Ferninfrarot-Detektor erreicht bestmögliche Empfindlichkeit

Die Andromeda-Galaxy in ferninfraroten Wellenlängen. (Credits: ESA / NASA / JPL-Caltech / B. Schulz)
Die Andromeda-Galaxy in ferninfraroten Wellenlängen. (Credits: ESA / NASA / JPL-Caltech / B. Schulz)

Im Vergleich mit den meisten anderen Wellenlängen hat die Astronomie einen blinden Fleck im Bereich der ferninfraroten Strahlung. Ein Ferninfrarot-Weltraumteleskop kann seine volle Empfindlichkeit nur mit einem Spiegel nutzen, der aktiv bis auf unter vier Kelvin (-269 Grad Celsius) gekühlt wird. Solch ein Teleskop existiert noch nicht, deswegen gibt es nur wenige weltweite Bemühungen zur Entwicklung entsprechender Detektoren.

Im Jahr 2004 entschied das Netherlands Institute for Space Research (SRON), diesen Teufelskreis zu durchbrechen und investierte in die Entwicklung sogenannter Kinetic Inductance Detectors (KIDs). Jetzt haben Forscher des SRON und der TU Delft die höchstmögliche Empfindlichkeit erreicht: Sie entspricht dem Registrieren der Wärmestrahlung einer Kerze auf dem Mond, beobachtet von der Erde aus. Die Studie wurde am 6. September 2022 im Journal Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.

In den letzten Jahren wurden wir mit den schönsten Bildern von Teleskopen verwöhnt, die mit Röntgen-, Infrarot-, Radio- und optischen Wellenlängen arbeiten. Etwa das Bild des Schwarzen Lochs in M87, das Hubble Extreme Deep Field oder das Bild eines entstehenden Planetensystems, um nur ein paar zu nennen. Aber in einem Wellenlängenbereich ist die Astronomie relativ blind: im ferninfraroten Bereich, insbesondere bei Wellenlängen zwischen 300 Mikrometern und 10 Mikrometern. Die Erdatmosphäre blockiert den Großteil dieser Strahlung für Teleskope auf dem Boden. Weltraumteleskope haben oft eine Temperatur, die ihre Detektoren aufgrund der von ihnen selbst abgegebenen Strahlung blind für ferninfrarotes Licht werden lässt. Mit so viel Rauschen ist es wenig sinnvoll, große Geldmengen in die Entwicklung empfindlicherer Ferninfrarot-Detektoren zu investieren. Und mit einem Mangel an empfindlichen Detektoren würden die Regierungen keine Fördermittel für supergekühlte, rauscharme Teleskope bereitstellen. Das ist die Geschichte von der Henne und dem Ei.

Durchbruch

Zu Beginn dieses Jahrhunderts entschied das SRON, den Teufelskreis zu durchbrechen und in die Entwicklung von Kinetic Inductance Detectors zu investieren. Diese Entscheidung trägt nun Früchte. Zusammen mit der TU Delft haben SRON-Wissenschaftler die Technologie fast perfektioniert, um sie empfindlich genug zu machen, so dass sie die permanente Hintergrundstrahlung des Universums sehen kann.

„Eine noch höhere Empfindlichkeit hätte keinen Nutzen, weil man immer durch das Rauschen der Hintergrundstrahlung des Universums limitiert wäre“, sagte Jochen Baselmans (SRON / TU Delft). „Unsere Technologie stellt Teleskopkonstrukteuren wie der NASA und ESA nun Ferninfrarot-Detektoren zur Verfügung, die so empfindlich wie möglich sind. Wir sehen, dass bereits zwei Vorschläge für ein supergekühltes Teleskop bei der NASA eingereicht wurden. Die sind viel teurer als relativ warme Teleskope, aber unsere Detektoren sind es wert.“

Terahertz-Lücke

KIDs helfen der Astronomie beim Schließen der Terahertz-Lücke, die nach der Frequenz des ferninfraroten Lichts benannt ist. Astronomen verpassen das Licht, das von Sternen im fernen, jungen Universum produziert wurde, was eine Lücke in unserem Verständnis der stellaren Entwicklung hinterlässt. Außerdem ist die Terahertz-Lücke eine einmalige Gelegenheit für abenteuerlustige Astronomen, die in das Unbekannte eintauchen wollen.

„Man weiß nicht, was man nicht weiß. Das Hubble Deep Field wurde erstellt, indem das Hubble-Teleskop auf einen schwarzen Bereich des Himmels ausgerichtet wurde, der scheinbar keine Objekte enthielt. Danach erschienen Tausende Galaxien in einem Ausschnitt, der kleiner als ein Prozent des Vollmondes ist“, sagte Baselmans.

Eine Kerze auf dem Mond

Die von den Forschern erreichte Empfindlichkeit der KIDs kann am besten mit einer Kerze auf dem Mond beschrieben werden. Man stelle sich vor, man befinde sich auf dem Erdboden (oder dicht oberhalb der Atmosphäre), strecke die Hand aus und fühle die Wärme der Kerze. Klingt wie eine sinnloses Unterfangen? Nicht für einen KID. Er ist sogar zehnmal empfindlicher als das. Mit einer Integrationszeit von einer Sekunde kann ein KID eine derart geringe Energiemenge von 3*10-20 Watt registrieren.

Studie: „Ultra-sensitive Super-THz Microwave Kinetic Inductance Detectors for future space telescopes“ von J.J.A. Baselmans, F. Facchin, A. Pascual Laguna, J. Bueno, D.J. Thoen, V. Murugesan, N. Llombart, P. de Visser, Astronomy & Astrophysics

Quelle

(THK)

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