
Ein internationales Team aus Astronomen hat den ersten Beleg für die Zerstörung eines Planeten durch seinen alternden Zentralstern entdeckt. Der Beleg spricht dafür, dass der verlorene Planet verschlungen wurde, als der Stern begann, sich zu einem „Roten Riesen“ aufzublähen, dem stellaren Äquivalent für ein fortgeschrittenes Alter. „Ein ähnliches Schicksal könnte die inneren Planeten in unserem Sonnensystem erwarten, wenn die Sonne zu einem Roten Riesen wird und sich in rund fünf Milliarden Jahren bis über die Erdumlaufbahn hinaus ausdehnen wird“, sagte Alex Wolszczan, der Evan Pugh Professor für Astronomie und Astrophysik an der Pennsylvania State University und ein Mitglied des Forschungsteams. Wolszczan ist auch der Entdecker des ersten Planeten, der jemals außerhalb unseres Sonnensystems gefunden wurde.
Die Astronomen entdeckten außerdem einen massereichen Planeten in einer überraschend elliptischen Umlaufbahn um denselben Roten Riesen namens BD+48 740, der älter als die Sonne ist und einen elfmal größeren Radius besitzt. Wolszczan und die anderen Mitglieder des Teams, Monika Adamow, Grzegorz Nowak und Andrzej Niedzielski von der Nicolaus Copernicus University in Thorn (Polen), sowie Eva Villaver von der Universidad Autonoma de Madrid in Spanien, registrierten Hinweise auf die Zerstörung des verlorenen Planeten, während sie das Hobby-Eberly Telescope verwendeten, um den alternden Stern zu untersuchen und nach Planeten um ihn Ausschau zu halten. Die Belege umfassen die besondere chemische Zusammensetzung des Sterns und die sehr ungewöhnliche elliptische Umlaufbahn seines überlebenden Planeten.
„Unsere detaillierte spektroskopische Analyse offenbart, dass dieser Rote Riese BD+48 740 einen abnorm hohen Lithiumgehalt aufweist – einem seltenen Element, das hauptsächlich durch den Urknall vor 14 Milliarden Jahren erschaffen wurde“, sagte Adamow. Lithium wird in Sternen leicht zerstört, weshalb die abnormal hohe Menge in diesem alten Stern so ungewöhnlich ist. „Theoretiker haben außer dem Urknall nur wenige, sehr spezifische Umstände identifiziert, unter denen Lithium in Sternen erschaffen werden kann“, ergänzte Wolszczan. „Im Fall von BD+48 740 ist es möglich, dass die Lithiumproduktion durch eine planetengroße Masse ausgelöst wurde, die in den Stern hinein spiralte und sich aufheizte, während der Stern sie verdaute.“
Das zweite von den Astronomen entdeckte Beweisstück ist die hochgradig elliptische Umlaufbahn des neu gefundenen massereichen Planeten, der mindestens 1,6 Mal schwerer als Jupiter ist. „Wir entdeckten, dass dieser Planet den Stern in einer Umlaufbahn umkreist, die an ihrem nächsten Punkt nur etwas weiter als der Mars [von der Sonne] entfernt ist, sich aber an ihrem entferntesten Punkt viel weiter ausdehnt“, sagte Niedzielski. „Solche Umlaufbahnen sind in Planetensystemen um entwickelte Sterne ungewöhnlich und die Umlaufbahn des Planeten um BD+48 740 ist tatsächlich die elliptischste, die bislang registriert wurde.“ Weil gravitative Wechselwirkungen zwischen Planeten für derart sonderbare Umlaufbahnen verantwortlich sind, vermuten die Astronomen, dass die Wanderung des verlorenen Planeten in Richtung seines Sterns (bevor selbiger zu einem Roten Riesen wurde) dem überlebenden massereichen Planeten einen Energieschub gegeben haben könnte, der ihn wie einen Bumerang auf eine exzentrische Umlaufbahn geworfen hat.

„Einen Planeten zu beobachten, wie er von einem Stern verschlungen wird, ist wegen der relativen Schnelligkeit des Prozesses ein fast unerreichbares Kunststück, aber das Auftreten einer solchen Kollision kann aus der Art und Weise abgeleitet werden, wie sie die stellare Chemie beeinflusst“, erklärte Villaver. „Die stark längliche Umlaufbahn des massereichen Planeten, den wir um diesen lithium-verschmutzten Roten Riesenstern entdeckten, ist exakt die Art von Beleg, der auf die kürzliche Zerstörung seines jetzt verlorenen Planeten hindeuten würde.“
Die Abhandlung, die diese Entdeckung beschreibt, wurde in einer neuen Online-Ausgabe der Astrophysical Journal Letters (Adamow et al. 2012, ApJ, 754, L15) veröffentlicht. Das Hobby-Eberly Telescope ist ein Gemeinschaftsprojekt der University of Texas in Austin, der Pennsylvania State University, der Ludwig-Maximilians-Universität in München und der Georg-August-Universität in Göttingen. Das Teleskop wurde zu Ehren seiner Spender nach William P. Hobby und Robert E. Eberly benannt.
Quelle: http://science.psu.edu/news-and-events/2012-news/Wolszczan8-2012
(THK)
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