Geheimnisse um Mumien werden mit Hilfe von Hightech entschlüsselt

Dr. Karin Sowada (links) und Dr. Geraldine Jacobsen hinter einem der untersuchten Sarkophage. (Macquarie University)
Dr. Karin Sowada (links) und Dr. Geraldine Jacobsen hinter einem der untersuchten Sarkophage. (Macquarie University)

Australische Nuklearwissenschaftler helfen einem internationalen Team aus Archäologen und Historikern, das Geheimnis einer Sammlung ägyptischer Mumien zu enträtseln, welche zum Cross-Dressing (dem Tragen der Bekleidung des anderen Geschlechts) neigten und über ihr Geschlecht und Alter lügen.

Die ehrenamtliche Mitarbeiterin am Department of Ancient History der Macquarie University, Dr. Karin Sowada, begann ihre Nachforschungen zur Herkunft der Mumien bereits vor einigen Jahren, als sie noch stellvertretende Kuratorin am Nicholson Museum der University of Sydney war, welches die Heimat der Mumien ist. Ihre Untersuchungen enthüllten überraschende Ergebnisse, darunter:

  • Untersuchungen (und Kohlenstoffdatierung), die 2011 veröffentlicht wurden, zeigten, dass die Mumie NM R28.2 in einem Sarg, der einem Mann namens Padiashaikhet (725 – 700 v. Chr.) gehörte, in Wirklichkeit aus der Römischen Zeit stammt, also ca. 800 Jahre später (68 – 129 n. Chr.).
  • Untersuchungen (und Kohlenstoffdatierung), die 2010 zu einem mumifizierten Kopf der Museumssammlung (N2M R32) veröffentlicht wurden, beweisen, dass er in die Ptolemäische Periode datiert (204 – 49 v. Chr.). Das Alter des Kopfes war bis dahin unbekannt.
  • Vielleicht am Überraschendsten, zeigten Untersuchungen im Jahr 2005 (basierend auf CT-Scans und weiteren Daten) auf, dass die Mumie NM R27.3 in Wahrheit ein Mann war, der im Sarg einer Frau lag.

Es ist letztere Mumie NM R27.3 mit dem falschen Geschlecht, welche jetzt Gegenstand weiterer Untersuchungen von Archäologen und Wissenschaftlern der Australian Nuclear Science and Technology Organisation (ANSTO) ist, die nun nukleare Methoden einsetzen, um die Mumie zu datieren.

“Im 19. Jahrhundert war es für Touristen und Studenten aus dem Westen, die nach Ägypten reisten, durchaus üblich, Mumien, Sarkophage und andere Artefakte als Souvenirs mit nach Hause zu bringen”, sagte Dr. Sowada.

“Diese Antiquitäten wurden normalerweise bei Händlern vor Ort erworben, die in ihrem Bemühen, ihre Gewinne zu maximieren, manchmal Objekte auseinandernahmen, um sie einzeln zu verkaufen und Zusammenstellungen schufen, die historisch nicht zusammen gehören, wie zum Beispiel eine einzelne Mumie in einen Sarkophag zu legen.”

“Im Laufe der Jahrzehnte gelangten viele dieser Antiquitäten aus privaten Sammlungen in Museen, wo wir nun beginnen zu entdecken, dass sie überhaupt nicht das sind, was wir zunächst dachten.
Durch Analysen der Sarkophag-Stile, Einbalsamierungstechniken und Bandagiermethoden, sowie durch Techniken wie DNA-Untersuchungen, CT-Scans und Kohlenstoffdatierung beginnen wir nun, die wirkliche Herkunft vieler Artefakte zu verstehen.”

“Die Forschung, die wir in Sydney machen, hat großen Einfluss auf Sammlungen im ganzen Land und weltweit – besonders auf Solche in kleineren Museen, die Mumien aus privaten Sammlungen erhalten haben, statt aus archäologischen Ausgrabungen.”

Die 2005 veröffentlichte Studie zeigte, dass die Mumie NM R27.3 in Wirklichkeit ein Mann war, keine Frau, und nuklearwissenschaftliche Methoden helfen jetzt dabei, mehr Teile dieses Puzzles zusammenzusetzen.

