Wie jede große Galaxie besitzt auch unsere Milchstraßen-Galaxie ein supermassives Schwarzes Loch in ihrem Zentrum. Im Fall unserer Heimatgalaxie liegt es ungefähr 26.000 Lichtjahre entfernt in Richtung des Sternbildes Sagittarius (Schütze) und trägt die Bezeichnung Sagittarius A* oder kurz Sgr A*. Als das uns am nächsten gelegene supermassive Schwarze Loch steht es im Mittelpunkt vieler Forschungsprojekte, die darauf abzielen, das Schwarze Loch selbst und seine Wechselwirkungen mit der Umgebung besser zu verstehen.
Die Masse von Sagittarius A* beträgt rund vier Millionen Sonnenmassen – damit gehört es zwar in die Kategorie der supermassiven Schwarzen Löcher, ist dort aber eines der kleineren: Astronomen haben mittlerweile mehrere supermassive Schwarze Löcher entdeckt, die sogar einige Milliarden Sonnenmassen aufweisen. Dennoch hat das zentrale Schwarze Loch natürlich großen Einfluss auf die Milchstraßen-Galaxie, insbesondere auf die nähere Umgebung im Umkreis von ein paar hundert Lichtjahren.
Wie der Name schon vermuten lässt, können Schwarze Löcher nicht direkt beobachtet werden. Direkte Beobachtungen wären vom Empfang elektromagnetischer Wellen abhängig, und bekanntermaßen lassen Schwarze Löcher ab einem gewissen Punkt nicht einmal das Licht entkommen. Astronomen müssen sich daher auf indirekte Beobachtungen stützen, denn Schwarze Löcher sind durch ihre Wechselwirkungen mit der (näheren) Umgebung nachweisbar. Es gibt zum Beispiel zahlreiche Exemplare, die über eine sogenannte Akkretionsscheibe verfügen. Das sind ausgedehnte Scheiben aus heißer Materie, die das Schwarze Loch spiralförmig umkreist, bevor sie hineinstürzt. Die extrem heiße Materie emittiert dabei energiereiche Strahlung, die mit entsprechenden Instrumenten registriert und erforscht werden kann.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, das Verhalten von Objekten zu untersuchen, die dem Schwarzen Loch zwar nahe kommen, aber (noch) nicht hineingezogen werden. Einen solchen Fall zeigt das obenstehende Bild. Es veranschaulicht die Bewegung einer Gaswolke namens G2 um das supermassive Schwarze Loch Sagittarius A*. Die Wolke vereinigt etwa drei Erdmassen Materie in sich. Es handelt sich um ein Kompositbild, das aus mehreren übereinandergelegten Aufnahmen besteht und durch die Farben die Bewegungsrichtungen der Gaswolke hervorhebt: Gelbliche und rötliche Farbtöne bedeuten, dass sich die Gaswolke von dem Beobachter entfernt, blau zeigt dagegen eine Annäherung an den Beobachter.
Ganz links (gelb) ist die Gaswolke im Jahr 2006 zu sehen, aufgenommen vom Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte in Chile. Im Jahr 2010 hat sie sich ein kleines Stück weiterbewegt (hellorange). Weitere zwei Jahre später hat sie aufgrund der zunehmenden Geschwindigkeit eine größere Strecke zurückgelegt (dunkelorange). Im Februar 2014 (rot) befindet sie sich bereits in großer Nähe zu dem Schwarzen Loch, dessen Position mit einem Kreuz markiert ist. Nur sieben Monate später, im September 2014, hat die Gaswolke das Schwarze Loch passiert und bewegt sich auf der anderen Seite nun wieder auf den Beobachter zu (daher in blau dargestellt).
Die festgestellten Geschwindigkeiten sind enorm: Kurz vor ihrer engsten Annäherung an Sagittarius A* bewegte sich die Gaswolke mit circa zehn Millionen Kilometern pro Stunde von der Erde weg. Dann flitzte sie um das Schwarze Loch herum und bewegt sich nun mit ungefähr zwölf Millionen Kilometern pro Stunde auf die Erde zu. Natürlich gilt das nur perspektivisch – es besteht keine Gefahr einer Kollision.
Den neuesten Beobachtungen zufolge hat die Gaswolke die nahe Begegnung mit dem Schwarzen Loch in relativ kompakter Form überstanden. Frühere Ergebnisse hatten zunächst darauf hingedeutet, dass sie stark in die Länge gezogen wurde. Außer der Gaswolke beobachten die Astronomen auch regelmäßig Sterne, die dem Schwarzen Loch sehr nahe kommen und von ihm auf extrem hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden. Bei einem Stern wurde sogar eine Geschwindigkeit von 5.000 Kilometern pro Sekunde gemessen. Derartige Messungen helfen dabei, die Masse des zentralen Schwarzen Lochs genauer zu bestimmen und seine Interaktionen mit der Umgebung zu verstehen, was letztendlich für die Entwicklung besserer Simulationen und Modelle verwendet werden kann.
Eine größere Version der Aufnahme gibt es unter:
https://cdn.eso.org/images/large/eso1512a.jpg
Anmerkung der Redaktion
Die anderen drei Vorschläge für das Astro-Bild der Woche waren:
Bild 2: Das Staubband der Galaxie Centaurus A
Bild 3: Der „Kleeblatt“-Quasar H 1413+117
Bild 4: Das Gravitationslinsensystem RXS J1131-1231
(THK)
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