Außerirdische Zivilisationen: Über die Aussagekraft der berühmten Drake-Formel

Claudio Maccone erläutert die Drake-Formel. (SETI League)
Claudio Maccone erläutert die Drake-Formel. (SETI League)

Im Raumfahrtzeitalter war 1961 ein besonderes Jahr: der russische Kosmonaut Juri Gagarin wurde der erste Mensch, der die Erde umkreiste, während der amerikanische Astronom Frank Drake die jetzt berühmte Drake-Formel entwickelte. Diese Formel schätzt die Anzahl der auffindbaren extraterrestrischen Zivilisationen in unserer Milchstraße unter Berücksichtigung unserer heutigen elektromagnetischen Nachweismethoden.

Die Drake-Formel lautet wie folgt:

N = Ns * ƒp * ne * ƒl * ƒi * ƒc * ƒL

 

N = Anzahl der außerirdischen Zivilisationen in der Milchstraße
Ns = geschätzte Anzahl der Sterne in der Milchstraße
ƒp = Prozentsatz dieser Sterne mit umkreisenden Planeten
ne = durchschnittliche Anzahl dieser Planeten mit dem Potenzial, Leben wie wir es kennen zu beherbergen
ƒl = Prozentsatz dieser Planeten, die tatsächlich Leben entwickeln
ƒi = Prozentsatz dieser Planeten, die tatsächlich intelligentes Leben auf menschlichem Level entwickeln
ƒc = Prozentsatz dieser Zivilisationen, die tatsächlich Technologien entwickeln, welche elektromagnetische Strahlung emittieren
ƒL = Prozentsatz dieser Zivilisationen, die fortwährend elektromagnetische Signale in den Weltraum senden. Dieser Faktor ist extrem abhängig von der Lebensdauer, in der eine Zivilisation elektromagnetisch kommunikativ bleibt.

Wenn man die Faktoren der Drake-Formel betrachtet, ist es offensichtlich, dass keiner von der modernen Wissenschaft präzise bestimmt werden kann. Mehr noch, wenn wir die Formel von links nach rechts durchgehen, wird die Schätzung jedes [folgenden] Faktors kontroverser. Die letzten Terme sind hochspekulativ und die Werte, die man ihnen zuordnet, sagen möglicherweise mehr über den Glauben einer Person aus als über wissenschaftliche Fakten.

Aber die Drake-Formel darf nicht nur aufgrund der numerischen Werte beurteilt werden, die sie produziert. Manche sagen, die Drake-Formel sei ein Weg, um unsere Ignoranz zu ordnen. Durch die mathematische Beschreibung der Hypothese über extraterrestrische Intelligenzen begrenzen wir die realen Möglichkeiten auf jeden Term und nähern uns der endgültigen Antwort: Wie viele fremde Zivilisationen gibt es dort draußen?

Der L-Term wird als der wichtigste in der Drake-Formel angesehen. Wir haben keine Ahnung, wie lange eine technologische Zivilisation überdauern kann. Selbst wenn nur eine einzige extraterrestrische Zivilisation Milliarden Jahre überdauert oder unsterblich wird, würde der L-Faktor groß genug werden, um die Drake-Formel auf N = L zu reduzieren. Frank Drake hat das erkannt und sogar auf seinem Nummernschild festgehalten: „NEQLSL“.

Unter Dutzenden Abhandlungen, die über die Drake-Formel verfasst wurden, haben einige neue Annahmen für die Formel vorgeschlagen. Eine dieser Abhandlungen fügt gängige statistische Wahrscheinlichkeitsprinzipien hinzu. Im Jahr 2010 veröffentlichte der italienische Astronom Claudio Maccone im Journal Acta Astronautica die statistische Drake-Formel (Statistical Drake Equation, SDE). Sie ist mathematisch gesehen komplexer und robuster als die klassische Drake-Formel (Classical Drake Equation, CDE).

Die SDE basiert auf dem zentralen Grenzwertsatz (Central Limit Theorem). Er besagt, dass – bei ausreichender Zahl gegebener, unabhängiger Zufallsvariablen mit endlichen Mittelwerten und Abweichungen – sich diese Variablen normal verteilen, so wie es durch eine Gauß- oder Bell-Kurve dargestellt wird. Auf diese Weise werden die sieben Faktoren in der Drake-Formel unabhängige, positive Zufallsvariablen. In seiner Abhandlung testete Maccone seine SDE mit Werten, die von der SETI-Gemeinschaft weithin akzeptiert werden und die Ergebnisse könnten gute Nachrichten für die „Alien-Jäger“ sein.

Gauß- oder Bell-Kurve, die die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung der nächstgelegenen außerirdischen Zivilisation zeigt. (Maccone 2010)
Gauß- oder Bell-Kurve, die die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung der nächstgelegenen außerirdischen Zivilisation zeigt. (Maccone 2010)

Obwohl die numerischen Ergebnisse nicht seine Zielvorgabe waren, schätzte Maccone mit seiner SDE, dass unsere Galaxie möglicherweise 4.590 extraterrestrische Zivilisationen beherbergen könnte. Mit denselben Werten für jeden Faktor kommt die klassische Drake-Formel nur auf 3.500 Zivilisationen. Die SDE ergänzt die vorherige Schätzung also um mehr als 1.000 Zivilisationen.

Ein anderer Vorteil der SDE ist die Einbeziehung der Standardabweichung, die zeigt, wie viel Abweichung vom Durchschnittswert vorhanden ist. In diesem Fall ist die Standardabweichung recht hoch: 11.195. Mit anderen Worten, neben der Menschheit könnten zwischen Null und 15.785 fortgeschrittene technologische Gesellschaften in der Milchstraße existieren. (Anm. d. Red.: Der Maximalwert ergibt sich durch Addition der geschätzten Anzahl von 4.590 Zivilisationen und der Standardabweichung von 11.195.)

Wenn diese galaktischen Gesellschaften gleichmäßig verteilt sind, könnten sie durchschnittlich 28.845 Lichtjahre auseinander liegen. Das ist zu weit, um mit ihnen zu kommunizieren, sogar mittels elektromagnetischer Strahlung, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Deswegen wäre die interstellare Kommunikation sogar mit einer potenziell hohen Anzahl fortschrittlicher Zivilisationen immer noch eine große technologische Herausforderung.

Der SDE zufolge beträgt die durchschnittliche Entfernung, in der wir die Entdeckung einer außerirdischen, intelligenten Lebensform erwarten sollten, 2.670 Lichtjahre. Es gibt eine 75-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass wir sie in einer Entfernung zwischen 1.361 und 3.979 Lichtjahren finden könnten.

In einer Distanz von 500 Lichtjahren nähert sich die Wahrscheinlichkeit, irgendein Signal von einer fortgeschrittenen Zivilisation zu registrieren, dem Wert Null. Und das ist exakt der Bereich, in dem unsere heutige Technologie nach extraterrestrischen Radiosignalen sucht. Also ist die von unseren Radioteleskopen registrierte „große Stille“ nicht wirklich entmutigend. Unsere Signale müssen nur ein wenig weiter reisen – mindestens 900 Lichtjahre oder mehr -, bevor sie mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf eine fortgeschrittene, fremde Zivilisation treffen [würden].

Quelle: http://www.astrobio.net/exclusive/5177/at-last-how-many-alien-civilizations-are-there

(THK)

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