Das Spitzer Space Telescope der NASA hat das erste bekannte System mit sieben erdgroßen Planeten um einen einzigen Stern gefunden. Drei dieser Planeten befinden sich genau innerhalb der habitablen Zone – das ist die Region um den Zentralstern, in der ein Gesteinsplanet flüssiges Wasser besitzen kann.
Die Entdeckung setzt einen neuen Rekord für die größte Anzahl an Planeten in der habitablen Zone um einen Stern außerhalb unseres Sonnensystems. Unter den richtigen atmosphärischen Bedingungen könnten alle sieben Planeten flüssiges Wasser (entscheidend für Leben, wie wir es kennen) besitzen, aber die Wahrscheinlichkeit ist bei den dreien innerhalb der habitablen Zone am höchsten.
“Diese Entdeckung könnte entscheidend dazu beitragen, habitable Umgebungen zu finden – Orte, die günstig für Leben sind”, sagte Thomas Zurbuchen, Associate Administrator des Science Mission Directorate der Agentur in Washington. “Die Beantwortung der Frage ‘sind wir allein?’ ist eine wissenschaftliche Toppriorität und erstmals so viele Planeten wie hier in der habitablen Zone zu finden, ist ein bemerkenswerter Schritt in Richtung dieses Zieles.”
Mit etwa 40 Lichtjahren (235 Billionen Meilen) Entfernung von der Erde liegt dieses Planetensystem relativ nah; es befindet sich in Richtung des Sternbildes Aquarius (Wassermann). Weil sie sich außerhalb unseres Sonnensystems befinden, werden diese Planeten in der Wissenschaft als Exoplaneten bezeichnet.
Video-Link: https://youtu.be/bnKFaAS30X8
Dieses Exoplanetensystem trägt die Bezeichnung TRAPPIST-1, benannt nach dem Transiting Planets and Planetesimals Small Telescope (TRAPPIST) in Chile. Im Mai 2016 gaben Forscher bekannt, dass sie unter Verwendung des TRAPPIST-Teleskops drei Planeten in dem System entdeckt hatten. Unterstützt von mehreren bodenbasierten Teleskopen, darunter dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte, bestätigte Spitzer die Existenz von zwei dieser Planeten und entdeckte fünf weitere. Das erhöhte die Anzahl der bekannten Planeten in dem System auf sieben.
Die neuen Ergebnisse wurden am Mittwoch im Journal Nature veröffentlicht und in einem Briefing am NASA-Hauptquartier in Washington vorgestellt.
Mit Spitzer-Daten maß das Team präzise die Größen der sieben Planeten und entwickelte erste Schätzungen für die Massen von sechs von ihnen, was eine Schätzung ihrer Dichte erlaubte.
Basierend auf ihren Dichten bestehen alle Planeten des Systems TRAPPIST-1 wahrscheinlich aus Gestein. Weitere Beobachtungen werden nicht nur helfen zu bestimmen, ob sie reich an Wasser sind, sondern möglicherweise auch offenbaren, ob irgendeiner von ihnen flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche besitzen könnte. Die Masse des siebten und am weitesten entfernten Exoplaneten wurde noch nicht geschätzt. Die Forscher denken, dass er eine eisige, “schneeballähnliche” Welt sein könnte, aber weitergehende Beobachtungen sind erforderlich.
“Die sieben Wunder von TRAPPIST-1 sind die ersten erdgroßen Planeten, die im Orbit um einen Stern dieses Typs gefunden wurden”, sagte Michael Gillon, der Hauptautor der Studie und leitender Wissenschaftler des TRAPPIST Exoplanet Survey von der Universität Lüttich in Belgien. “Das System ist auch das bislang beste Ziel für die Untersuchung der Atmosphären von potenziell bewohnbaren, erdgroßen Welten.”
Im Gegensatz zu unserer Sonne ist der Zentralstern von TRAPPIST-1 (klassifiziert als ein ultrakühler Zwergstern) so kühl, dass flüssiges Wasser auf Planeten existieren könnte, die ihm sehr nah sind – näher als es auf Planeten in unserem Sonnensystem möglich wäre. Alle sieben Umlaufbahnen der Planeten in dem System TRAPPIST-1 liegen näher an ihrem Zentralstern als Merkur an unserer Sonne. Die Planeten selbst liegen auch sehr nah beieinander. Wenn eine Person auf der Oberfläche eines der Planeten stehen würde, könnte sie aufblicken und möglicherweise geologische Strukturen oder Wolken auf den benachbarten Welten sehen, die manchmal größer am Himmel erscheinen würden als der Mond am irdischen Himmel.
