Exoplanetenforschung: Heiße Jupiter in der Petrischale

Dieses Bild zeigt Heather Knutson in einem Labor am California Institute of Technology in Pasadena. Ein computergeneriertes Bild eines heißen Jupiters wurde digital in das Bild eingefügt. Tatsächlich arbeitet Knutson nicht im Labor und trägt weder Laborkittel noch Schutzbrille, sondern durchforstet Teleskopdaten auf ihrem Computer im Büro. (NASA / JPL-Caltech)
Dieses Bild zeigt Heather Knutson in einem Labor am California Institute of Technology in Pasadena. Ein computergeneriertes Bild eines heißen Jupiters wurde digital in das Bild eingefügt. Tatsächlich arbeitet Knutson nicht im Labor und trägt weder Laborkittel noch Schutzbrille, sondern durchforstet Teleskopdaten auf ihrem Computer im Büro. (NASA / JPL-Caltech)

Unsere Galaxie besitzt eine große Vielfalt an Planeten: Neben den acht Planeten unseres Sonnensystems sind mehr als 800 sogenannte Exoplaneten bekannt, die andere Sterne als unsere Sonne umkreisen. Eine der ersten entdeckten „Arten“ von Exoplaneten waren die heißen Jupiter (hot Jupiters), auch „Roaster“ (etwa: „Röster“) genannt. Es sind Gasriesen wie Jupiter, aber sie umkreisen ihre Sterne in geringen Entfernungen, so dass sie in deren Hitze glühen.

Dank des Spitzer Space Telescope der NASA beginnen Wissenschaftler mit der Sezierung dieser exotischen Planetenklasse und decken tobende Winde und andere Aspekte ihrer turbulenten Natur auf. Eine Wendung der jüngsten Forschung ist das breite Spektrum der Klimata auf den Planeten. Manche sind in einen Dunstschleier gehüllt, während andere klar sind. Ihre Temperaturprofile, Chemie und Dichten unterscheiden sich ebenfalls.

„Die heißen Jupiter sind schwer zu begreifen. Sie passen nicht exakt in unsere Modelle und sind vielfältiger, als wir dachten“, sagte Nikole Lewis vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge. Sie ist die leitende Autorin einer neuen Spitzer-Studie im Astrophysical Journal, die einen dieser heißen Jupiter namens HAT-P-2b untersucht. „Wir fangen gerade an, die Puzzleteile zusammenzusetzen und herauszufinden, was auf diesen Planeten geschieht. Und wir wissen immer noch nicht, wie das endgültige Bild aussehen wird.“

Der allererste Exoplanet, der im Orbit um einen sonnenähnlichen Stern gefunden wurde, war ein heißer Jupiter mit der Bezeichnung 51 Pegasi b. Schweizer Astronomen entdeckten ihn 1995 mit der Radialgeschwindigkeitsmethode, die das „Wackeln“ eines Sterns aufgrund der Gravitation eines Planeten misst. Weil heiße Jupiter massereich sind und ihre Sterne schnell umkreisen, sind sie mit dieser Methode am einfachsten nachzuweisen. Bald folgten Dutzende Entdeckungen von heißen Jupitern. Zuerst dachten die Wissenschaftler, dass sie eine häufigere Konfiguration fremder Planetensysteme in unserer Galaxie darstellen. Aber neue Forschungen, darunter die des NASA-Weltraumteleskops Kepler, haben gezeigt, dass sie relativ selten sind.

Im Jahr 2005 waren die Gelehrten aufgeregt, als Spitzer das erste Teleskop wurde, das Licht von einem Exoplaneten empfing. Spitzer beobachtete das infrarote Licht von einem Stern und dessen Planeten – einem heißen Jupiter -, als der Planet hinter dem Stern verschwand. Dieses Ereignis bezeichnet man als „Secondary Eclipse“ und einmal mehr funktioniert diese Methode am besten bei heißen Jupitern, weil sie die größten und heißesten Planeten sind.

Neben der Beobachtung von heißen Jupitern, die hinter ihren Sternen verschwinden, nutzen Forscher Spitzer auch dafür, die Planeten bei der vollständigen Umrundung ihrer Sterne zu verfolgen. Das erlaubt ihnen, globale Klimakarten zu erstellen und aufzudecken, wie sich die Atmosphären auf ihren heißen, sonnenzugewandten Seiten von ihren kühleren Nachtseiten unterscheiden, beispielsweise durch starke Winde. Heiße Jupiter besitzen oft eine gebundene Rotation, so dass eine Seite immer dem Stern zugewandt ist, so wie unser Mond der Erde immer dieselbe Seite zeigt. Seit dieser ersten Beobachtung hat Spitzer die Atmosphären Dutzender heißer Jupiter und sogar einiger kleinerer Planeten untersucht und Anhaltspunkte über deren Zusammensetzungen und Klimata geliefert.

