Die Tücken der langen Brennweite bei Mondbildern

Mondaufnahme unter schlechten Bedingungen. (Credit: astropage.eu)
Mondaufnahme unter schlechten Bedingungen. (Credit: astropage.eu)

Heute machen wir wieder einen kurzen Ausflug in die Mondfotografie – aber anders als sonst. Normalerweise zeigt man ja eher die guten Ergebnisse, aber man kann auch den umgekehrten Weg gehen und mit schlechten Ergebnissen demonstrieren, wann und warum man sich den Aufwand sparen kann. Das nebenstehende Bild (hier auf Flickr) ist so ein abschreckendes Beispiel. Im Vergleich zu den meisten anderen Mond-Bildern wirkt die Schärfe reduziert.

Der Grund dafür war das extrem schlechte Seeing. Seeing ist der auch im deutschen Sprachraum häufig genutzte englische Fachbegriff für den Grad der Luftunruhe. Dabei kann man prinzipiell zwischen zwei verschiedenen Arten unterscheiden:

Allgemeines Seeing
Das allgemeine Seeing bezeichnet die Luftunruhe in der Atmosphäre, also die Stärke der Turbulenzen zwischen den einzelnen Luftschichten.

Lokales Seeing
Das lokale Seeing ist stark abhängig vom Beobachtungsort. Je nachdem, welche topologischen Gegebenheiten vorliegen, können beispielsweise Winde in Tälern kanalisiert werden. Sogar der Gasaustausch großer Wälder in der direkten Umgebung kann das lokale Seeing negativ beeinflussen. Auch von Menschenhand verursachte Turbulenzen fallen in diese Kategorie, etwa die ausströmenden Abgase von Schornsteinen oder die aufgeheizte (und dadurch turbulentere) Luft über heißen Hausdächern im Sommer. Das lokale Seeing in geringen Höhen ist meist der wichtigere Faktor, wenn es um die Erstellung von relativ kurzbelichteten Bildern mit hohen Brennweiten geht.

Aber wo genau liegt jetzt das Problem mit hohen Brennweiten?

Das ist ziemlich einfach erklärt: Wenn man Objekte wie den Mond oder die Planeten mit hohen Brennweiten anvisiert, wird nicht nur das Objekt selbst größer dargestellt, sondern gleichermaßen auch die lokalen und atmosphärischen Turbulenzen, die sich zu dem Zeitpunkt vor dem Objekt befinden. Das heißt, je größer die Brennweite, desto stärker sind auch die Turbulenzen vor dem Objekt sichtbar, so dass es zunehmend schwerer wird, ein scharfes Bild zu bekommen. Ab einer gewissen Brennweite ist dann allein schon der Versuch quasi zwecklos – oder man muss mit deutlich schlechteren Ergebnissen rechnen, so wie in diesem Fall.

Damit wird auch eine Frage beantwortet, die uns regelmäßig erreicht, nämlich warum digitale Spiegelreflexkameras (oder allgemein Kameras, die mit Einzelbildern arbeiten) gepaart mit großen Teleobjektiven bei diesem Einsatzzweck recht schnell an ihre Grenzen stoßen: Jedes Einzelbild hält neben dem anvisierten Objekt auch die Luftunruhe davor im Moment der Aufnahme fest. Man braucht also Zeit und Glück, um in einem Moment den Auslöser zu drücken, wo die Luft vergleichsweise ruhiger ist.

Deshalb bevorzugen viele Astrofotografen eine andere Aufnahmetechnik, bei der ein Video vom Mond (respektive einem Planeten) aufgenommen und per Software analysiert wird. So kann die Luftunruhe mehr oder weniger gut herausgemittelt werden und das Ergebnis wird schärfer. Ein Tutorial zu dieser Vorgehensweise gibt es hier. Ein Video besteht natürlich ebenfalls aus Einzelbildern, aber für die Bildqualität ist die Anzahl entscheidend. Je mehr Einzelbilder, desto besser kann die Luftunruhe herausgemittelt werden. Technisch bedingt sind Spiegelreflexkameras (und Vergleichbares) gegenüber den speziellen “Planetenkameras” dabei im Nachteil, etwa wegen der Beanspruchung der Verschlussmechanik, etc.

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Video-Link: https://youtu.be/pw05TtmR4nI

Manchmal ist das Seeing allerdings so dermaßen schlecht, dass man auch mit der Videotechnik kein wirklich vernünftiges Ergebnis zustandebringt. Ein Blick in das Video zeigt, wie heftig die Luft während der Videoaufnahme gewabert hat. Die gelegentlichen kurzen Windböen wären vermutlich noch auszugleichen gewesen, aber die Abluft eines Schornsteins ein Stück unterhalb des Mondes war einfach zu viel. Wenn das Livebild schon so aussieht, sind wahrscheinlich keine sonderlich guten Ergebnisse zu erwarten und man kann sich den Aufwand sparen. Eine Optik mit geringerer Brennweite würde dann zwar nicht so viele Details auf der Oberfläche festhalten, aber dafür ein etwas schärferes Bild hervorbringen.

(THK)

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