Eine gemeinsame Analyse von Daten der Weltraummission Planck und des bodenbasierten Experiments BICEP2 hat keine schlüssigen Belege für Gravitationswellen von der Geburt unseres Universums geliefert, trotz früherer Berichte über einen möglichen Nachweis. Die Zusammenarbeit der Teams hat das bisher genaueste Wissen darüber ergeben, wie Signale der frühzeitlichen Gravitationswellen aussehen sollten, was die zukünftige Suche nach ihnen unterstützt.
Planck ist eine Mission der European Space Agency (ESA) mit entscheidenden Beiträgen der NASA. BICEP2 und sein Schwesterprojekt, das Keck Array, befinden sich am Südpol und werden von der National Science Foundation finanziert, ebenfalls mit Beteiligung der NASA.
„Durch die gemeinsame Analyse beider Datensätze konnten wir ein genaueres Bild dessen erhalten, was vor sich geht, als mit jedem Datensatz allein“, sagte Charles Lawrence, US-Projektwissenschaftler der Planck-Mission vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena (Kalifornien). „Die gemeinsame Analyse zeigt, das ein Großteil des von BICEP2/Keck registrierten Signals von Staub in der Milchstraßen-Galaxie stammt, aber wir können ein Gravitationswellensignal auf niedriger Ebene nicht ausschließen. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie in der Wissenschaft Fortschritte gemacht werden: Schritt für Schritt.“
Planck und BICEP2/Keck wurden beide entwickelt, um frühzeitliche Strahlung zu messen, die von unserem Universum kurz nach seiner Geburt vor 13,8 Milliarden Jahren emittiert wurde. Eine außerordentliche Informationsquelle für die Geschichte des Universums liegt in dieser „fossilen“ Strahlung, die als kosmischer Mikrowellenhintergrund (cosmic microwave background, CMB) bezeichnet wird. Planck kartierte den kosmischen Mikrowellenhintergrund des gesamten Himmels aus dem Weltraum, während BICEP2/Keck sich auf einen klaren Himmelsausschnitt über dem Südpol konzentrierte.
Im März 2014 präsentierten Astronomen erstaunliche Daten des BICEP2/Keck-Experiments und fanden etwas, das scheinbar wie ein mögliches Signal von unserem Universum kurz nach seiner Geburt aussah. Wenn das Signal tatsächlich aus dem frühen Universum stammte, dann hätte es die Präsenz frühzeitlicher Gravitationswellen bestätigt. Man vermutet, dass diese Wellen durch eine explosive und sehr schnelle Wachstumsperiode unseres Universums produziert worden wären – der sogenannten Inflation. Laut der Theorie fand sie statt, als das Universum gerade einmal einen winzigen Sekundenbruchteil alt war.
Insbesondere fanden die BICEP2/Keck-Experimente Hinweise auf ein „gewelltes“ Muster aus polarisiertem Licht namens B-Modes. Diese Muster wären dem kosmischen Mikrowellenhintergrund aufgeprägt worden, als die Gravitationswellen den Raum langsam zusammendrückten und dehnten. Die Polarisation beschreibt eine besondere Eigenschaft von Licht. Normalerweise schwingen die von Licht transportierten elektrischen und magnetischen Felder gleichermaßen in alle Richtungen. Aber wenn sie bevorzugt in eine bestimmte Richtung schwingen, dann ist das Licht polarisiert.
„Das von BICEP2 erkannte gewellte Polarisationsmuster war auch in den neuen Daten des Keck Array deutlich zu sehen“, sagte Jamie Bock vom JPL und dem California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena, ein Mitglied des BICEP2/Keck-Teams und des Planck-Teams.
„Die Suche nach dieser einzigartigen Aufzeichnung aus dem frühen Universum ist so schwierig wie aufregend, weil dieses schwache Signal in der Polarisation des kosmischen Mikrowellenhintergrunds verborgen ist und selbiger nur ein paar mickrige Prozent des gesamten Lichts ausmacht“, sagte Jan Tauber, ein Planck-Projektwissenschaftler der ESA.
