Fermi beweist, dass Supernova-Überreste kosmische Strahlen produzieren

Der Supernova-Überrest IC 443. Fermis Gamma-Beobachtungen sind in magenta dargestellt. Optische Wellenlängen sind gelb. Blaue, cyane, grüne und rote Farbtöne kennzeichnen Infrarotdaten des WISE-Teleskops. (NASA / DOE / Fermi LAT Collaboration, NOAO / AURA / NSF, JPL-Caltech / UCLA)
Der Supernova-Überrest IC 443. Fermis Gamma-Beobachtungen sind in magenta dargestellt. Optische Wellenlängen sind gelb. Blaue, cyane, grüne und rote Farbtöne kennzeichnen Infrarotdaten des WISE-Teleskops. (NASA / DOE / Fermi LAT Collaboration, NOAO / AURA / NSF, JPL-Caltech / UCLA)

Eine neue Studie unter Verwendung von Beobachtungen des Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA offenbart den ersten eindeutigen Beweis dafür, dass die expandierenden Überreste explodierter Sterne eine der sich am schnellsten bewegenden Materien im Universum produzieren. Diese Entdeckung ist ein wichtiger Schritt für das Verständnis über den Ursprung von kosmischen Strahlen, einem Hauptziel der Fermi-Mission.

“Wissenschaftler haben seit ihrer Entdeckung vor einem Jahrhundert versucht, die Quellen der hochenergetischen kosmischen Strahlen zu finden”, sagte Elizabeth Hays, ein Mitglied des Forschungsteams und stellvertretende Projektwissenschaftlerin für Fermi am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). “Jetzt haben wir schlüssige Beweise dafür, dass Supernova-Überreste – lange Zeit die Hauptverdächtigen – tatsächlich kosmische Strahlen auf unglaubliche Geschwindigkeiten beschleunigen.”

Kosmische Strahlen sind subatomare Teilchen, die sich fast mit Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum bewegen. Etwa 90 Prozent von ihnen sind Protonen, der Rest besteht aus Elektronen und Atomkernen. Auf ihrer Reise durch die Galaxie werden die elektrisch geladenen Teilchen von Magnetfeldern abgelenkt. Das verzerrt ihre Bahnen und macht es unmöglich, ihre Ursprünge direkt zu lokalisieren. Durch eine Vielzahl von Mechanismen können diese schnellen Teilchen die Emission von Gammastrahlen hervorrufen, die energiereichste Form von Licht und ein Signal, dass von seiner Quelle direkt zu uns gelangt.

Seit seinem Start im Jahr 2008 hat das Large Area Telescope (LAT) an Bord von Fermi Gammastrahlen von Supernova-Überresten im Megaelektronen- bis Gigaelektronenvolt-Bereich (eine Million bis eine Milliarde Volt) kartiert. Zum Vergleich: Die Energie von sichtbarem Licht liegt zwischen zwei und drei Elektronenvolt. Die Fermi-Ergebnisse beziehen sich auf zwei bestimmte Supernova-Überreste, die als IC 443 und W44 bekannt sind. Sie wurden von Wissenschaftlern untersucht, um zu beweisen, dass Supernova-Überreste kosmische Strahlen produzieren. IC 443 und W44 expandieren in kalte, dichte Wolken aus interstellarem Gas hinein. Diese Wolken emittieren Gammastrahlen, wenn sie von Hochgeschwindigkeitsteilchen getroffen werden, die aus den Überresten entkommen.

Wissenschaftler konnten bisher nicht bestimmen, welche atomaren Teilchen für die Emissionen aus den interstellaren Gaswolken verantwortlich sind, weil die Protonen und Elektronen der kosmischen Strahlen Gammastrahlen mit vergleichbaren Energien hervorrufen. Nach Analyse der Daten aus vier Beobachtungsjahren erkennen die Fermi-Wissenschaftler ein unterscheidbares Merkmal in den Gammastrahlungsemissionen beider Überreste. Das Merkmal wird von einem kurzlebigen Teilchen – einem neutralen Pion – verursacht, das erzeugt wird, wenn Protonen aus kosmischen Strahlen mit gewöhnlichen Protonen kollidieren. Das Pion zerfällt schnell in zwei Gammastrahlen – eine Emission, die eine rasante und charakteristische Abnahme bei niedrigen Energien zeigt. Die Grenze am unteren Ende dient als Fingerabdruck und liefert deutliche Beweise dafür, dass die Verdächtigen in IC 443 und W44 Protonen sind. Die Ergebnisse wurden in der Freitagsausgabe des Journals Science veröffentlicht.

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Video-Link: https://youtu.be/zkzqzmyPGnc

Video-Zusammenfassung der neuen Erkenntnisse. (NASA / Goddard Space Flight Center)

“Die Entdeckung ist der eindeutige Beweis dafür, dass diese zwei Supernova-Überreste beschleunigte Protonen produzieren”, sagte der leitende Forscher Stefan Funk, ein Astrophysiker vom Kavli Institute for Particle Astrophysics and Kosmology der Stanford University in Kalifornien. “Jetzt können wir daran arbeiten besser zu verstehen, wie die Überreste diesen Kraftakt vollbringen und bestimmen, ob der Prozess in allen Überresten abläuft, bei denen wir Gammastrahlungsemissionen sehen.”

Im Jahr 1949 schlug der Physiker und Namenspate des Fermi-Teleskops, Enrico Fermi, vor, dass die energiereichsten kosmischen Strahlen in den Magnetfeldern von interstellaren Gaswolken beschleunigt wurden. In den folgenden Jahrzehnten zeigten Astronomen, dass Supernova-Überreste die aussichtsreichsten Kandidaten für diesen Prozess in der Galaxie sind.

Ein geladenes Teilchen, das im Magnetfeld eines Supernova-Überrests gefangen ist, bewegt sich zufällig durch das Feld und durchquert gelegentlich die erste Schockwelle der Explosion. Jede Reise durch die Schockwelle erhöht die Geschwindigkeit des Teilchens um etwa ein Prozent. Nach vielen Passagen besitzt das Teilchen genug Energie, um auszubrechen und als neu geborener kosmischer Strahl in die Galaxie zu entkommen.

Der Supernova-Überrest IC 443, besser bekannt als der Jellyfish Nebula (etwa: “Quallen-Nebel”), liegt rund 5.000 Lichtjahre entfernt in Richtung des Sternbildes Gemini (Zwillinge) und ist ungefähr 10.000 Jahre alt. W44 befindet sich circa 9.500 Lichtjahre entfernt in Richtung des Sternbildes Aquila (Adler) und wird auf ein Alter von 20.000 Jahren geschätzt. Beide stellen die expandierenden Schockwellen und Überreste dar, die sich durch die Explosion eines Sterns bildeten. Die Fermi-Entdeckung stützt sich auf überzeugende Hinweise für den Zerfall neutraler Pionen in W44, was vom AGILE Gammastrahlen-Observatorium der Italian Space Agency beobachtet und Ende 2011 veröffentlicht wurde.

Das Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA ist eine Partnerschaft von Astrophysikern und Teilchenphysikern. Das Goddard Space Flight Center betreibt Fermi. Das Teleskop wurde in Zusammenarbeit mit dem US-Energieministerium entwickelt. Wichtige Beiträge leisteten akademische Einrichtungen und Partner aus den Vereinigten Staaten, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan und Schweden.

Quelle: http://www.nasa.gov/mission_pages/GLAST/news/supernova-cosmic-rays.html

(THK)

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