Astro-Bild der Woche: Der Feine Ringnebel im Sternbild Norma

Der planetarische Nebel Shapley 1, aufgenommen vom New Technology Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) am La-Silla-Observatorium in Chile. (ESO)
Der planetarische Nebel Shapley 1, aufgenommen vom New Technology Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) am La-Silla-Observatorium in Chile. (ESO)

Der Feine Ringnebel im Sternbild Norma (Winkelmaß) kann als ein ungewöhnliches Exemplar eines planetarischen Nebels betrachtet werden. Das Objekt liegt rund 2.500 Lichtjahre entfernt in Richtung des unauffälligen Sternbildes Norma (Winkelmaß), einem Sternbild des Südhimmels. In Mitteleuropa ist der Nebel daher nicht beobachtbar.

Planetarische Nebel heißen so, weil sie in den schwachen Fernrohren und Teleskopen der Astronomen des 17. Jahrhunderts wie kleine Planetenscheibchen aussahen und dementsprechend fälschlicherweise zunächst für Planeten gehalten wurden. Der Begriff selbst wird nach wie vor verwendet, auch wenn er gelegentlich Missverständnisse auslöst. In Wirklichkeit haben planetarische Nebel nicht das Geringste mit Planeten zu tun: Sie stellen das Endstadium in der Entwicklung von vergleichsweise massearmen, sonnenähnlichen Sternen dar.

Wenn sonnenähnliche Sterne den Wasserstoff in ihrem Kern nahezu aufgebraucht haben, kommt es zu einem Ungleichgewicht zwischen der nach innen gerichteten Gravitation und dem nach außen gerichteten Gasdruck. Weil die Energieproduktion nachlässt, gewinnt die Gravitation vorerst die Überhand und verdichtet den Kern, wodurch dessen Zentraltemperatur ansteigt, was wiederum zu einem Anstieg der Energieproduktion führt. Durch die anwachsende Temperatur setzt nun in der bisher inaktiven, angrenzenden Wasserstoffschale die Kernfusion zu Helium ein. Aufgrund der komplexen Wechselwirkungen in seinem Innern bläht sich der Stern im Verlauf mehrerer hundert Millionen Jahre immer weiter auf – er verwandelt sich in einen sogenannten Roten Riesen.

Wegen der stark angestiegenen Temperatur im Kern kann dort jetzt die Fusion von Helium zu Kohlenstoff beginnen. Der Gasdruck überwiegt die Gravitation und der Stern stößt nach und nach seine äußeren Atmosphärenschichten ab. Die Materiehüllen expandieren mit relativ hohen Geschwindigkeiten zwischen 20 und 40 Kilometern pro Sekunde. Zum Schluss liegt der Kern des Sterns praktisch völlig frei. Da er eine sehr hohe Oberflächentemperatur aufweist, strahlt er große Mengen energiereicher, ultravioletter Strahlung ab, welche das Gas in den zuvor abgestoßenen Materiehüllen zum Leuchten anregt. Auf diese Weise wird der planetarische Nebel für uns überhaupt erst sichtbar.

Der Feine Ringnebel trägt auch die Katalogbezeichnung Shapley 1. Ungewöhnlich ist er insbesondere wegen seiner Form. Planetarische Nebel besitzen meist eine kugelförmige, elliptische oder bipolare Gestalt, aber Shapley 1 zeigt sich als eine ringförmige Struktur. Man nimmt an, dass sich diese Ringstruktur bildet, wenn das Vorläufersystem eigentlich aus einem Doppelstern besteht. Die Interaktionen der beiden sich eng umkreisenden Komponenten könnten in der Ausbildung solcher Ringstrukturen resultieren, indem der Begleitstern die abgestoßene Materie des Hauptsterns beeinflusst.

Planetarische Nebel wie Shapley 1 oder sein deutlich bekannterer Cousin Messier 57, der Ringnebel im Sternbild Leier, spielen eine wichtige Rolle bei dem Prozess der Sternentstehung. Man kann es gewissermaßen als einen kosmischen Kreislauf ansehen: Sterne entstehen aus großen Gasansammlungen, entwickeln sich in Abhängigkeit von ihrer Anfangsmasse unterschiedlich schnell und geben die von ihnen produzierten chemischen Elemente wieder in ihre Umgebung ab. Das kann auf verschiedene Arten geschehen: Sehr massereiche Sterne explodieren in einer explosiven Supernova, die ihre gesamte Heimatgalaxie kurzzeitig überstrahlen kann, während der Tod von sonnenähnlichen Sternen weit weniger spektakulär ist – sie erzeugen leuchtende planetarische Nebel. Auch unsere Sonne wird in ungefähr fünf Milliarden Jahren einen solchen Nebel hervorbringen.

Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://www.eso.org/public/archives/images/large/potw1131a.jpg

Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 1: Übersichtsaufnahme des Tarantelnebels
Bild 2: Der Stern Alpha Centauri und seine Umgebung
Bild 3: Die „kosmische Fledermaus“ NGC 1788

(THK)

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