STEREO beobachtet einen der schnellsten koronalen Massenauswürfe auf der Sonne

STEREO-Aufnahme des koronalen Massenauswurfs vom 22./23. Juli 2012. (NASA / STEREO)
STEREO-Aufnahme des koronalen Massenauswurfs vom 22./23. Juli 2012. (NASA / STEREO)

Am 23. Juli 2012 wurde eine massive Wolke aus solarer Materie von der rechten Seite der Sonne in den Weltraum geschleudert und passierte auf ihrem Weg einen der beiden STEREO-Satelliten (Solar TErrestrial RElations Observatory) der NASA. Mit Hilfe der STEREO-Daten haben Wissenschaftler vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland) die Geschwindigkeit dieser riesigen Wolke, eines so genannten koronalen Massenauswurfs, auf 2.900 bis 3.500 Kilometer pro Sekunde bestimmt, als sie die Sonne verließ.

Die Telefone begannen heißzulaufen und die Emails begannen zu fliegen: Das war der schnellste koronale Massenauswurf (coronal mass ejection, CME), der jemals von der STEREO-Mission beobachtet wurde, die seit ihrem Start im Jahr 2006 geholfen hat, Geschwindigkeitsmessungen von CMEs viel präziser zu machen. Solch ein ungewöhnlich starker Anfall von Weltraumwetter gibt Wissenschaftlern eine Möglichkeit zu beobachten, wie sich diese Effekte auf die Umgebung der Sonne auswirken und verbessern ihr Verständnis davon, was sie auslöst.

“Die Geschwindigkeit zwischen 2.900 und 3.500 Kilometer pro Sekunde platziert sie ohne Fragen in den Top Fünf der [schnellsten] CMEs, die jemals von irgendeinem Satelliten gemessen wurden”, sagt der Sonnenforscher Alex Young vom Goddard Space Flight Center. “Wenn der koronale Massenauswurf im oberen Segment dieses Geschwindigkeitsbereichs liegt, ist es wahrscheinlich der schnellste.”

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Video-Link: https://youtu.be/K0kLZveLs4E

Video des beobachteten koronalen Massenauswurfs (3-fach wiederholt) (NASA / STEREO)

Die STEREO-Mission besteht aus zwei Satelliten, deren Umlaufbahnen ihnen die meiste Zeit Anblicke der Sonne gewähren, die von der Erde aus nicht möglich sind. Die Sonne von allen Seiten zu betrachten hilft uns, unser Verständnis davon zu verbessern, wie Ereignisse in Sonnennähe miteinander in Zusammenhang stehen und gibt uns Einblicke in Aktivitäten, die wir sonst nicht sehen würden. Am 23. Juli 2012 befand sich STEREO-A von der Erde aus gesehen auf der rechten Seite der Sonne und etwas hinter ihr – die perfekte Position, um diesen koronalen Massenauswurf zu beobachten, der von der Erde aus sonst schwer zu messen gewesen wäre. Das Solar Heliospheric Observatory (SOHO), eine Gemeinschaftsmission der NASA und ESA, beobachtete den koronalen Massenauswurf ebenfalls. Es ist die Kombination der Beobachtungen von beiden Missionen, die den Wissenschaftlern hilft, von den hohen Geschwindigkeiten, die für dieses Ereignis gemessen wurden, überzeugt zu sein.

Die Messung eines koronalen Massenauswurfs mit dieser Geschwindigkeit und in eine Richtung, die von der Erde weg zeigt, stellt eine fantastische Gelegenheit für Forscher dar, die den Einfluss der Sonne untersuchen. Rebekah Evans ist eine Weltraumwissenschaftlerin am Goddards Space Weather Lab, das an der Verbesserung der Modelle arbeitet, die eines Tages verwendet werden könnten, um bessere Vorhersagen des Weltraumwetters und seiner Auswirkungen zu machen. Sie sagt, dass das Team koronale Massenauswürfe in Bezug auf deren Geschwindigkeit klassifiziere und dass es die schnellsten – wie diesen – mit “ER” für Extremly Rare (extrem selten) bezeichne.

“Einen so schnellen koronalen Massenauswurf zu sehen, ist wirklich sehr ungewöhnlich”, sagt Evans. “Und jetzt haben wir diese große Gelegenheit, ihn zu untersuchen, um besser zu verstehen, was derart starke Explosionen erzeugt und um unsere Modelle zu verbessern, so dass sie einbeziehen, was während seltenen Ereignissen wie diesem geschieht.”

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Video-Link: https://youtu.be/9tgXSgR3Kx8

Dieses Modell des koronalen Massenauswurfs wurde vom Goddard Space Weather Laboratory erstellt und basiert auf den von STEREO und SOHO gesammelten Daten (NASA / Goddard Space Weather Laboratory)

Ungefähr 143.200.000 Kilometer von der Sonne entfernt konnte STEREO-A die Geschwindigkeit des koronalen Massenauswurfs beobachten, als er von der Sonne fortgeschleudert wurde und etwa 17 Stunden später lieferte der Satellit sogar noch mehr Daten, als der Massenauswurf physisch vorbeifegte und sich bis dahin auf 1.200 Kilometer pro Sekunde verlangsamt hatte. STEREO besitzt Instrumente zur Messung der magnetischen Feldstärke, die in diesem Fall viermal stärker als bei den gewöhnlichen koronalen Massenauswürfen war. Wenn ein koronaler Massenauswurf mit starken Magnetfeldern in die Nähe der Erde gelangt, kann er etwas auslösen, das als geomagnetischer Sturm bezeichnet wird und die eigene magnetische Umgebung der Erde stört. Ein geomagnetischer Sturm kann Satelliten-Operationen beeinträchtigen oder im schlimmsten Fall elektrische Ströme am Boden induzieren, die die Stromnetze [negativ] beeinflussen.

