Astronomen beantworten Schlüsselfrage: Wie häufig sind habitable Planeten?

Künstlerische Darstellung der habitablen Zone um einen Stern. Das ist der Bereich der Umlaufbahnen, in dem flüssiges Wasser auf der Oberfläche eines Planeten existieren kann. Die Autoren der neuen Studie stellten fest, dass 22 Prozent der sonnenähnlichen Sterne einen erdgroßen Planeten in ihren habitablen Zonen besitzen. (Petigura / UC Berkeley, Howard / UH-Manoa, Marcy / UC Berkeley)
Künstlerische Darstellung der habitablen Zone um einen Stern. Das ist der Bereich der Umlaufbahnen, in dem flüssiges Wasser auf der Oberfläche eines Planeten existieren kann. Die Autoren der neuen Studie stellten fest, dass 22 Prozent der sonnenähnlichen Sterne einen erdgroßen Planeten in ihren habitablen Zonen besitzen. (Petigura / UC Berkeley, Howard / UH-Manoa, Marcy / UC Berkeley)

Das NASA-Weltraumteleskop Kepler, jetzt verhindert und am Ende seiner vierjährigen Mission, hat genug Daten geliefert, um seine wichtigste Forschungsfrage zu beantworten: Wie viele der 200 Milliarden Sterne in unserer Galaxie besitzen potenziell habitable Planeten? Basierend auf statistischen Analysen der gesamten Kepler-Beobachtungen schätzen Astronomen der UC Berkeley und der University of Hawaii jetzt, dass einer von fünf sonnenähnlichen Sternen erdgroße Planeten mit Oberflächentemperaturen besitzt, die Leben begünstigen.

Davon ausgehend, dass etwa 20 Prozent aller Sterne sonnenähnlich sind, führe das den Forschern zufolge zu vielen Milliarden potenziell habitabler, erdgroßer Planeten in der Milchstraßen-Galaxie. “Wenn man zu den tausenden Sternen am Nachthimmel hinaufblickt, ist der nächstgelegene sonnenähnliche Stern mit einem erdgroßen Planeten in seiner habitablen Zone wahrscheinlich nur zwölf Lichtjahre entfernt und kann mit bloßem Auge beobachtet werden. Das ist erstaunlich”, sagte der Doktorand Erik Petigura von der UC Berkeley, der die Analyse der Kepler-Daten leitete.

“Seit der Entdeckung des ersten extrasolaren Planeten um einen normalen Stern sind fast 20 Jahre vergangen. Seitdem haben wir erfahren, dass die meisten Sterne Planeten von irgendeiner Größe besitzen, die sie umkreisen, und dass erdgroße Planeten relativ häufig in engen Umlaufbahnen vorkommen, welche zu heiß für Leben sind”, sagte Andrew Howard, ein früherer Postdoktorand von der UC Berkeley und jetzt an der Fakultät des Institute for Astronomy an der University of Hawaii in Manoa. “Mit diesem Ergebnis sind wir in gewisser Weise heimgekehrt, indem wir gezeigt haben, dass Planeten wie unsere Erde in der Milchstraßen-Galaxie relativ häufig anzutreffen sind.”

Petigura, Howard und Geoffrey Marcy, ein Professor für Astronomie an der UC Berkeley, werden ihre Analyse und Ergebnisse diese Woche in der Online-Ausgabe des Journals Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichen.

Erdgroß bedeutet nicht zwangsläufig bewohnbar

“Für die NASA ist diese Entdeckung wirklich wichtig, weil zukünftige Missionen versuchen werden, ein echtes Bild von einem Planeten aufzunehmen, und die Größe der Teleskope, die sie dafür bauen muss, hängt davon ab, wie nah die nächstgelegenen erdgroßen Planeten sind”, sagte Howard. “Das häufige Vorkommen von Planeten, die nahe Sterne umkreisen, vereinfacht solche Nachfolgemissionen.”

Das Team betonte, dass erdgroße Planeten in Umlaufbahnen von der Größe der Erdumlaufbahn nicht zwangsläufig geeignet für Leben sind – sogar dann nicht, wenn sie sich in der habitablen Zone um einen Stern befinden, wo die Temperatur weder zu heiß noch zu kalt ist. “Einige könnten dichte Atmosphären besitzen, die ihre Oberflächen so heiß machen, dass DNA-ähnliche Moleküle nicht überleben würden. Andere haben möglicherweise eine Gesteinsoberfläche, die flüssiges Wasser beherbergen könnte, was lebende Organismen unterstützen würde”, sagte Marcy. “Wir wissen nicht, welche Planetentypen und ihre Umgebungen förderlich für Leben sind.”

Vergangene Woche gaben Howard, Marcy und ihre Kollegen Anlass zur Hoffnung, dass viele dieser Planeten tatsächlich aus Gestein bestehen und flüssiges Wasser unterstützen könnten. Sie berichteten, dass ein von Kepler entdeckter, erdgroßer Planet die gleiche Dichte wie die Erde aufweist und wie sie höchstwahrscheinlich aus Gestein und Eisen besteht. (Der Planet hat allerdings vermutlich eine Temperatur von 2.000 Kelvin, was viel zu heiß ist für Leben, wie wir es kennen.) “Das gibt uns etwas Sicherheit, dass die von Erik beschriebenen Planeten erdgroße Gesteinsplaneten sein könnten, wenn wir in die habitable Zone betrachten”, sagte Howard.

