Tief unter den Stränden und türkisfarbenen Gewässern der Bermudas haben Geowissenschaftler der Cornell University den ersten direkten Beleg dafür gefunden, dass Material tief aus der Übergangszone des Erdmantels an die Oberfläche gelangen kann, um Vulkane zu bilden. Die Übergangszone ist eine Schicht zwischen dem unteren und dem oberen Erdmantel, die reich an Wasser, Kristallen und geschmolzenem Gestein ist.
Forscher wissen seit langer Zeit, dass Vulkane entstehen, wenn tektonische Platten auf dem Erdmantel ineinander driften, oder infolge von Mantelplumen, die aus der Kern-Mantel-Grenze aufsteigen, um Hotspots an der Erdkruste zu bilden. Aber Belege dafür zu erhalten, dass Material aus der Übergangszone des Mantels – zwischen 400 und 650 Kilometer unter der Erdkruste – die Entstehung von Vulkanen auslösen kann, ist neu für Geologen.
“Wir fanden eine neue Möglichkeit, wie Vulkane entstehen können. Dies ist das erste Mal, dass wir dafür einen deutlichen Beleg aus der Übergangszone tief im Erdmantel gefunden haben”, sagte der Seniorautor Esteban Gazel, außerordentlicher Professor am Department of Earth and Atmospheric Sciences der Cornell University. Die Forschungsarbeit wurde am 15. Mai 2019 im Journal Nature veröffentlicht.
“Wir hatten erwartet, unsere Daten würden zeigen, dass der Vulkan eine Mantelplumenformation ist, aufgestiegen aus dem unteren Mantel – genau wie es bei Hawaii der Fall ist”, sagte Gazel. Aber vor 30 Millionen Jahren verursachte eine Störung in der Übergangszone ein Aufsteigen von magmatischem Material bis zur Oberfläche. Dort schuf es einen jetzt ruhenden Vulkan unter dem Atlantischen Ozean und bildete dann die Bermudas.
Die Co-Autorin Sarah Mazza von der Universität Münster nutzte einen knapp 800 Meter langen Bohrkern, der 1972 gebohrt wurde und an der Dalhousie University in Nova Scotia (Kanada) aufbewahrt wird. Sie untersuchte den Bohrkern nach Signaturisotopen, Spurenelementen, Hinweisen auf Wasser und anderen flüchtigen Substanzen. Die Analyse lieferte eine geologische, vulkanische Geschichte der Bermudas.
“Als ich den Kern untersuchte und die verschiedenen Texturen und die in den unterschiedlichen Lavaströmen bewahrten Minerale bemerkte, vermutete ich zunächst, dass die vulkanische Vergangenheit der Bermudas etwas Besonderes ist”, sagte Mazza. “Wir bestätigten schnell extreme Anreicherungen in den Zusammensetzungen der Spurenelemente. Ich war gespannt auf unsere ersten Ergebnisse – die Geheimnisse der Bermudas begannen sich zu lüften.”
In den Kernproben registrierte die Gruppe geochemische Signaturen der Übergangszone, was größere Mengen Wasser in den Kristallen umfasste, als in Subduktionszonen gefunden wurde. Wasser in Subduktionszonen gelangt zurück an die Erdoberfläche. In der Übergangszone gibt es genug Wasser, um mindestens drei Ozeane zu bilden, aber es ist das Wasser, das beim Schmelzen des Gesteins in der Übergangszone hilft.
Gemeinsam mit dem Professor Robert Moucha von der Syracuse University entwickelten die Geowissenschaftler numerische Modelle, um eine Störung in der Übergangszone zu entdecken, die wahrscheinlich Material aus dieser tiefen Mantelschicht aufschmolz und zum Aufstieg an die Oberfläche zwang.
Trotz mehr als 50 Jahren mit Isotopenmessungen in ozeanischer Lava wurden die speziellen und extremen Isotope in dem Bohrkern aus den Bermudas bislang noch nicht beobachtet. Dennoch erlaubten diese extreme Isotopenzusammensetzungen den Forschern, die einzigartige Quelle der Lava zu identifizieren.
“Wenn wir beginnen, sorgfältiger hinzuschauen, glaube ich, dass wir diese geochemischen Signaturen auch an anderen Orten finden werden”, sagte der Co-Autor Michael Bizimis, ein außerordentlicher Professor an der University of South Carolina.
Gazel erklärte, dass diese Forschungsarbeit eine neue Verknüpfung zwischen der Übergangszone und Vulkanen auf der Erdoberfläche liefere. “Mit dieser Arbeit können wir demonstrieren, dass die Übergangszone ein extremes chemisches Reservoir ist”, sagte er. “Wir beginnen jetzt erst, ihre Bedeutung in Bezug auf die globale Geodynamik und sogar den Vulkanismus zu erkennen.”
“Unser nächster Schritt ist es, weitere Orte zu untersuchen, um den Unterschied zwischen geologischen Prozessen zu bestimmen, die in Intraplatten-Vulkanen resultieren, und die Rolle der Übergangszone im Erdmantel bei der Entwicklung unseres Planeten festzustellen”, ergänzte er.
Abhandlung: “Sampling the Volatile-Rich Transition Zone Beneath Bermuda” von Mazza et al.
(THK)
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