Interstellare Filamente und ihre wahrscheinliche Entstehung durch Schockwellen

Dichte Gasfilamente in IC5146 (ESA/Herschel/SPIRE/PACS/D. Arzoumanian (CEA Saclay) for the “Gould Belt survey” Key Programme Consortium)
Dichte Gasfilamente in IC5146 (ESA/Herschel/SPIRE/PACS/D. Arzoumanian (CEA Saclay) for the “Gould Belt survey” Key Programme Consortium)

Das von der ESA betriebene Weltraumobservatorium Herschel hat offenbart, dass nahe gelegene interstellare Wolken Netzwerke aus verworrenen Gasfilamenten enthalten. Faszinierenderweise hat jedes Filament ungefähr denselben Querschnitt, was darauf hindeutet, dass sie möglicherweise durch interstellare Überschallknalle in unserer Galaxie verursacht wurden.

Die Filamente sind riesig, sie erstrecken sich über mehrere Zehn Lichtjahre durch den Raum und Herschel hat gezeigt, dass neugeborene Sterne oft in den dichtesten Regionen von ihnen gefunden werden. Ein Filament, das von Herschel in der Aquila-Region aufgenommen wurde, enthält einen Haufen von etwa 100 sehr jungen Sternen.

Andere Infrarotsatelliten konnten bereits früher einen flüchtigen Einblick in solche Filamente in interstellaren Wolken erlangen, aber sie wurden noch nie so deutlich aufgenommen, um ihren Querschnitt zu messen. Jetzt hat Herschel gezeigt, dass der Querschnitt der Filamente immer in Etwa gleich ist, unabhängig von ihrer Länge oder Dichte.

„Das ist eine sehr große Überraschung“, sagt Doris Arzoumanian vom Laboratoire AIM Paris-Saclay (CEA/IRFU), die leitende Autorin der Studie, welche diese Arbeit beschreibt. Zusammen mit Philippe André vom selben Institut und anderen Kollegen analysierte sie 90 Filamente und fand heraus, dass sie alle ungefähr 0,3 Lichtjahre durchmaßen, oder die 20.000-fache Entfernung der Erde von der Sonne. Diese Übereinstimmung der Querschnitte verlangt nach einer Erklärung.

Durch Vergleiche der Beobachtungen mit Computermodellen schlussfolgerten die Astronomen, dass die Filamente wahrscheinlich entstanden, als langsame Schockwellen sich in den interstellaren Wolken zerstreuten. Diese Schockwellen bewegen sich mit Überschallgeschwindigkeit und sind das Ergebnis der riesigen Mengen turbulenter Energie, die von explodierenden Sternen in den interstellaren Raum eingespeist werden. Sie reisen durch das verdünnte Meer aus Gas in der Galaxie und komprimieren es in dichte Filamente, wenn sie vorbeiziehen.

Interstellare Wolken sind normalerweise extrem kalt, etwa 10 Kelvin über dem absoluten Nullpunkt, und das verlangsamt die Schallgeschwindigkeit in ihnen auf nur 0,2 Kilometer pro Sekunde im Gegensatz zu 0,34 Kilometer pro Sekunde in der Erdatmosphäre auf Meereshöhe.

Diese langsamen Schockwellen sind das interstellare Äquivalent zu Überschallknallen. Das Team nimmt an, dass die Überschallknalle Energie verlieren, während sie durch die Wolken reisen und wenn sie sich letztendlich zerstreuen, hinterlassen sie diese Filamente aus komprimierter Materie.

Netzwerk aus Filamenten in der Polaris-Region (ESA/Herschel/SPIRE/Ph. André (CEA Saclay) for the Gould Belt survey Key Programme Consortium and A. Abergel (IAS Orsay) for the Evolution of Interstellar Dust Key Programme Consortium)
Netzwerk aus Filamenten in der Polaris-Region (ESA/Herschel/SPIRE/Ph. André (CEA Saclay) for the Gould Belt survey Key Programme Consortium and A. Abergel (IAS Orsay) for the Evolution of Interstellar Dust Key Programme Consortium)
Der Spiegel des Herschel-Observatoriums (ESA)
Der Spiegel des Herschel-Observatoriums (ESA)

„Das ist kein direkter Beweis, aber es ist ein deutlicher Hinweis auf eine Verbindung zwischen interstellaren Turbulenzen und Filamenten. Es bildet Auflagen für die Theorien, welche die Entstehung von Sternen beschreiben“, sagt Dr. André. Das Team bemerkte die Verbindung durch die Beobachtung dreier nahe gelegener Wolken – IC5146, Aquila und Polaris – mit den Instrumenten SPIRE und PACS an Bord von Herschel.

„Die Verbindung zwischen diesen Filamenten und der Entstehung von Sternen ist noch unklar, aber dank Herschel können wir jetzt sehen, wie sich in manchen dieser Filamente Sterne wie Perlen auf einer Perlenkette bilden“, sagt Göran Pilbratt, Projektwissenschaftler der ESA für die Herschel-Mission.

Quelle: http://www.esa.int/esaCP/SEMQVH7S9MG_index_0.html

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*