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Video-Link: https://youtu.be/88lkoyOrSJc

Kurzes Video über die Ergebnisse der neuen Studie. (Animation by Petigura / UC Berkeley, Howard / IfA, Marcy / UC Berkeley, Illumina Studios)

Vorbeiziehende Planeten

Im Jahr 2009 startete die NASA das Kepler-Weltraumteleskop, um nach Planeten außerhalb des Sonnensystems zu suchen, die vor ihren Sternen vorbeiziehen (Transit genannt), was eine geringe Helligkeitsabnahme des Sterns verursacht – etwa in der Größenordnung von einem Hundertstel Prozent. Unter den mehr als 150.000 Sternen, die vier Jahre lang alle 30 Minuten fotografiert wurden, fand das Kepler-Team über 3.000 Planeten-Kandidaten. Viele davon sind deutlich größer als die Erde; sie rangieren zwischen großen Planeten mit dichten Atmosphären wie Neptun und Gasriesen wie Jupiter. Oder sie befinden auf so engen Umlaufbahnen um ihre Sterne, dass sie geröstet werden.

Für das Aussortieren verwenden Petigura und seine Kollegen die Keck-Teleskope auf Hawaii, um Spektren von möglichst vielen Sternen zu bekommen. Das wird den Forschern helfen, die tatsächliche Helligkeit jedes Sterns zu bestimmen und den Durchmesser jedes vorbeiziehenden Planeten zu berechnen, wobei der Schwerpunkt auf Planeten mit dem Erddurchmesser liegt.

Unabhängig davon konzentrierten sich Petigura, Howard und Marcy auf die 42.000 Sterne, sie sonnenähnlich oder geringfügig kühler und kleiner als die Sonne sind, und fanden 603 Planeten-Kandidaten, die sie umkreisen. Nur zehn von ihnen sind so groß wie die Erde (das bedeutet den ein- bis zweifachen Erddurchmesser) und umkreisen ihre Sterne in einer Distanz, wo sie auf lauwarme Temperaturen erwärmt werden, die Leben begünstigen. Die Definition des Teams zu dem Begriff “habitabel” ist, dass ein Planet zwischen einem Viertel und dem Vierfachen der Lichtmenge erhält, die die Erde von der Sonne empfängt.

Ein Zensus extrasolarer Planeten

Was die Analyse des Teams von bisherigen Analysen der Kepler-Daten unterscheidet ist, dass die Forscher Petiguras Algorithmen zur Planetenentdeckung einer Reihe von Tests unterzogen, um zu messen, wie viele erdgroße Planeten in habitablen Zonen sie übersehen. Petigura fügte falsche Planeten in die Kepler-Daten ein, um herauszufinden, welche davon seine Software entdecken konnte und welche nicht.

“Wir führen eine Bestandsaufnahme extrasolarer Planeten durch, aber wir können nicht an jede Tür klopfen. Erst nach dem Hinzufügen der falschen Planeten und der Messung, wie viele wir tatsächlich gefunden hatten, konnten wir die Anzahl der von uns übersehenen, echten Planeten bestimmen”, sagte Petigura.

Unter Berücksichtigung der übersehenen Planeten und der Tatsache, dass nur ein kleiner Bruchteil der Planeten so ausgerichtet ist, dass sie von der Erde aus gesehen vor ihren Sternen vorbeiziehen, konnten die Wissenschaftler schätzen, dass etwa 22 Prozent aller sonnenähnlichen Sterne in der Milchstraßen-Galaxie erdgroße Planeten in ihren habitablen Zonen besitzen.

“Das Hauptziel der Kepler-Mission war es, folgende Frage zu beantworten: Wenn man in den Nachthimmel schaut, welcher Anteil der sichtbaren Sterne besitzt erdgroße Planeten mit lauwarmen Temperaturen, so dass Wasser nicht zu Eis gefrieren oder verdampfen würde, sondern flüssig bliebe? Flüssiges Wasser wird jetzt als Voraussetzung für Leben angesehen”, sagte Marcy. “Bis jetzt wusste niemand genau, wie häufig potenziell habitable Planeten um sonnenähnliche Sterne in der Galaxie vorkommen.”

Alle potenziell habitablen Planeten, die in der Studie des Teams entdeckt wurden, kreisen um K-Sterne, die kühler und etwas kleiner als die Sonne sind. Aber die Analyse der Forscher zeigt, dass das Ergebnis für K-Sterne auf G-Sterne wie die Sonne extrapoliert werden kann. Hätte Kepler eine erweiterte Mission durchführen können, hätte es genug Daten gesammelt, um eine Handvoll erdgroßer Planeten in den habitablen Zonen von Sternen des G-Typs direkt nachzuweisen.

“Wenn die Sterne im Kepler-Feld repräsentativ für die Sterne in der Nachbarschaft der Sonne sind, dann gehen wir davon aus, dass der nächste (erdgroße) Planet einen Stern umkreist, der weniger als zwölf Lichtjahre von der Erde entfernt ist und mit bloßem Auge gesehen werden kann”, schreiben die Forscher in ihrer Abhandlung. “Zukünftige Instrumente, die Bilder und Spektren dieser Erden aufnehmen, müssen nur ein paar Dutzend nahe Sterne beobachten, um eine Stichprobe erdgroßer Planeten zu erhalten, die sich in den habitablen Zonen ihrer Zentralsterne befinden.”

Im Januar berichtete das Team über eine ähnliche Analyse der Kepler-Daten nach glühend heißen Planeten, die ihre Sterne in engen Umlaufbahnen umkreisen. Die neue, vollständigere Analyse zeigt, dass “die Natur genau so viele Planeten in habitablen Umlaufbahnen hervorbringt wie in engen Umlaufbahnen”, sagte Howard.

Die Forschungsarbeit wurde von der UC Berkeley und der National Science Foundation finanziert, mit Unterstützung des W.M. Keck Observatory und der NASA.

Quelle: http://newscenter.berkeley.edu/2013/11/04/astronomers-answer-key-question-how-common-are-habitable-planets/

(THK)

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