“Wie wissen, dass die Mumifizierungstechnik sehr interessant war – der Körper wurde eingewickelt, dann mit einer Gipsschicht überzogen, rot und grün bemalt und dann nochmals eingewickelt”, so Dr. Sowada. “Dies ahmte königliche Mumifizierungsmethoden nach, doch es schien mit minderwertigerem Gips durchgeführt worden zu sein. Dieser Gips wurde rot und grün bemalt als eine Nachbildung des Gottes Osiris.”

“Diese (Gips-) Hüllen wurden sporadisch in der Literatur erwähnt, werden aber von modernen Wissenschaftlern nur selten gesehen. Dies könnte eine frühes Beispiel für diese Methode sein, die von nicht-königlichen Personen verwendet wurde.”

“Wir wickeln Mumien nicht mehr aus. Die Gipshülle unter den Binden wurde nur im Computertomographen entdeckt und durch Proben bestätigt, die zu Analysezwecken aus der Umhüllung entnommen wurden.”

“Die Kohlenstoffdatierung wird uns zusammen mit den Gipsproben und CT-Scans dabei helfen, das Alter festzulegen und eine Geschichte zur Herkunft der Mumie zu erstellen. Die Kohlenstoffdatierung wird uns also das dritte Puzzleteil liefern.”

Die Australian Nuclear Science and Technology Organisation (ANSTO) ist der Hüter des 460 Millionen (australische) Dollar teuren OPAL Forschungsreaktors – einem der fortschrittlichsten weltweit. Auf ihrem Campus in Lucas Heights sind auch die bedeutendsten Einrichtungen zur Radiokarbondatierung ansässig.

Die Radiokarbondatierung ist ein Vorgang, bei dem der Gehalt von Kohlenstoff-14 (C-14) in organischer Materie als Maßeinheit für ihr Alter dient. C-14 ist in der Atmosphäre und wird Bestandteil eines Organismus, wenn dieser wächst. Wenn der Organismus stirbt, beginnt das C-14 mit gleichbleibender Rate zu zerfallen, also besitzt das Material immer weniger C-14, je älter es ist. Durch die Messung des Anteils an C-14, das in einer Probe noch vorhanden ist und das Wissen um die Zerfallsrate können wir ihr Alter bestimmen.

“Die Wissenschaftler der ANSTO datieren verschiedene Objekte wie Knochen, Textilien, Pollen und Muscheln”, so Dr. Geraldine Jacobsen, Leiterin der Abteilung für Beschleuniger-Massenspektrometrie (engl.: Accelerator mass spectrometry, kurz AMS) an der ANSTO. “Die Radiokarbondatierung, die wir nun durchführen, wird uns zu einem besseren Verständnis verhelfen, wann diese Person lebte. Das ist eine Teamarbeit. Wir nahmen Proben des Gewebes und extrahierten den Kohlenstoff aus der Zellulose, aus der die Leinenfaser besteht. Dieser Kohlenstoff wurde dann in Graphit umgewandelt, so dass er mit dem zwei Millionen Volt Tandem-Beschleuniger (Tandetron) STAR der ANSTO gemessen werden konnte. Dieser verwendet die sogenannte Accelerator Mass Spectrometry (AMS), um den Anteil von C-14 zu messen und aus diesen Messwerten wird dann das Alter berechnet.”

Das Forschungsprojekt wird vom Australian Institute of Nuclear Science and Engineering (AINSE) finanziert, von der Macquarie University durchgeführt und ist Teil eines internationalen Zusammenschlusses, dem die ANSTO, die University of Sydney, Professor Mark Spigelman und Dr. Carney Matheson angehören.

Es ist geplant, dass die Forschungsergebnisse an die Daten-Sammelstelle Radiocarbon übermittelt und dort gegengeprüft werden und, wenn bestätigt, im nächsten Jahr veröffentlicht werden.

Quelle: http://www.mq.edu.au/newsroom/2012/08/20/mummy-mysteries-unraveled-with-high-tech-help-2/

(SOM)

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