Cassini zeigt, warum auf Saturn Jetstreams toben

Auf diesem Bild der Raumsonde Cassini ist ein besonders starker Jetstream in der nördlichen Hemisphäre des Gasriesen Saturn zu erkennen. (NASA / JPL-Caltech / SSI)
Auf diesem Bild der Raumsonde Cassini ist ein besonders starker Jetstream in der nördlichen Hemisphäre des Gasriesen Saturn zu erkennen. (NASA / JPL-Caltech / SSI)

Turbulente Jetstreams – Regionen, in denen die Winde stärker wehen als an anderen Orten – toben ost- und westwärts über den Saturn. Seit Jahren haben Wissenschaftler versucht, die Mechanismen zu verstehen, die diese wellenförmigen Strukturen in der Atmosphäre Saturns antreiben und die Quelle zu ergründen, aus der die Jetstreams ihre Energie beziehen.

In einer neuen Studie, die in der Juni-Ausgabe des Journals Icarus erscheint, haben Wissenschaftler Bilder verwendet, welche im Verlauf mehrerer Jahre von der NASA-Raumsonde Cassini gesammelt wurden, um zu entdecken, dass die Wärme aus dem Inneren des Planeten die Jetstreams antreibt. Die Kondensation von Wasser durch Saturns innere Erwärmung führte zu Temperaturunterschieden in der Atmosphäre. Die Temperaturunterschiede erzeugten Wirbel oder Störungen, die sich in denselben Breiten vor und zurück bewegen und diese Wirbel beschleunigten wiederum die Jetstreams – wie rotierende Zahnräder, die ein Förderband antreiben.

Eine konkurrierende Theorie hatte vermutet, dass die Energie für die Temperaturunterschiede von der Sonne stammt. So funktioniert das in der Erdatmosphäre.

“Wir wissen, dass die Atmosphären von Planeten wie Saturn und Jupiter ihre Energie nur aus zwei Quellen beziehen können: der Sonne oder der inneren Erwärmung. Die Herausforderung war, die Daten so zu verwenden, dass wir den Unterschied feststellen können”, sagte Tony Del Genio vom Goddard Institute for Space Studies der NASA in New York, der leitende Autor der Studie und Mitglied des Cassini-Bildverarbeitungsteams.

Die neue Studie war in Teilen möglich, weil sich Cassini lange genug im Orbit um Saturn befunden hat, um die große Anzahl der Beobachtungen durchzuführen, die notwendig waren, um die winzigen Muster innerhalb der tagtäglichen Wetterveränderungen zu sehen. “Zu verstehen, was die Meteorologie auf Saturn – und allgemein auf Gasplaneten – antreibt, war eines unserer Hauptziele seit Beginn der Cassini-Mission”, sagte Carolyn Porco, Leiterin des Bildverarbeitungsteams am Space Science Institute in Boulder (Colorado). “Es ist sehr erfreulich zu sehen, dass wir anfangen, diese atmosphärischen Prozesse zu verstehen, die die Erde vergleichbar mit (aber auch verschieden zu) anderen Planeten machen.

Saturn besitzt keine dünne Atmosphäre und keine feste beziehungsweise flüssige Oberfläche wie die Erde, sondern er ist ein Gasriese, dessen tiefe Atmosphäre in großen Höhen multiple Wolkendecken aufweist. Eine Reihe von Jetstreams tobt über das Antlitz Saturns, die für das menschliche Auge sichtbar sind, auch in Höhen, wo sie von den Nahinfrarotfiltern der Cassini-Kameras registriert werden können. Die meisten wehen ostwärts, einige wehen westwärts. Jetstreams finden sich auf Saturn an Orten, wo sich die Temperatur von einem Breitengrad zum anderen bedeutend verändert.

Dank der Filter von Cassinis Kameras, die nahinfrarotes Licht sehen können, welches in den Weltraum reflektiert wurde, haben Wissenschaftler jetzt den Jetstream-Prozess auf Saturn erstmals in zwei unterschiedlichen, geringen Höhen beobachtet. Eine gefilterte Ansicht zeigt den oberen Teil der Troposphäre, einer hoch liegenden Schicht der Atmosphäre, in der Cassini dicke, hoch liegende Dunstschichten sieht und wo die Erwärmung durch die Sonne stark ist. Beobachtungen durch einen anderen Filter dringen tiefer ein, bis auf die Oberseite der Wolken aus Ammoniakeis, wo die solare Erwärmung schwach ist. Dieser Ort liegt aber näher am Ursprung des Wetters. Hier kondensiert das Wasser und erzeugt Wolken und Regen.

