Kollisionsszenario könnte die ungewöhnlichen Monde Saturns erklären

Die Vielfalt des Saturnsystems. Im Uhrzeigersinn: Titan (oben rechts) gefolgt von Iapetus, Hyperion, Enceladus, Tethys, Dione, Mimas und Rhea in der Bildmitte. (NASA / JPL / SSI; montage by E. Lakdawalla)
Die Vielfalt des Saturnsystems. Im Uhrzeigersinn: Titan (oben rechts) gefolgt von Iapetus, Hyperion, Enceladus, Tethys, Dione, Mimas und Rhea in der Bildmitte. (NASA / JPL / SSI; montage by E. Lakdawalla)

Zu den Kuriositäten des äußeren Sonnensystems gehören auch die mittelgroßen Monde des Saturn, ein halbes Dutzend eisiger Körper, die von Saturns großem Mond Titan in den Schatten gestellt werden. Einem neuen Modell über den Ursprung des Saturnsystems zufolge gingen diese mittelgroßen Monde aus riesigen Einschlägen hervor, durch die mehrere große Satelliten miteinander verschmolzen, um den Mond Titan zu bilden.

Erik Asphaug, Professor für Erd- und planetare Wissenschaften an der University of California in Santa Cruz, präsentierte diese neue Theorie am 19. Oktober 2012 auf dem Jahrestreffen der Division for Planetary Sciences der American Astronomical Society in Reno (Nevada). Asphaug und sein Co-Autor Andreas Reufer von der Universität Bern (Schweiz) beschreiben ihr Modell detailliert in einer Abhandlung, die im Journal Icarus veröffentlicht werden wird.

Asphaug und Reufer vermuten, dass das Saturnsystem mit einer Familie aus großen Satelliten begann, die mit den vier großen Monden des Jupiter (bekannt als die von Galileo Galilei im Jahr 1610 entdeckten Galileischen Monde) vergleichbar sind. Die Galileischen Monde machen 99,998 Prozent der Masse von Jupiters Satellitensystem aus. Obwohl er Dutzende kleiner Satelliten besitzt, hat Jupiter keine mittelgroßen Monde. Das neue Modell könnte erklären, warum die beiden Systeme so verschieden sind.

“Wir denken, dass die Riesenplaneten zu ihren Satelliten kamen, ähnlich wie die Sonne ihre Planeten bekam. Sie wuchsen wie Miniatur-Sonnensysteme und endeten in einem Stadium abschließender Kollisionen”, sagte Asphaug. “In unserem Modell für das Saturnsystem vermuten wir, dass Titan aus einer Reihe gigantischer Einschläge hervorging, von denen jeder die Massen der kollidierenden Körper vereinigte, während eine kleine Familie aus mittelgroßen Monden abgestoßen wurde.”

Man nimmt an, dass die Erde einen ähnlichen großen Einschlag erfahren hat, durch den unser Planet die letzten zehn Prozent seiner Masse ansammelte und der Mond entstand. “So wie unser Mond aus Material besteht, das mit dem des Erdmantels vergleichbar ist, so bestehen die mittelgroßen Monde des Saturn aus Material, das dem eishaltigen Mantel Titans ähnelt”, sagte Asphaug.

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Video-Link: https://youtu.be/w-TqN6ri_2w

Eine der durchgeführten Computersimulationen des neuen Modells. (Erik Asphaug / Andreas Reufer / Universität Bern)

“Unser Modell erklärt die Vielfalt dieser eisreichen Monde und die Hinweise auf ihre sehr aktive Geologie und Dynamik”, sagte er. “Es erklärt auch eine rätselhafte Tatsache über Titan, nämlich dass ihm ein großer Einschlag eine hohe Exzentrizität seiner Umlaufbahn gegeben hätte.”

Asphaug und Reufer nutzten Computersimulationen, um das Szenario des Rieseneinschlags zu untersuchen und sie fanden heraus, dass Verschmelzungen von Satelliten mit der Größe der Galileischen Monde eisreiche Spiralarme freisetzen können, hauptsächlich aus den äußeren Schichten der kleineren kollidierenden Monde. Gravitatives Zusammenklumpen der Spiralarme führte dann zu der Bildung von Klumpen mit Größen und Zusammensetzungen, die Saturns mittelgroßen Monden entsprechen.

“Diese Satellitenkollisionen sind ein Gebiet, das nicht sehr gut verstanden ist, deswegen öffnet das Modell allgemein neue Möglichkeiten für die Entstehung von Planeten”, sagte Reufer.

Die vermuteten Verschmelzungen könnten als der letzte Akt im Prozess der Satellitenentstehung stattgefunden haben. Alternativ könnte Saturn ein stabiles System aus Satelliten ähnlich den Galileischen Monden besessen haben, das später durch die möglicherweise chaotische Migration der Riesenplaneten gestört wurde, wie es im bekannten “Schönen Modell” des Sonnensystems beschrieben wird. Ein später Ursprung hat den Vorteil, dass er einige der hervorstechendsten Merkmale des Saturnsystems erklären würde.

“Was das Saturnsystem so schön und einzigartig macht, könnte seine Jugend sein”, sagte Asphaug. “Auch wenn wir keinen bevorzugten Zeitrahmen für dieses Herkunftsszenario haben, könnte es vor nicht sehr langer Zeit geschehen sein, falls Etwas vorbeikam, das Saturnsystem destabilisierte und die kollisionsbedingten Verschmelzungen auslöste, aus denen Titan hervorging. Dieses ‘Etwas’ könnte die nahe Begegnung eines vorbeiziehenden Uranus und Neptun gewesen sein, was Teil des Schönen Modells ist.”

Asphaug erwähnte eine Reihe dynamischer Probleme, die von dem neuen Modell aufgeworfen werden. Die aus den großen Einschlägen hervorgegangenen Klumpen könnten von Titan aufgesammelt werden, anstatt sich in separate Monde mit ihren eigenen stabilen Umlaufbahnen zu entwickeln. Es werden zusätzliche Simulationen der dynamischen Entwicklung des komplexen Akkretionssystems benötigt, um das Modell weiter zu erforschen und zu validieren. Aber Asphaug sagte, neue Daten der Cassini-Mission über die Geophysik der Saturnmonde würden die endgültigen Tests bereitstellen.

“Unser Modell macht klare Vorhersagen darüber, wie Titan zusammengefügt wurde, woraus die mittelgroßen Monde bestehen und wie sie als schnell rotierende Klumpen aus eisreichem Material begannen”, sagte er. “Also ist es überprüfbar. Diese kleinen Monde könnten die Anhaltspunkte geben, die uns sagen, was passierte und wann es passierte.”

Diese Forschungsarbeit wurde von der NASA, der University of California und der Swiss National Science Foundation finanziert.

Quelle: http://news.ucsc.edu/2012/10/saturn-moons.html

(THK)

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