„Als Spitzer im Jahr 2003 startete, konnten wir nicht ahnen, dass es sich als Gigant auf dem Gebiet der Erforschung von Exoplaneten erweisen würde“, sagte Michael Werner, Spitzer-Projektwissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien). „Jetzt dringen wir weiter in das Gebiet der vergleichenden Planetenforschung vor, wo wir diese Objekte als Klasse betrachten können und nicht nur als Einzelexemplare.“

In der neuen Studie führten Lewis und ihre Kollegen die bisher längste Observierung eines heißen Jupiters durch. Das Infrarotteleskop beobachtete das System HAT-P-2 durchgehend sechs Tage lang und sah den Planeten vor seinem Stern vorbeiziehen, hinter ihm verschwinden und dann wieder auf der anderen Seite erscheinen, was eine vollständige Umkreisung darstellt. Was die Beobachtung für die Wissenschaftler noch aufregender macht, ist die exzentrische Umlaufbahn des Planeten, die der eines Kometen gleicht. Sie bringt ihn bis auf 4,5 Millionen Kilometer an den Stern heran und trägt ihn bis zu 15 Millionen Kilometer von ihm weg. Zum Vergleich: Merkur ist etwa 58 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt.

„Es ist, als ob uns die Natur mit diesem System ein perfektes Laborexperiment gegeben hätte“ sagte Heather Knutson vom California Institute of Technologe in Pasadena (Kalifornien), eine Co-Autorin der neuen Studie. „Weil die Entfernung des Planeten von dem Stern variiert, können wir sehen, wie schnell er sich aufheizt und abkühlt – so als würde man den Hitzeregler auf unserem Planeten hochdrehen und abwarten, was passiert.“ Knutson leitete im Jahr 2007 das erste Team, das eine globale „Wetter“-Karte eines heißen Jupiters namens HD 189733 b erstellte.

Die neue Studie über HAT-P-2b ist auch eine der ersten, die bei der Beobachtung eines vollständigen Orbits eines heißen Jupiters multiple Infrarot-Wellenlängen anstelle einer einzigen verwenden. Das ermöglicht den Forschern, in verschiedene Atmosphärenschichten des Planeten zu blicken. Die Ergebnisse enthüllen, dass HAT-P-2b etwa einen Tag benötigt, um sich aufzuheizen, wenn er sich dem heißesten Teil seiner Umlaufbahn nähert. Dann braucht er rund vier Tage, um sich abzukühlen, wenn er sich wieder entfernt. Er zeigt außerdem eine Temperaturinversion – eine heißere, höhere Gasschicht -, wenn er seinem Stern am nächsten steht. Auch scheint sich die Kohlenstoffchemie des Planeten auf unerwartete Weise zu verhalten, was die Astronomen noch versuchen zu verstehen.

„Diese Planeten sind viel heißer und dynamischer als unser eigener Jupiter, der im Vergleich dazu geradezu schwerfällig ist. Starke Winde bringen Materie von unten nach oben und die Chemie verändert sich ständig“, sagte Lewis. Eine andere Herausforderung beim Verständnis der heißen Jupiter liegt in der Durchsuchung der Daten. Lewis sagte, die sechstägige Beobachtung mit Spitzer habe dem Team zwei Millionen Datenpunkte für die Kartierung gebracht, wobei das Störrauschen der Instrumente sorgfältig entfernt werden musste. „Die Theorien werden niedergeschossen“, sagte Nick Cowan von der Northwestern University in Evanston (Illinois), ein Co-Autor der Studie über HAT-P-2b. „Im Moment ist es wie der wilde, wilde Westen.“

Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena (Kalifornien) betreibt die Spitzer Space Telescope Mission für das Science Mission Directorate in Washington. Die wissenschaftlichen Operationen werden vom Spitzer Science Center am California Institute of Technology in Pasadena durchgeführt. Die Daten werden im Infrared Science Archiv des Infrared Processing and Analysis Center am Caltech archiviert. Das Caltech betreibt das JPL für die NASA.

Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?release=2013-155

(THK)

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