“Wir messen Magnetfelder in ‘Tesla’ und dieser koronale Massenauswurf hatte 80 Nanotesla”, sagt Antti Pulkkinen, ein Wissenschaftler vom Goddard Space Flight Center, der das Weltraumwetter untersucht. “Dieses Magnetfeld ist sogar wesentlich größer als das der Massenauswürfe, die im Oktober 2003 starke geomagnetische Stürme in der Nähe der Erde auslösten. Wir nennen diese Stürme die Halloween-Stürme und Forscher untersuchen sie noch bis heute.”

Obwohl sie stark ist, ist diese Messung des Magnetfeldes noch kleiner als eines der stärksten aufgezeichneten Weltraumwetter-Ereignisse, dem Carrington Event von 1859, dessen Magnetfelder auf der Erde mit 110 Nanotesla gemessen wurden.

Wenn der koronale Massenauswurf einen der STEREO-Satelliten passiert, können die Instrumente auch die Richtung messen, in die das Magnetfeld zeigt – ein entscheidender Punkt, weil es die südwärts gerichteten Magnetfelder eines koronalen Massenauswurfs sind, die sich in die entgegengesetzte Richtung wie das irdische Magnetfeld bewegen, was die größten Unterbrechungen erzeugen kann. Dieser koronale Massenauswurf bewegte sich mit einem ungewöhnlich starken südwärts gerichteten Magnetfeld von 40 Nanotesla, das für mehrere Stunden konstant blieb.

Das Ereignis setzte auch einen Ausbruch von schnellen Protonen aus der Sonne frei. Die Anzahl der geladenen Teilchen in der Nähe von STEREO sprang innerhalb einer Stunde nach Beginn des koronalen Massenauswurfs auf das 100.000-fache. Wenn solche Ausbrüche von solaren Teilchen in das Erdmagnetfeld eindringen, werden sie als solarer Strahlungssturm bezeichnet und sie können Hochfrequenz-Radiokommunikationen blockieren, die zum Beispiel von Piloten benutzt werden. Auch dieses “Solar Energetic Particle”-Ereignis (SEP) ist das stärkste je von STEREO gemessene, wie der koronale Massenauswurf. Obwohl der koronale Massenauswurf nicht in Richtung Erde zeigte, hatte das SEP-Ereignis – mit deutlich geringerer Intensität als bei STEREO – Auswirkungen auf die Erde, was Wissenschaftlern die Möglichkeit bot zu untersuchen, wie sich solche Ereignisse dermaßen ausweiten können, während sie durch den Weltraum reisen.

SOHO-Aufnahme des koronalen Massenauswurfs vom 22./23. Juli 2012. Rechts sieht man die riesige Wolke aus solarer Materie. (ESA & NASA / SOHO)
SOHO-Aufnahme des koronalen Massenauswurfs vom 22./23. Juli 2012. Rechts sieht man die riesige Wolke aus solarer Materie. (ESA & NASA / SOHO)

Evans stellt klar, dass all jene solare Aktivität von einer bestimmten aktiven Region erzeugt wurde, welche von Wissenschaftlern der NASA schon seit drei Wochen vor der superschnellen Eruption am 23. Juli 2012 beobachtet wurde.

“Diese aktive Region wurde AR 1520 genannt und sie schleuderte vier schnelle koronale Massenauswürfe in Richtung Erde, bevor sie nach rechts aus dem Blickfeld rotierte”, sagt Evans. “Auch wenn diese Region mehrere koronale Massenauswürfe freigesetzt hat und sogar einen Ausbruch der X-Klasse hatte, wuchs ihre Stärke mit der Zeit an, um diese gigantische Explosion zu produzieren. Zu verstehen versuchen, wie diese Veränderung passiert, ist eine sehr aufregende Forschung.”

STEREO ist nur eine von mehreren Missionen, die die Sonne ständig beobachten und die Daten sind immer interessant, weil es noch viel aus der Beobachtung der ruhigen und der aktiven Sonne zu lernen gibt. Aber die Sonne zeigt einen Aktivitätszyklus, in dem sie etwa alle elf Jahre aktiver wird, wenn sie auf das “solare Maximum” zusteuert. Das nächste solare Maximum wird derzeit für 2013 vorhergesagt. Bis dahin können wir mehr und mehr Weltraumwetter-Ereignisse erwarten und jedes einzelne wird den Wissenschaftlern helfen, die Sonne besser zu verstehen und zu begreifen, wie ihr Einfluss das gesamte Sonnensystem durchdringen kann.

Quelle: http://www.nasa.gov/mission_pages/stereo/news/fast-cme.html

(THK)

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