Die Planeten könnten auch gezeitentechnisch an ihren Stern gebunden sein, was bedeutet, dass sie ihrem Stern immer dieselbe Seite zuwenden. Dadurch würde auf jeder Seite entweder ständig Tag oder ständig Nacht herrschen. Das könnte dazu führen, dass sie Wettermuster aufweisen, die völlig anders als jene auf der Erde sind, beispielsweise starke Winde, die von der Tagseite auf die Nachtseite wehen, und extreme Temperaturveränderungen.
Spitzer, ein Infrarotteleskop, das der Erde auf ihrer Umlaufbahn um die Sonne folgt, war für die Untersuchung von TRAPPIST-1 gut ausgestattet, weil der Stern am hellsten im Infrarotlicht leuchtet. Infrarote Wellenlängen sind länger als das menschliche Auge wahrnehmen kann. Im Herbst 2016 beobachtete Spitzer TRAPPIST-1 500 Stunden lang fast ununterbrochen. Spitzer hat in seiner Umlaufbahn eine einzigartige Position, um genug Transits der Planeten vor ihrem Zentralstern zu verfolgen und die komplexe Architektur des Systems zu enthüllen. Ingenieure optimierten Spitzers Fähigkeit zur Beobachtung vorbeiziehender Planeten im Rahmen von Spitzers “warmer Mission”. Die “warme Mission” Spitzers begann, als dem Weltraumteleskop nach den ersten fünf Betriebsjahren wie geplant das Kühlmittel ausging.
“Dies ist das aufregendste Ergebnis, das ich in den 14 Betriebsjahren Spitzers gesehen habe”, sagte Sean Carey, Manager des Spitzer Science Center der NASA am Caltech/IPAC in Pasadena (Kalifornien). “Spitzer wird im Herbst weitere Beobachtungen durchführen, um unser Wissen über diese Planeten zu verfeinern, so dass das James Webb Space Telescope nachfolgen kann. Weitere Beobachtungen des Systems werden sicherlich mehr Geheimnisse preisgeben.”
Nach der Spitzer-Entdeckung hat das Weltraumteleskop Hubble die Untersuchung von vier Planeten in dem System aufgenommen, darunter von den drei Planeten innerhalb der habitablen Zone. Diese Beobachtungen zielen darauf ab, die Präsenz von aufgeblähten, wasserstoffdominierten Atmosphären auf diesen Planeten nachzuweisen, die typisch für Gaswelten wie Neptun sind.
Video-Link: https://youtu.be/o2MgG6KhO1E
Im Mai 2016 beobachtete das Hubble-Team die beiden innersten Planeten und fand keine Hinweise auf solch aufgeblähte Atmosphären. Das untermauerte die Vermutung, dass die dem Stern am nächsten gelegenen Planeten aus Gestein bestehen.
“Das System TRAPPIST-1 bietet eine der besten Möglichkeiten, um im kommenden Jahrzehnt die Atmosphären auf erdgroßen Planeten zu erforschen”, sagte Nikole Lewis, Co-Leiterin der Hubble-Studie und Astronomin am Space Telescope Science Institute in Baltimore (Maryland). Das planetensuchende NASA-Weltraumteleskop Kepler untersucht das System ebenfalls und macht Messungen der winzigen Helligkeitsveränderungen des Sterns aufgrund vorbeiziehender Planeten. Im Rahmen der K2-Mission werden die Beobachtungen Keplers den Astronomen erlauben, die Eigenschaften der bekannten Planeten genauer zu bestimmen und nach weiteren Planeten in dem System zu suchen. Die K2-Beobachtungen werden Anfang März abgeschlossen und im öffentlichen Archiv verfügbar sein.
Spitzer, Hubble und Kepler werden Astronomen helfen, Nachfolgestudien mit dem James Webb Space Telescope der NASA zu planen, das im Jahr 2018 starten soll. Mit einer viel höheren Empfindlichkeit wird das James Webb Space Telescope in der Lage sein, die chemischen Fingerabdrücke von Wasser, Methan, Sauerstoff, Ozon und anderen Bestandteilen einer planetaren Atmosphäre zu registrieren. Das James Webb Space Telescope wird außerdem die Temperaturen und Druckverhältnisse auf den Oberflächen analysieren – Schlüsselfaktoren hinsichtlich ihrer Bewohnbarkeit.
Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena (Kalifornien) betreibt die Spitzer Space Telescope Mission für das Science Mission Directorate der NASA. Die wissenschaftlichen Operationen werden am Space Science Center am Celtech in Pasadena durchgeführt. Die technischen Operationen des Teleskops werden von der Lockheed Martin Space Systems Company in Littleton (Colorado) gesteuert. Die Daten werden am Infrared Science Archive am Caltech/IPAC gespeichert. Das Caltech betreibt das JPL für die NASA.
(THK)
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