Interagierende Galaxien gehören mit ihren mehr oder weniger stark verzerrten Erscheinungsbildern zu den schönsten Objekten, die man im Universum beobachten kann. Das Astro-Bild der Woche zeigt nicht nur zwei, sondern gleich vier Galaxien, die sich sehr nahe kommen und sich gegenseitig beeinflussen. Die kompakte Galaxiengruppe besteht aus den Mitgliedern NGC 87, NGC 88, NGC 89 und NGC 92. Besser bekannt ist sie unter dem Namen Roberts Quartett. Die Galaxien wurden bereits in den 1830er Jahren von John Herschel entdeckt, aber der Namenspate von Roberts Quartett war Robert Freedman, der Ende der 1980er Jahre mit Halton Arp an einem umfangreichen Katalog über ungewöhnliche Galaxien arbeitete.
Die vier Galaxien sind ungefähr 160 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Sie befinden am Himmel der südlichen Hemisphäre, genauer gesagt nahe des Zentrums des Sternbildes Phoenix.
Mit Helligkeiten um 13mag sind sie allerdings so schwach, dass man sie nicht einmal mit einem guten Fernglas sehen kann. Die nötige Erfahrung vorausgesetzt, lassen sie sich aber schon mit qualitativ hochwertigen Teleskopen aus dem Amateurbereich beobachten. Das Astro-Bild wurde natürlich mit einem äußerst leistungsfähigen Profiinstrument gemacht, dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile.
Das Bild basiert auf optischen und infraroten Beobachtungsdaten und stellt eine Momentaufnahme der seit Millionen Jahren andauernden Wechselwirkungen zwischen den beteiligten Galaxien dar. Auffällig ist, dass die Galaxien grundlegend verschiedenen Typen angehören. NGC 87 ist als eine irreguläre Galaxie klassifiziert. Damit besitzt sie keine klar identifizierbare Form und zeigt bemerkenswerte Ähnlichkeiten zu den beiden Magellanschen Wolken, zwei nahen Satellitengalaxien unserer eigenen Milchstraßen-Galaxie.
In der Mitte der Gruppe liegt NGC 88, eine Spiralgalaxie. Frühere Beobachtungen haben offenbart, dass diese Galaxie von einer diffusen Gashülle umgeben ist. Auch NGC 89 wird als Spiralgalaxie geführt. Im Gegensatz zu NGC 88 sind ihre beiden Spiralarme jedoch sehr gut ausgeprägt und leicht erkennbar, ohne dass man genau hinschauen muss.
Links ist das größte und massereichste Mitglied dieser kompakten Galaxiengruppe zu sehen: NGC 92 ist eine Spiralgalaxie des Typs Sa mit ebenfalls gut entwickelten Spiralarmen. Bei ihr fallen die Auswirkungen der gravitativen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Mitgliedern aber schon auf den ersten Blick auf. Ein Spiralarm erscheint extrem verzerrt, wobei zahlreiche Sterne und große Mengen Staub in den intergalaktischen Raum geschleudert wurden. Die Länge des verzerrten Spiralarms und seiner Ausläufer beträgt rund 100.000 Lichtjahre – das ist fast so groß wie der Durchmesser unserer eigenen Galaxie.
Innerhalb von interagierenden Galaxien kommt es oft zu sogenannten Starbursts. So werden intensive Phasen oder Schübe von Sternentstehungsprozessen genannt. Der Grund dafür liegt in starken Schockwellen, die durch die gravitativen Wechselwirkungen ausgelöst werden. Die Schockwellen durchlaufen ausgedehnte Gebiete mit Gas und Staub, wobei sie die gasförmige Materie lokal komprimieren und destabilisieren können. Aufgrund der Eigengravitation der Gas- und Staubwolken ziehen sie sich weiter zusammen und lassen nach einiger Zeit schließlich neue Sterne entstehen. Diese Vorgänge finden bei einem Starburst so oft zur gleichen Zeit statt, dass in solchen Galaxien weit mehr neue Sterne gebildet werden als in ruhigeren Galaxien.
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
http://www.eso.org/public/archives/images/large/eso0535a.jpg
Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 1: Der Sternhaufen NGC 3766
Bild 2: Die Galaxien NGC 1316 und NGC 1317
Bild 3: Die Zentralregion des Großen Attraktors
(THK)
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