Durch die Jupiter-Atmosphäre hoch über seinem Äquator rast ein Ost-West-Jetstream, dessen Richtungswechsel fast so planmäßig ist wie ein Zug in Tokio. Jetzt hat ein von der NASA geleitetes Team festgestellt, welcher Wellentyp diesen Jetstream dazu zwingt, seine Richtung zu ändern.
Vergleichbare äquatoriale Jetstreams wurden auf dem Saturn und auf der Erde identifiziert, wo eine seltene Störung des normalen Windmusters Anfang 2016 die Wettervorhersagen erschwerte. Die neue Studie kombiniert die Modellierung von Jupiters Atmosphäre mit detaillierten Beobachtungen, die im Zeitraum von fünf Jahren mit der Infrared Telescope Facility (IRTF) der NASA auf Hawaii gemacht wurden. Die Ergebnisse könnten Wissenschaftlern helfen, die dynamische Atmosphäre von Jupiter und anderen Planeten besser zu verstehen, darunter auch die Planeten jenseits unseres Sonnensystems.
„Jupiter ist viel größer als die Erde, viel weiter von der Sonne entfernt, rotiert viel schneller und besitzt eine ganz andere Zusammensetzung. Aber er stellt sich als ein ausgezeichnetes Labor heraus, um dieses äquatoriale Phänomen zu verstehen“, sagte Rick Cosentino, ein Postdoktorand am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). Er ist der Hauptautor der Studie, die im Journal of Geophysical Research-Planets veröffentlicht wurde.
Der äquatoriale Jetstream auf der Erde wurde entdeckt, nachdem Beobachter im Jahr 1883 Asche der Eruption des Vulkans Krakatau sahen, die von einem Wind in der Stratosphäre nach Westen getragen wurde. Die Stratosphäre ist der Bereich in der Atmosphäre, wo moderne Flugzeuge ihre Reiseflughöhe erreichen. Später dokumentierten Wetterballone einen ostwärts gerichteten Wind in der Atmosphäre. Wissenschaftler stellten letztendlich fest, dass diese Winde ihre Richtung regelmäßig umgekehrt hatten und dass beide Fälle Teil desselben Phänomens waren.
Das wechselnde Muster beginnt in der unteren Stratosphäre und breitet sich nach unten bis an die Grenze zur Troposphäre aus, der untersten Atmosphärenschicht. In seiner ostwärts gerichteten Phase hängt es mit wärmeren Temperaturen zusammen. Die westwärts gerichtete Phase geht auf kühlere Temperaturen zurück. Das Muster wird als quasi-zweijährige Schwingung (quasi-biennial oscillation, QBO) der Erde bezeichnet, wobei ein Zyklus etwa 28 Monate dauert. Die Phase der quasi-zweijährigen Schwingung scheint den Transport von Ozon, Wasserdampf und Schmutzteilchen in die obere Atmosphäre und die Bildung von Wirbelstürmen zu beeinflussen.
Jupiters Zyklus wird als quasi-vierjährige Schwingung bezeichnet und dauert etwa vier Erdjahre. Saturn besitzt seine eigene Version des Phänomens, die quasi-periodische Schwingung mit einer Dauer von rund 15 Erdjahren. Die Forscher haben eine allgemeine Vorstellung von der Funktionsweise dieser Muster, aber arbeiten noch daran herauszufinden, wie viele verschiedene atmosphärische Wellentypen zu dem Phänomen beitragen und wie ähnlich sich die Phänomene sind.
Frühere Studien über Jupiter haben die quasi-vierjährige Schwingung identifiziert, indem die Temperaturen in der Stratosphäre gemessen wurden, um Windgeschwindigkeit und -richtung abzuleiten. Die neuen Messungen sind die ersten, die den vollen Zyklus der quasi-vierjährigen Schwingung umfassen und ein viel größeres Gebiet auf Jupiter abdecken. Die Beobachtungen erstreckten sich über einen großen vertikalen Bereich und umfassten die geografischen Breiten von 40 Grad Nord bis 40 Grad Süd. Die Forscher erreichten dies, indem sie ein hochauflösendes Instrument namens TEXES (Texas Echelon Cross Echelle Spectrograph) an der IRTF installierten.
„Diese Messungen waren imstande, dünne vertikale Schnitte von Jupiters Atmosphäre zu erstellen“, sagte die Co-Autorin Amy Simon vom Goddard Space Flight Center, die sich auf die Untersuchung planetarer Atmosphären spezialisiert hat. „Frühere Datensätze hatten eine geringere Auflösung, deshalb waren die Signale über einen großen Bereich der Atmosphäre verwischt.“
Das Team stellte fest, dass sich der äquatoriale Jetstream recht hoch in Jupiters Atmosphäre erstreckt. Weil die Messungen eine so große Region abdeckten, konnten die Forscher mehrere Arten atmosphärischer Wellen als wichtige Beitragende zur quasi-vierjährigen Schwingung ausschließen. Dadurch blieben Schwerewellen als Hauptverursacher übrig. Ihr Modell besagt, dass durch Konvektion in der unteren Atmosphäre Schwerewellen entstehen, die in die Stratosphäre aufsteigen, wo sie die quasi-vierjährige Schwingung zu einem Richtungswechsel zwingen.
Video-Link: https://youtu.be/4tJkhPmMAl4
Die Ergebnisse der Simulationen stimmten sehr gut mit den neuen Beobachtungen überein, was dafür spricht, dass die Wissenschaftler den Mechanismus korrekt identifiziert hatten. Auf der Erde werden Schwerewellen als die wahrscheinliche Ursache für den Richtungswechsel der quasi-zweijährigen Schwingung angesehen, auch wenn sie nicht stark genug zu sein scheinen, um das alleine zu schaffen.
„Durch diese Studie gewannen wir ein besseres Verständnis der physikalischen Mechanismen, welche die untere und obere Atmosphäre auf Jupiter miteinander verbinden und dadurch ein besseres Verständnis der Atmosphäre als Ganzes“, sagte Raúl Morales-Juberías, der Zweitautor der Studie und außerordentlicher Professor am New Mexico Institute of Mining and Technology in Socorro. „Trotz der vielen Unterschiede zwischen der Erde und Jupiter sind die Verbindungsmechanismen zwischen den unteren und oberen Atmosphären auf beiden Planeten vergleichbar und haben ähnliche Effekte. Unser Modell könnte verwendet werden, um die Auswirkungen dieser Mechanismen auf anderen Planeten im Sonnensystem und auf Exoplaneten zu untersuchen.“
(THK)
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