Ein internationales Forschungsteam hat eine bislang unentdeckte Spezies eines ausgestorbenen, urzeitlichen Riesenwurms mit furchterregenden Schnappkiefern identifiziert.
Wissenschaftler der University of Bristol, der Lund University in Schweden und des Royal Ontario Museum untersuchten ein altes Fossil, das seit Mitte der 1990er Jahre in dem Museum lagerte. Sie entdeckten die Überreste eines riesigen, ausgestorbenen Ringelwurms (den im Meer lebenden Verwandten von Regenwürmern und Blutegeln). Die Ergebnisse wurden am 21. Februar 2017 im Journal Scientific Reports veröffentlicht.
Die neue Spezies ist einzigartig unter fossilen Würmern und besaß die größten Kiefer, die jemals bei dieser Art Lebewesen beobachtet wurden: Sie erreichten über einen Zentimeter Länge und waren mit dem bloßen Auge leicht erkennbar. Normalerweise sind solche fossilen Kiefer nur ein paar Millimeter lang und müssen mit Mikroskopen untersucht werden.
Obwohl nur anhand seiner Kiefer bekannt, spricht der Vergleich mit lebenden Spezies dafür, dass dieses Tier eine Körperlänge von mehr als einem Meter erreichte. Das ist mit jener von „Riesen-Eunicidae“ vergleichbar, die umgangssprachlich als Bobbitwürmer bezeichnet werden. Es sind furchterregende und allesfressende Lauerjäger, die ihre kräftigen Kiefer verwenden, um Beute wie Fische oder Cephalopoden (Tintenfische und Oktopusse) zu fangen und in ihre Behausungen zu ziehen.
Der Hauptautor Mats Eriksson von der Lund University sagte: „Gigantismus bei Tieren ist ein faszinierendes und ökologisch wichtiges Merkmal, das gewöhnlich mit Vorteilen und Dominanz gegenüber Konkurrenten verknüpft ist. Es ist jedoch ein schlecht verstandenes Phänomen bei Meereswürmern und wurde noch nie zuvor bei einer fossilen Spezies beobachtet. Die neue Spezies demonstriert einen einzigartigen Fall von Gigantismus bei Würmern im Paläozoikum vor rund 400 Millionen Jahren.“
Co-Autor Luke Parry von der School of Earth Sciences an der University of Bristol ergänzte: „Es zeigt auch, dass Gigantismus bei kiefertragenden Polychaeta (Vielborstern) auf eine bestimmte evolutionäre Klade innerhalb der Eunicida beschränkt war und sich viele Male in unterschiedlichen Spezies entwickelt hat.“
Die Exemplare wurde im Verlauf weniger Stunden an einem einzigen Tag im Juni 1994 gesammelt, als Derek K. Armstrong vom Ontario Geological Survey von einem Hubschrauber abgesetzt wurde, um die Gesteine und Fossilien an einem abgelegenen und temporär freiliegenden Ort in Ontario zu untersuchen.
Das Probenmaterial, das erwiesenermaßen der Kwataboahegan Formation aus der geochronologischen Periode des Devon zugeschrieben wurde, wurde zurück in das Royal Ontario Museum gebracht. Dort lagerte es, bis es die Aufmerksamkeit der Autoren erregte.
David Rudkin vom Royal Ontario Museum sagte: „Dies ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, in abgelegenen und unerforschten Gebieten zu suchen, um neue, spannende Dinge zu finden, aber auch für die Bedeutsamkeit, Museumssammlungen nach übersehenen Schätzen zu durchforsten.“
Die Spezies erhielt die wissenschaftliche Bezeichnung Websteroprion armstrongi. Der Name ehrt Armstrong, der das Material sammelte, und den außergewöhnlichen Bassisten Alex Webster von der Death-Metal-Band Cannibal Corpse, weil er als ein „Riese“ angesehen werden kann, was die Beherrschung seines Instruments angeht.
Luke Parry ergänzte: „Das passt neben unserem Appetit auf Evolution und Paläontologie auch deswegen, weil alle drei Autoren ein tiefgehendes Interesse an Musik haben und begeisterte Hobbymusiker sind.“
Abhandlung: „Earth’s oldest ‚Bobbit worm‘ – gigantism in a Devonian eunicidan polychaete von Mats E. Eriksson, Luke A. Parry & David M. Rudkin in Scientific Reports
(THK)
Antworten