Simulation zeigt Zusammenhang zwischen Kernkollaps, Hypernovae und Gammablitzen

Simulation des toroidalen Magnetfeldes in einem kollabierten, massereichen Stern. Die schnelle, differentielle Rotation verstärkt das Magnetfeld binnen 10 Millisekunden auf das eine Million Milliardenfache des Sonnenmagnetfeldes (gelb ist positiv, hellblau negativ). Rot und Blau repräsentieren schwächere positive und negative Magnetfelder. (Robert R. Sisneros (NCSA) and Philipp Mösta)
Simulation des toroidalen Magnetfeldes in einem kollabierten, massereichen Stern. Die schnelle, differentielle Rotation verstärkt das Magnetfeld binnen 10 Millisekunden auf das eine Million Milliardenfache des Sonnenmagnetfeldes (gelb ist positiv, hellblau negativ). Rot und Blau repräsentieren schwächere positive und negative Magnetfelder. (Robert R. Sisneros (NCSA) and Philipp Mösta)

Eine Supercomputersimulation über den Verlauf von zehn Millisekunden beim Kollaps eines massereichen Sterns in einen Neutronenstern beweist, dass diese katastrophalen Ereignisse, welche oft als Hypernovae bezeichnet werden, jene enormen Magnetfelder erzeugen können, die den Stern explodieren lassen und Gammablitze emittieren, welche quer durch das halbe Universum sichtbar sind.

Die Ergebnisse der Simulation wurden am 30. November 2015, vor dem Erscheinen im Journal Nature, online veröffentlicht. Sie demonstrieren, dass der rotierende, kollabierende Stern und sein mit ihm verbundenes Magnetfeld schneller und schneller rotieren und einen Dynamo bilden, der das Magnetfeld eine Million Milliarden Mal stärker als das der Erde macht. Ein so starkes Feld reicht aus, um Gas entlang der Rotationsachse des Sterns zu bündeln und zu beschleunigen, wodurch zwei Jets entstehen, die letztendlich zwei entgegengesetzte Ausbrüche hochenergetischer Gammastrahlung produzieren können.

Die ersten elektrischen Generatoren waren Dynamos, die elektrischen Strom mittels in Magnetfeldern rotierender Drähte erzeugten. Stellare Dynamos produzieren Ströme, weil sich die Magnetfelder durch den Raum bewegen, während die Ströme wiederum die Magnetfelder verstärken, was in einer Feedbackschleife resultiert, die gigantische Magnetfelder hervorruft.

„Ein Dynamo ist eine Möglichkeit, um die kleinen magnetischen Strukturen innerhalb eines massereichen Sterns zu nehmen und sie in immer größere magnetische Strukturen umzuwandeln, die für die Entstehung von Hypernovae und langen Gammablitzen erforderlich sind“, sagte Philipp Mösta, ein Postdoktorand an der University of California in Berkeley und Hauptautor der Abhandlung. „Das löst den Prozess aus. Man hatte angenommen, dass dieser Prozess funktionieren könnte. Jetzt haben wir es tatsächlich gezeigt.“

Der Schlüssel zu diesem Erfolg war eine Computersimulation mit feineren Details als jemals zuvor. Sie benötigte 130.000 Computerkerne, die gleichzeitig über den Zeitraum von zwei Wochen in Blue Waters arbeiteten, einem der leistungsfähigsten Supercomputer der Welt. Er befindet sich am National Center for Supercomputing Applications an der University of Illinois in Urbana-Champaign.

Hypernovae produzieren schwere Elemente

Astrophysiker wie Mösta versuchen, ihre Modelle über jene Prozesse zu verbessern, die in Sternen ablaufen, wenn sie das Ende ihres Lebens erreichen. So hoffen sie, seltsame kosmische Phänomene wie Gammastrahlenausbrüche und Hypernovae erklären zu können, die zehnmal heller aufleuchten als eine durchschnittliche Supernova. Außerdem hoffen sie zu verstehen, wie einige der sehr schweren Elemente in der Natur entstehen.

„Jetzt haben wir das erste Prototypmodell, das uns erlaubt, die Frage zu stellen, wie schwere Elemente in diesen gewaltigen Supernova-Explosionen gebildet werden“, sagte Eliot Quataert, ein Professor für Astronomie an der UC Berkeley, der nicht an der Studie beteiligt war.

„Der Durchbruch hier ist, dass Philipps Team mit einem relativ schwachen Magnetfeld beginnt und zeigt, wie es sich aufbaut und zu einem sehr starken und großen, kohärenten Magnetfeld wird, das normalerweise vorausgesetzt wird, wenn man Modelle von Gammastrahlenausbrüchen erstellt“, sagte Quataert.

Die hellsten Ereignisse im Universum

Gammastrahlenausbrüche sind so kurz und energiereich, dass sie erst im Jahr 1967 von Satelliten entdeckt wurden, die nach Beweisen für Atombombentests suchten. Lange Gammastrahlenausbrüche dauern etwa 100 Sekunden und bestehen aus Wellenlängen, die weit außerhalb der optischen und ultravioletten Bänder liegen. Die meisten finden Milliarden Lichtjahre entfernt in fernen Galaxien statt. Die Tatsache, dass wir sie sehen können, bedeutet daher, dass sie zu den hellsten Ereignissen im Universum gehören.

