Mit einer Supercomputersimulation hat ein Forschungsteam der Lund University in Schweden die Entwicklung einer Galaxie über einen Zeitraum von 13,8 Milliarden Jahren verfolgt. Die Studie zeigt, wie junge, chaotische Galaxien durch Frontalkollisionen im Lauf der Zeit zu Spiralgalaxien wie der Milchstraßen-Galaxie werden.
Kurz nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren war das Universum ein unruhiger Ort. Innerhalb gigantischer Gaswolken entstanden Sterne mit einer enormen Rate. Nach ein paar Milliarden Jahren intergalaktischem Chaos wurden die unruhigen, jungen Galaxien allerdings stabiler und entwickelten sich mit der Zeit zu geordneten Spiralgalaxien. Der genaue Verlauf dieser Entwicklungen war für die Astronomen weltweit lange ein Rätsel. Jetzt waren Forscher in der Lage, etwas Licht auf diesen Sachverhalt zu werfen. Die Studie wurde in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht.
„Mit einem Supercomputer haben wir eine hochaufgelöste Simulation erschaffen, die ein detailliertes Bild der Entwicklung einer Galaxie seit dem Urknall zeichnet, und wie junge, chaotische Galaxien in gut geordnete Spiralgalaxien übergehen“, sagte Oscar Agertz, ein Astronom an der Lund University.
In der Studie nutzten die Astronomen unter Leitung von Oscar Agertz und Florent Renaud die Sterne der Milchstraßen-Galaxie als Startpunkt. Die Sterne agieren wie Zeitkapseln, die Informationen über die fernen Epochen und die Umgebung enthalten, in der sie entstanden. Ihre Positionen, Geschwindigkeiten und Mengen an verschiedenen chemischen Elementen können uns mit der Hilfe von Computersimulationen daher helfen zu verstehen, wie unsere eigene Galaxie entstand.
„Wir haben entdeckt, dass bei der Kollision zweier großer Galaxien durch die enormen Mengen einströmender, sternbildender Gase eine neue Scheibe um die alte erschaffen werden kann. Unsere Simulation zeigt, dass die alte und die neue Scheibe über eine Zeitspanne von mehreren Milliarden Jahren langsam miteinander verschmolzen. Das resultierte nicht nur in einer stabilen Spiralgalaxie, sondern auch in Sternpopulationen, die ähnlich jenen in der Milchstraßen-Galaxie sind“, sagte Florent Renaud, ein Astronom an der Lund University.
Das neue Ergebnis wird Astronomen helfen, aktuelle und zukünftige Kartierungen der Milchstraßen-Galaxie zu interpretieren. Die Studie weist in eine neue Forschungsrichtung, bei der das Hauptaugenmerk auf der Interaktion zwischen Kollisionen großer Galaxien und der Entstehungsweise der Scheiben von Spiralgalaxien liegen wird. Das Forschungsteam der Lund University hat in Zusammenarbeit mit der Forschungsinfrastruktur PRACE (Partnership for Advanced Computing in Europe) bereits mit neuen Supercomputersimulationen begonnen.
„Mit der aktuellen Studie und unseren neuen Computersimulationen werden wir eine Menge Informationen generieren, was bedeutet, dass wir die faszinierende Entwicklung der Milchstraßen-Galaxie seit dem Anbeginn des Universums besser verstehen können“, schlussfolgerte Agertz.
Artikelreihe:
VINTERGATAN I: The origins of chemically, kinematically and structurally distinct discs in a simulated Milky Way-mass galaxy
VINTERGATAN II: the history of the Milky Way told by its mergers
VINTERGATAN III: how to reset the metallicity of the Milky Way
(THK)
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