Stellarer Kannibalismus verwandelt einen Stern in einen Braunen Zwerg

Künstlerische Darstellung des Systems J1433. Der Weiße Zwerg (rechts) zieht Materie von seinem Begleiter ab. (Rene Breton, University of Manchester)
Künstlerische Darstellung des Systems J1433. Der Weiße Zwerg (rechts) zieht Materie von seinem Begleiter ab. (Rene Breton, University of Manchester)

Astronomen haben ein substellares Objekt entdeckt, das einst ein Stern war – es wird von seinem Begleiter, einem Weißen Zwerg, aufgezehrt. Ein internationales Astronomenteam machte die Entdeckung, indem es ein sehr schwaches Doppelsternsystem namens J1433 beobachtete, das rund 730 Lichtjahre entfernt liegt. Das System besteht aus einem massearmen Objekt mit etwa 60 Jupitermassen in einem extrem engen 78-Minuten-Orbit um einen Weißen Zwerg (dem Überrest eines Sterns wie unserer Sonne).

Aufgrund der Nähe zieht der Weiße Zwerg Materie von seinem massearmen Begleiter ab. Dieser Prozess hat circa 90 Prozent der Masse des Begleiters geraubt und ihn von einem Stern in einen Braunen Zwerg verwandelt. Die meisten Braunen Zwerge sind “verhinderte Sterne” – Objekte, die mit zu wenig Masse entstanden, um Wasserstoff in ihren Kernen zu verschmelzen und hell zu leuchten. Im Gegensatz dazu wurde der Braune Zwerg in diesem System als voll entwickelter Stern geboren. Aber im Verlauf von Milliarden Jahren stellaren Kannibalismus wurde ihm ein Großteil seiner Masse entrissen.

Die Studie wurde im Journal Nature veröffentlicht und nutzt das X-Shooter-Instrument des Very Large Telescope (VLT) auf dem Gipfel des Cerro Paranal in Chile, um ein System direkt zu beobachten und zu charakterisieren, das eine solch traumatische Wandlung überstanden hat.

Der Hauptautor Juan Venancio Hernández Santisteban, ein Doktorand an der University of Southampton, sagte: “X-Shooter ist ein einzigartiges Instrument, das astronomische Objekte gleichzeitig im Spektrum von Ultraviolett bis Infrarot beobachten kann. Das erlaubte uns, das Licht dieses Systems zu zerlegen und das verborgene Signal des schwachen Braunen Zwergs aufzudecken.

“Unser Wissen über die Entwicklung von Doppelsternen spricht dafür, dass Braune Zwerge in diesem Sternsystemtyp häufig vorkommen sollten, falls der begleitende Stern die Umwandlung überstehen kann. Trotz verschiedener Bemühungen wurden allerdings bislang nur ein paar Kandidatensysteme mit vorläufigen Belegen für Braune Zwerge als Begleiter gefunden. Unsere Ergebnisse bestätigen jetzt, dass die erfolgreiche Umwandlung von einem Stern in einen Braunen Zwerg tatsächlich möglich ist.”

Die Astronomen nutzten ihre Daten auch für die Kartierung der Oberflächentemperatur auf dem Braunen Zwerg. Die Temperatur stellte sich als nicht gleichförmig heraus, weil dieses kühle substellare Objekt stark von seinem viel heißeren Weißen Zwerg bestrahlt wird. Die Karte zeigt einen deutlichen Temperaturunterschied zwischen der Tagseite (die dem Weißen Zwerg zugewandt ist) und der Nachtseite. Im Durchschnitt beträgt der Temperaturunterschied 57 Grad Celsius, aber die heißesten und kältesten Gebiete seiner Oberfläche unterscheiden sich um 200 Grad Celsius.

Professor Christian Knigge von der University of Southampton, der das Projekt anstieß und beaufsichtigte, sagte: Die Erstellung dieser Oberflächentemperaturkarte ist ein wichtiger Erfolg. Bei vielen Riesenplaneten – sogenannten Heißen Jupitern (“Hot Jupiters”) – überlagert die Strahlung des Zentralsterns die inneren Wärmeströmungen des Planeten vollkommen. Im Gegensatz dazu sind die innere Wärmeströmung und die externe Bestrahlung für diesen Braunen Zwerg in unser Studie vergleichbar. Das stellt ein unerforschtes Terrain dar und macht solche Systeme zu wertvollen Laboratorien für bestrahlte (sub-)stellare und planetare Atmosphären.”

An der Studie waren Astronomen der Universitäten von Keele, Manchester, Oxford, Sheffield, Southampton und Warwick, des Instituto de Astrofísica de Canarias (Spanien) und der Hamburger Sternwarte beteiligt. Sie wurde von der Royal Astronomical Society, dem European Union Eleventh Framework Programme, dem European Research Council, CONACyT (Mexiko) und der University of Southampton finanziert.

Quelle: http://www.southampton.ac.uk/news/2016/05/cannibal-white-dwarf.page

(THK)

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