Einer der kompliziertesten Aspekte bei der Identifizierung primordialer B-Modes ist es, sie von jenen zu unterscheiden, die viel näher bei uns durch interstellaren Staub in unserer Milchstraßen-Galaxie produziert werden können. Die Milchstraßen-Galaxie ist von einer Mischung aus Gas und Staub durchzogen, welche in ähnlichen Frequenzen leuchtet wie der kosmische Mikrowellenhintergrund. Diese näheren Emissionen im Vordergrund beeinflussen die Beobachtung des ältesten kosmischen Lichts. Es ist eine sehr sorgfältige Datenanalyse erforderlich, um die Vordergrundemissionen von jenen des kosmischen Mikrowellenhintergrunds zu trennen.
„Als wir das Signal das erste Mal in unseren Daten sahen, verließen wir uns auf Modelle für galaktische Staubemissionen, die zu dem Zeitpunkt verfügbar waren“, sagte John Kovac, der stellvertretende Leiter der BICEP2/Keck Collaboration von der Harvard University in Cambridge (Massachusetts). „Sie schienen darauf hinzudeuten, dass die für unsere Beobachtungen ausgewählte Himmelsregion relativ frei von Staub ist.“
Die BICEP2/Keck-Experimente sammelten Daten bei einer einzigen Mikrowellenfrequenz, was die Trennung der Emissionen des Staubs in der Milchstraßen-Galaxie und des kosmischen Mikrowellenhintergrunds schwierig machte. Planck dagegen beobachtete den Himmel in neun Mikrowellen- und Submillimeterfrequenzkanälen, von denen sieben außerdem mit polarisationsempfindlichen Detektoren ausgestattet waren. Einige dieser Frequenzen wurden ausgewählt, um Messungen von Staub in unserer Milchstraßen-Galaxie durchzuführen. Durch sorgfältige Analysen können diese Multifrequenzdaten verwendet werden, um die verschiedenen Emissionen zu trennen.
Die Planck- und BICEP2/Keck-Teams arbeiteten zusammen und kombinierten die Fähigkeit des Weltraumteleskops, mittels Beobachtungen in mehreren Frequenzen mit Vordergrundemissionen zurechtzukommen, und die größere Empfindlichkeit der bodenbasierten Experimente in begrenzten Himmelsgebieten.
„Das Rauschen in den Instrumenten begrenzt, wie tief wir nach einem Signal der Inflation suchen können“, sagte Bock. „BICEP2/Keck beobachtete den Himmel in einer Wellenlänge. Um zu sagen, wie viel des Signals aus der Galaxie stammt, nutzten wir Plancks Messungen in multiplen Wellenlängen. Wir steigerten die Genauigkeit, indem wir die Messungen von BICEP2/Keck und Planck miteinander kombinierten – die besten Daten, die derzeit verfügbar sind.“
Die letzten Ergebnisse zeigten, dass der größte Teil des ursprünglichen BICEP2/Keck-B-Modes-Signals (aber nicht zwangsläufig alles) durch Staub in unserer Milchstraßen-Galaxie erklärt werden könnte. Was die Inflation des Universums betrifft, bleibt die Frage offen.
Die gemeinsame Planck/BICEP2/Keck-Studie setzt eine obere Grenze für die Menge der Gravitationswellen aus der Inflation, die zu dem Zeitpunkt zwar erzeugt worden sein könnten, jedoch zu schwach sind, um von der aktuellen Analyse bestätigt zu werden.
„Die neue obere Grenze des Signals aufgrund der Gravitationswellen stimmt gut mit der oberen Grenze überein, die wir früher mit Planck anhand von Temperaturfluktuationen des kosmischen Mikrowellenhintergrunds erhielten. Das Gravitationswellensignal könnte immer noch da sein und die Suche ist im Gange“, sagte Brendan Crill vom JPL, ein Mitglied des BICEP2-Teams und des Planck-Teams.
Eine Abhandlung über die Ergebnisse wird noch von Experten geprüft. Die NASA und das JPL entwickelten die Detektortechnologie für die BICEP- und Keck-Array-Experimente und für das Planck-Weltraumteleskop. Das JPL wird vom Caltech für die NASA betrieben.
Quelle: http://www.jpl.nasa.gov/news/news.php?feature=4469
(THK)
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