Beobachtungen in den vergangenen 50 Jahren haben Astronomen zu der Vermutung geführt, dass die Ausbrüche bei den extrem seltenen Explosionen massereicher Sterne entstehen. Damit sind Sterne mit mindestens der 25-fachen Sonnenmasse gemeint, aber die Details, wie solch eine Hypernova gebündelte Gammastrahlen erzeugt, werden immer noch untersucht. Diese stellaren Explosionen werden normalerweise als Typ-Ic-Supernovae bezeichnet.

Laut Mösta vermutet man, dass Jets erforderlich sind, welche von ultrastarken Magnetfeldern zusammengehalten werden, um diese Explosionen hervorzurufen. Aber eines der fehlenden Bindeglieder war die Antwort auf die Frage, wie ein Stern mit einem normalen Magnetfeld wie dem der Sonne es um den Faktor 1015 verstärken konnte. Eine Möglichkeit besagt, dass die Energie, die in der Rotation des kollabierten Sterns gespeichert ist, in magnetische Energie umgewandelt werden könnte. Diese starken Magnetfelder könnten auch entscheidend sein, um Ionen auf die Geschwindigkeiten und Energien zu beschleunigen, dass sie in der Lage sind, einen Gammastrahl zu erzeugen.

„Wir gehen davon aus, dass nur ein kleiner Bruchteil der Sterne vor dem Kollaps schnell genug rotiert, um die Pulsar-Rotationsperioden im Bereich von Millisekunden zu erklären“, sagte der Co-Autor Christian Ott, ein Professor für theoretische Astrophysik am California Institute of Technology (Caltech). „Aber wenn ein Stern so schnell rotiert, dann besitzt eine eine Menge Energie in der Rotation. Das Problem war, sie zu extrahieren und der Explosion zuzuführen.“

Die Erzeugung ultrastarker Magnetfelder

Eine Kernkollaps-Supernova tritt auf, wenn die Wasserstofffusion im Kern (welche die Sterne im Verlauf des größten Teils ihrer Existenz mit Energie versorgt) versiegt, nachdem der ganze Wasserstoff aufgebraucht ist und der Stern beginnt, Helium und danach Kohlenstoff und Sauerstoff zu verschmelzen. Wenn der Stern schließlich all diese Elemente zu Eisen verschmolzen hat, kommen die Fusionsprozesse ganz zum Erliegen und der Druck im Kern des Sterns kann dem gravitativen Gewicht der umgebenden Materie nicht länger standhalten.

Binnen einer Sekunde kollabiert der innere Bereich des Sterns mit einem Radius von etwa 1.500 Kilometern in einen Neutronenstern mit 10-15 Kilometern Durchmesser, der die Masse von rund 1,4 Sonnen enthält. Das erzeugt eine nach außen gerichtete Schockwelle, die auf die äußeren Schichten des Sterns trifft. Während der innere Bereich des Sterns in einen Neutronenstern kollabiert, erhöht sich seine Rotationsgeschwindigkeit – genau wie rotierende Eiskunstläufer ihre Pirouetten schneller vollziehen, wenn sie ihre Arme anziehen.

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Video-Link: https://youtu.be/-pXCbyN6L6I

Simulation der Magnetfelder beim Kollaps eines massereichen Sterns in einen Neutronenstern (Video by Philipp Mösta / UC Berkeley)

Theoretiker haben versucht zu erklären, wie massereiche, rotierende Sterne starke Magnetfelder durch einen Prozess namens Magnetorotationsinstabilität erzeugen: Die Schichten des Sterns rotieren mit verschiedenen Geschwindigkeiten, was Turbulenzen verursacht, die die eingebetteten Magnetfelder zu kilometerbreiten magnetischen Strömungsröhren formen, ähnlich wie magnetische Flares auf der Sonne. Aber kann dieser Prozess die viel größeren Magnetfelder produzieren, die als Auslöser einer Explosion nötig sind?

„Wir haben die ersten globalen, extrem hoch aufgelösten Simulationen davon gemacht, die tatsächlich zeigen, dass diese großen, globalen Felder aus einem turbulenten Feld erzeugt werden“, sagte Mösta. „Die Simulationen demonstrieren außerdem einen Mechanismus zur Entstehung von Magnetaren (Neutronensterne mit extrem starken Magnetfeldern), die möglicherweise eine spezielle Klasse sehr heller Supernovae auslösen.“ Quataert vergleicht den Prozess mit kleinen Turbulenzen in der Erdatmosphäre, die sich zu großen Wirbelstürmen entwickeln.

Mösta und seine Kollegen stellten fest, dass der Schlüssel zu diesem Prozess in einem schnell rotierenden Neutronenstern eine Scherzone in einer Entfernung von 15-35 Kilometern zu dem [inneren] Stern ist. Dort rotieren die verschiedenen Schichten mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten, was Turbulenzen verursacht, die groß genug sind, um einen Dynamo zu bilden. Mösta arbeitet an Simulationen, die mehr als zehn Millisekunden der stellaren Entwicklung nach dem Kollaps umfassen, um besser zu verstehen, wie die kollabierende Materie und die abströmende Materie mit den wirbelnden Magnetfeldern interagieren.

Die anderen Co-Autoren sind David Radice und Luke Roberts vom Caltech in Pasadena, Erik Schnetter von der University of Guelph in Ontario (Kanada), sowie Roland Haas vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam-Golm (Deutschland).

Die Forschungsarbeit wurde von der National Science Foundation (AST-1212170, PHY-1151197, OCI-0905046), dem Einstein Fellowship Program der NASA und der Sherman Fairchild Foundation unterstützt.

Quelle: http://news.berkeley.edu/2015/11/30/missing-link-between-turbulence-hypernovae-and-gamma-ray-bursts/

(THK)

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