Ein Beispiel für einen sehr starken Jetstream auf Saturn. Es ist die auffällige, helle Struktur im linken Teil der Aufnahme. Die schwarze Linie stellt den Verlauf der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der geographischen Breite dar. Das weiße Rechteck markiert eine Region, auf die der Verfolgungsalgorithmus angewandt wurde. (NASA / JPL-Caltech / SSI)
Ein Beispiel für einen sehr starken Jetstream auf Saturn. Es ist die auffällige, helle Struktur im linken Teil der Aufnahme. Die schwarze Linie stellt den Verlauf der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der geographischen Breite dar. Das weiße Rechteck markiert eine Region, auf die der Verfolgungsalgorithmus angewandt wurde. (NASA / JPL-Caltech / SSI)

In der neuen Studie, einer Nachfolgestudie basierend auf Ergebnissen aus dem Jahr 2007, nutzten die Autoren eine automatisierte Software für die Verfolgung der Wolken, um die Bewegungen und Geschwindigkeiten der Wolken auf hunderten Cassini-Bildern aus den Jahren 2005 bis 2012 zu analysieren.

“Mit unserem verbesserten Verfolgungsalgorithmus waren wir in der Lage, fast 120.000 Windvektoren aus 560 Aufnahmen zu extrahieren, was uns ein beispielloses Bild von Saturns Windströmen in zwei unabhängigen Höhen auf einem globalen Maßstab gegeben hat”, sagte Co-Autor und Mitarbeiter des Bildverarbeitungsteams John Barbara vom Goddard Institute for Space Studies. Die Ergebnisse des Teams liefern einen Beobachtungstest für existierende Modelle, die von Wissenschaftler verwendet werden, um die Mechanismen zu untersuchen, welche die Jetstreams antreiben.

Durch die erstmalige Beobachtung, wie diese Wirbel die Jetstreams in zwei verschiedenen Höhen beschleunigen, fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Wirbel in größeren Höhen schwach waren – dort, wo früheren Arbeiten zufolge der Großteil der solaren Erwärmung auftritt. Die Wirbel waren tiefer in der Atmosphäre stärker. Deswegen konnten die Forscher die Erwärmung durch die Sonne unberücksichtigt lassen und stattdessen schlussfolgern, dass die innere Wärme des Planeten letztendlich die Beschleunigung der Jetstreams antreibt, und nicht die Sonne. Der Mechanismus, der am besten mit den Beobachtungen übereinstimmt, bezieht die innere Wärme des Planeten ein, die den Wasserdampf aus dem Inneren Saturns aufwühlt. Dieser Wasserdampf kondensiert an einigen Orten, wenn die Luft aufsteigt, Wärme freisetzt und Wolken und Regen erzeugt. Die Wärme liefert die Energie, um die Wirbel zu erschaffen, welche die Jetstreams antreiben.

Die Kondensation von Wasser wurde nicht tatsächlich beobachtet. Der Großteil dieses Prozesses vollzieht sich in geringeren Höhen, die für Cassini nicht sichtbar sind. Aber die Kondensation innerhalb von Stürmen in mittleren Breiten geschieht sowohl auf Saturn als auch auf der Erde. Stürme auf der Erde (die Hoch- und Tiefdruckgebiete auf den Wetterkarten) werden hauptsächlich von der Erwärmung durch die Sonne angetrieben und treten überwiegend nicht aufgrund der Kondensation von Wasser auf. Auf Saturn ist die Kondensationswärme der Hauptantrieb der Stürme und die Erwärmung durch die Sonne ist nicht wichtig.

Die Cassini-Huygens-Mission ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der European Space Agency (ESA) und der Italian Space Agency. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL), eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena leitet die Cassini-Huygens-Mission für das Science Mission Directorate in Washington. Der Cassini-Orbiter und seine zwei an Bord befindlichen Kameras wurden am JPL entwickelt und zusammengesetzt. Das Bildverarbeitungsteam hat seinen Sitz am Space Science Institute in Boulder (Colorado).

Weitere Informationen über Cassini und einen der stärksten Jetstreams gibt es unter:
http://www.nasa.gov/cassini
http://saturn.jpl.nasa.gov/
http://ciclops.org/

Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.cfm?release=2012-186&rn=news.xml&rst=3415

(THK)

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