometrie offenbarte die Existenz der Polymere, die aus Glycinketten (der einfachsten Aminosäure) sowie zusätzlichem Sauerstoff und Eisen bestehen. Sie hatten ein sehr hohes Deuterium-Wasserstoff-Isotopenverhältnis, das ihren extraterrestrischen Ursprung bestätigte.
Diese Studie wurde durch Beobachtungen eines kleinen, stark konservierten biologischen Proteins inspiriert, worin Wasser eingeschlossen war. Das Ergebnis deutete darauf hin, dass ein solches Molekül die frühe Chemie durch das Bereitstellen von Wasser unterstützen könnte, wenn es sich im Weltraum in einer Gasphase bilden könnte.
Die Forscher nutzten Quantenchemie, um zu zeigen, dass Aminosäuren in der Lage sein sollten, im Weltraum innerhalb von Molekülwolken zu polymerisieren, wenn Wasser für die Polymerisierung vorhanden ist. Viele folgende Experimente sahen Meteoriten als die Polymerquelle, was schließlich in der Erstellung von 3D-Strukturen gipfelte.
Die Wissenschaftler hoffen die Glycinstrukturen mittels Röntgenanalysen genauer untersuchen zu können. Andere Polymere derselben Klasse müssen noch charakterisiert werden und könnten die Energetik der Polymerbildung offenbaren.
Die Studie mit dem Titel „Structural organization of space polymers“ von Julie E.M. McGeoch und Malcolm W. McGeoch erschien am 29. Juni 2021 im Journal Physics of Fluids (DOI: 10.1063/5.0053302).
(THK)
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