Chandra beobachtet ein extrem energiereiches supermassives Schwarzes Loch

Der Galaxienhaufen RX J1532.9+3021. Violette Farbtöne kennzeichnen das Vorhandensein von heißem Gas, basierend auf Daten des Chandra X-ray Observatory. Optische Daten des Hubble Space Telescope werden in gelb dargestellt. (X-ray: NASA / CXC / Stanford / J. Hlavacek-Larrondo et al, Optical: NASA / ESA / STScI / M. Postman & CLASH Team)
Der Galaxienhaufen RX J1532.9+3021. Violette Farbtöne kennzeichnen das Vorhandensein von heißem Gas, basierend auf Daten des Chandra X-ray Observatory. Optische Daten des Hubble Space Telescope werden in gelb dargestellt. (X-ray: NASA / CXC / Stanford / J. Hlavacek-Larrondo et al, Optical: NASA / ESA / STScI / M. Postman & CLASH Team)

Astronomen haben das Chandra X-ray Observatory der NASA und eine Reihe anderer Teleskope verwendet, um eines der energiereichsten Schwarzen Löcher zu enthüllen, das der Wissenschaft bekannt ist. Das Schwarze Loch hat riesige Strukturen innerhalb des Gases erschaffen, das es umgibt, und es verhinderte die Entstehung von Billionen Sternen.

Das Schwarze Loch liegt in einem Galaxienhaufen mit der Bezeichnung RX J1532.9+3021 (kurz RX J1532), etwa 3,9 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Das nebenstehende Bild ist ein Komposit aus Röntgendaten von Chandra (violett), die heißes Gas in dem Galaxienhaufen offenbaren, und optischen Daten des Hubble Space Telescope, welche die Galaxien in gelb zeigen. Der Galaxienhaufen leuchtet sehr hell im Röntgenbereich, was dafür spricht, dass er extrem massereich ist – seine Masse beträgt etwa eine Billiarde (1.000 Billionen) Sonnenmassen. Im Zentrum des Galaxienhaufens liegt eine große elliptische Galaxie, die das supermassive Schwarze Loch beherbergt.

Die enorme Menge heißen Gases nahe des Zentrums des Galaxienhaufens ist ein Rätsel. Heißes Gas, das im Röntgenbereich leuchtet, sollte sich abkühlen, und das dichte Gas im Zentrum des Galaxienhaufens sollte sich am schnellsten abkühlen. Der Druck in diesem kühlen, zentralen Gasvorkommen sollte dann abfallen und weiter entferntes Gas in Richtung der Galaxie fallen lassen, wobei entlang der Wegstrecke Billionen Sterne entstehen sollten. Astronomen haben jedoch keinen Hinweis auf diesen sogenannten Starburst im Zentrum dieses Galaxienhaufens gefunden.

Dieses Problem wurde in vielen Galaxienhaufen beobachtet, aber RX J1532 ist ein Extremfall, bei dem die Abkühlung des Gases aufgrund der hohen Gasdichte nahe des Zentrums besonders stark ausfallen sollte. Von den tausenden bekannten Galaxienhaufen ist weniger als ein Dutzend so extrem wie RX J1532. Der Phoenix-Galaxienhaufen ist der extremste, in dem im Gegensatz dazu eine große Anzahl Sterne bei der Entstehung beobachtet wurde.

Was stoppt die Entstehung einer Vielzahl von Sternen in RX J1532? Bilder des Chandra X-ray Observatory und des Karl G. Jansky Very Large Array (VLA) der National Science Foundation haben eine Antwort auf diese Frage geliefert. Das Röntgenbild zeigt zwei große Leerräume in dem heißen Gas auf jeder Seite der Zentralgalaxie. Die Chandra-Aufnahme wurde speziell bearbeitet, um die Leerräume hervorzuheben. Beide Leerräume sind an Jets ausgerichtet, die auf den Radiobildern des Very Large Array sichtbar sind. Die Position des supermassiven Schwarzen Lochs zwischen den Leerräumen ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich die überschallschnellen Jets des Schwarzen Lochs in das heiße Gas hineingebohrt und es weggedrückt haben, wodurch die Leerräume entstanden.

Die expandierenden Leerräume und die Freisetzung von Energie durch Schallwellen, die das heiße Gas durchlaufen, erzeugen Schockwellen ähnlich einem Überschallknall. Die Schockwellen liefern eine Hitzequelle, die den Großteil des Gases daran hindert, sich abzukühlen und neue Sterne zu bilden. Die Leerräume sind jeweils etwa 100.000 Lichtjahre groß, das entspricht ungefähr dem Durchmesser der Milchstraßen-Galaxie. Die zur Erzeugung der Leerräume notwendige Energiemenge gehört zu den höchsten Energiemengen, die in Galaxienhaufen beobachtet wurden. Die Energiemenge ist beispielsweise fast zehnmal höher als jene, die zur Erzeugung der wohlbekannten Leerräume im Perseus-Galaxienhaufen erforderlich waren.

Die Energie, welche die Jets antreibt, muss durch Materie erzeugt worden sein, die in Richtung des Schwarzen Lochs fällt. Trotzdem wurde keine Röntgenstrahlung von einfallender Materie registriert. Dieses Ergebnis kann erklärt werden, wenn das Schwarze Loch nicht supermassiv ist, sondern mit einer Masse von über zehn Milliarden Sonnenmassen “ultramassiv” wäre. Solch ein Schwarzes Loch sollte in der Lage sein, energiereiche Jets zu produzieren, ohne große Mengen Gas zu verschlingen, was in sehr geringer Strahlung von der einfallenden Materie resultieren würde.

Eine andere mögliche Erklärung ist, dass das Schwarze Loch zwar nur eine Masse von rund einer Milliarde Sonnenmassen besitzt, aber extrem schnell rotiert. So ein Schwarzes Loch kann energiereichere Jets als ein langsam rotierendes Schwarzes Loch produzieren, wenn es die gleiche Menge Materie verschlingt. In beiden Fällen ist das Schwarze Loch extrem massereich.

Auf dem Bild ist außerdem ein weiter entfernt liegender Leerraum zu sehen, der in Bezug auf die Jets unter einem anderen Winkel in Nord-Süd-Ausrichtung erscheint. Dieser Leerraum wurde wahrscheinlich durch einen Jet von einem viel älteren Ausbruch des Schwarzen Lochs produziert. Das wirft die Frage auf, warum dieser Leerraum nicht mehr an den Jets ausgerichtet ist. Es gibt zwei mögliche Erklärungen: Entweder haben großräumige Bewegungen des Gases in dem Galaxienhaufen ihn weggedrückt, oder das Schwarze Loch präzediert – es wackelt gewissermaßen wie ein Kreisel.

Eine Abhandlung, die diese Forschungsarbeit beschreibt, wurde am 10. November 2013 im Astrophysical Journal veröffentlicht. Die Erstautorin ist Julie Hlavacek-Larrondo von der Stanford University. Die in dieser Analyse verwendeten Hubble-Daten stammen vom Cluster Lensing and Supernova Survey, der von Marc Postman vom Space Telescope Science Institute geleitet wird.

Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) kontrolliert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen.

Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://chandra.harvard.edu/photo/2014/rxj1532/rxj1532_lg.jpg

Quelle: http://chandra.harvard.edu/photo/2014/rxj1532/

(THK)

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