Neue Einblicke in die Teilchenbeschleunigung bei Sonnenflares

Schematische Darstellung der Teilchenbeschleunigung in einer Sonneneruption. (Alexandra Angelich, NRAO / AUI / NSF)
Schematische Darstellung der Teilchenbeschleunigung in einer Sonneneruption. (Alexandra Angelich, NRAO / AUI / NSF)

Astronomen haben einen entscheidenden Schritt gemacht, um eine vorgeschlagene Erklärung zu bestätigen, wie Sonnenflares geladene Teilchen auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Dieser wichtige Fortschritt wurde durch die neuen Fähigkeiten des Karl G. Jansky Very Large Array (VLA) Radioteleskops der National Science Foundation ermöglicht.

Sonnenflares, die stärksten Explosionen im Sonnensystem, können eine große Anzahl geladener Teilchen wie Elektronen und Protonen auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Wie sie das tun, war bislang allerdings unklar.

“Man hatte angenommen, dass ein bestimmter Schockwellentyp, der von Sonnenflares produziert wird, für die Beschleunigung dieser Teilchen verantwortlich sein könnte, aber es gab keine überzeugenden Beobachtungshinweise für diesen Mechanismus. Indem wir die schiere Leistungsfähigkeit des verbesserten VLA nutzten, haben wir jetzt ein grundlegend neues Ergebnis, das dieses theoretische Szenario deutlich unterstützt”, sagte der Erstautor der Studie, Bin Chen vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA).

Sonnenflares gehen oft mit starken Eruptionen einher, die riesige Mengen Materie von der Sonne wegschleudern. Wissenschaftler denken, dass Flares durch die plötzliche Freisetzung von Energie aus dem solaren Magnetfeld erzeugt werden. Magnetfelder in der Sonnenatmosphäre werden verdreht und verzerrt. Wenn diese Felder sich selbst durch einen als magnetische Rekonnexion bezeichneten Prozess neu ausrichten, wird eine enorme Menge Energie freigesetzt. Die Forscher waren jedoch nicht sicher, wie der Energiefreisetzungsprozess die geladenen Hochgeschwindigkeitsteilchen antreiben könnte, die von diesen Flares ausgehen.

Die neuen VLA-Beobachtungen stützen die Theorie, dass die Beschleunigung in einer Region des Flares stattfindet, wo schnell strömende solare Gase auf dichte magnetische Feldbögen treffen. Das erzeugt eine Schockwelle ähnlich dem Überschallknall eines Flugzeugs, nur mit dem Unterschied, dass sie als ein sogenannter “Termination Shock” an einem Ort verweilt. Elektronen werden durch den Termination Shock wiederholt auf immer höhere Geschwindigkeiten beschleunigt. Die VLA-Beobachtungen dieses Termination Shock stimmen gut mit Computersimulationen überein, die ein solches Phänomen in Flares zeigen.

Die Wissenschaftler nutzten das VLA zusammen mit anderen Teleskopen im Ultraviolett- und Röntgenbereich, um einen Flare zu untersuchen, der am 3. März 2012 stattfand. Das VLA kann die Sonne in einem breiten Spektrum der Radiowellenlängen beobachten. Die zeitliche Auflösung beträgt nur 50 Millisekunden – damit produziert es mehr als 40.000 einzelne Radiobilder pro Beobachtungssekunde. Die Forscher konnten feststellen, dass kurzlebige Radiowellenausbrüche von energetischen Elektronen in der Region auftraten, wo der Termination Shock laut Computersimulationen vermutet wurde. Die Computersimulationen wurden von dem Co-Autor Chengcai Shen vom CfA durchgeführt. Auch andere Details untermauern das Schockbeschleunigungsmodell.

“Diese neuen Einblicke sind ein bedeutender Schritt nach vorn für unser Wissen über die Teilchenbeschleunigung, die nicht nur ein wichtiger Aspekt bei solaren Flares ist, sondern auch einen fundamentalen, physikalischen Prozess im ganzen Universum darstellt”, sagte Chen.

Die Wissenschaftler berichten in der Science-Ausgabe vom 4. Dezember 2015 über ihre Ergebnisse. Das National Radio Astronomy Observatory ist eine Einrichtung der National Science Foundation und wird im Rahmen eines Kooperationsvertrags von Associated Universities, Inc. betrieben.

Das Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) mit Hauptsitz in Cambridge (Massachusetts) ist ein Gemeinschaftsprojekt des Smithsonian Astrophysical Observatory und des Harvard College Observatory. Wissenschaftler aus sechs Forschungsabteilungen untersuchen hier den Ursprung, die Entwicklung und das endgültige Schicksal des Universums.

Quelle: https://www.cfa.harvard.edu/news/2015-27

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*