Jahre bevor das verheerende Tohoku-Erdbeben im Jahr 2011 die Küste Japans traf, begann die Erdkruste in der Nähe des Epizentrums unruhig zu werden. Forscher der University of Texas in Austin nutzen Computermodelle, um zu untersuchen, ob winzige Tremore, die in der Nähe dieses Ortes registriert wurden, mit der Katastrophe selbst zusammenhängen könnten.
Die Forschungsarbeit könnte das Wissen über die Kräfte erweitern, die sogenannte Megathrust-Beben auslösen, und die Gefahrenbewertung verbessern. Megathrust-Beben sind der stärkste Erbebentyp. Die Studie wurde am 15. Dezember 2018 im Journal Earth and Planetary Science Letters veröffentlicht.
Der Hauptautor ist Thorsten Becker, ein Professor an der Jackson School of Geosciences und Forscher am Institute for Geophysics der University of Texas in Austin. Das Institute for Geophysics ist ein Forschungsbereich der Jackson School of Geoscience. Becker sagte, dass dies die erste umfassende Studie war, die vor dem Tohoku-Megathrust-Beben Veränderungen bei der gerade noch registrierbaren Tremoraktivität zeigte.
„Der Teil der Kruste nahe dem Ort, der letztendlich brach, verändert ein paar Jahre vor dem Ereignis seinen Belastungszustand“, sagte Becker. „Indem wir das demonstrieren, ergänzt unsere Arbeit Untersuchungen der Krustendeformierung und unser Wissen über die Kräfte, die Erdbeben auslösen.“
Obwohl die Position der Tremore Fragen über ihren potenziellen Zusammenhang mit dem Erdbeben aufwirft, sagte Becker, es sei im Moment unklar, ob die beiden Ereignisse miteinander in Verbindung stehen. Die seismische Signatur der Tremore unterstützt jedoch die Verfeinerung eines Computermodells, das bei der Enthüllung der Verbindung helfen könnte. Diese neue Modellierungstechnik erlaubt Forschern, ein vierdimensionales Bild der Erdkruste und der Interaktionen zwischen den tektonischen Platten zu erschaffen. Dadurch wird erkennbar, wie die Kräfte im Lauf der Zeit an der Verwerfung drücken.
Als die seismischen Daten erst einmal eingegeben waren, stimmte das Modell mit Beobachtungen überein, welche zeigten, wie sich die Platte in den Jahren vor und nach dem Erdbeben deformierte. Daraus konnten die Wissenschaftler ableiten, welche Art von Kräften an der Plattengrenze auftraten – dem Punkt, wo die eine Platte in den heißen, viskosen Erdmantel abtaucht. In dieser halbgeschmolzenen Schicht verhält sich festes Gestein auf unerwartete Weise. Die Dynamik der Schicht zu verstehen, könnte daher helfen, den Zusammenhang zwischen dem Druck entlang einer Verwerfung vor und nach einem starken Erdbeben zu identifizieren.
Die neue Forschungsarbeit ist von Bedeutung, weil das Modell ursprünglich für die Verwendung eines anderen Datensatzes entwickelt wurde: geodätische Informationen über die Form der Erdoberfläche. Weil sie ähnliche Resultate mit verschiedenen Datensätzen erhielten (seismische Wellen und Veränderungen der Oberflächenform), können die Wissenschaftler zuversichtlicher über die Genauigkeit von Erdbebenmodellen sein.
Becker vermutet, dass mit der richtigen Forschung und Unterstützung fortschrittliche Computermodelle genutzt werden können, um die Physik von Erdbeben zu untersuchen und vielleicht zu verbesserten Vorhersagen beizutragen.
Aktuell können Wissenschaftler bestenfalls Gefahrenkarten mit bekannten Erdbebenzonen und einer wagen Wahrscheinlichkeit für ein Erdbeben in den kommenden Jahrzehnten anbieten. Mehr darüber zu wissen, wann und wo solch ein Erdbeben stattfinden könnte – sogar innerhalb ein paar Jahre – würde eine deutliche Verbesserung der aktuellen Erdbebenvorhersage darstellen und den Behörden und der Industrie vielleicht ermöglichen, sich auf ein solches Ereignis vorzubereiten.
Bis dahin hoffen die Autoren, dass ihre Studie zu den weltweiten Bemühungen beitragen wird, die Gefahrenbeurteilung für Erdbeben zu verbessern – etwa das Modeling Collaboratory for Subduction RCN, ein neues Forschungsnetzwerk unter Leitung der University of Texas und finanziert von der National Science Foundation (NSF).
(THK)
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