Galileo-Daten weisen auf Fehler in der Hitzeschild-Modellierung hin

Grafische Darstellung des Hochtemperaturstromfeldes um die Galileo-Kapsel beim Eintritt in die Atmosphäre Jupiters. (Credits: Luís S. Fernandes)
Grafische Darstellung des Hochtemperaturstromfeldes um die Galileo-Kapsel beim Eintritt in die Atmosphäre Jupiters. (Credits: Luís S. Fernandes)

Die Abstiegskapsel der Galileo-Mission zum Jupiter trat im Jahr 1995 auf feurige Weise in die Atmosphäre des Planeten ein. Als die Kapsel von Mach 50 auf Mach 1 abbremste und genug Hitze erzeugte, um Plasmareaktionen auf ihrer Oberfläche hervorzurufen, leitete sie Daten über das Brennen ihres Hitzeschildes weiter, die sich von den mittels Fluiddynamikmodellen vorhergesagten Effekten unterschieden. Eine neue Forschungsarbeit untersucht, was solch einen Unterschied verursacht haben könnte.

Forscher an der Universidade de Lisboa und der University of Illinois in Urbana-Champaign berichten über ihre Ergebnisse von neuen Fluidstrahlungsdynamikmodellen, die mit Daten des 30-sekündigen Abstiegs der Galileo-Kapsel gefüttert wurden. Die Abhandlung, veröffentlicht im Journal Physics of Fluids von AIP Publishing, beinhaltet neue Berechnungsmethoden, die in den fast 25 Jahren seit Ende der Mission entwickelt wurden.

“Frühe Simulationen zum Design der Kapsel wurden in den 1980er Jahren durchgeführt”, sagte Mario Lino da Silva, ein Autor der Studie. “Es gibt ein paar andere Dinge, die wir jetzt im Jahr 2019 tun können, weil wir die Leistungsfähigkeit, neue Geräte, neue Theorien und neue Daten haben.”

Galileos Kapsel trat mit 47,4 Kilometern pro Sekunde in Jupiters Atmosphäre ein, was sie zum bisher schnellsten künstlichen Objekt machte. Der durch den Abstieg verursachte Feuerball erhitzte den Kohlenstoffphenol-Hitzeschild auf Temperaturen heißer als die Sonnenoberfläche.

Daten der Kapsel offenbarten, dass der Rand des Hitzeschildes deutlich stärker brannte, als sogar heutige Modelle vorhersagen würden, gemessen durch einen Parameter, der als “Recession Rate” bezeichnet wird. “Der Feuerball ist eine Art ‘Suppe’, in der viele Dinge gleichzeitig geschehen”, sagte Lino da Silva. “Ein Problem der Modellierung ist, dass es viele Unsicherheitsquellen gibt und nur einen beobachteten Parameter – die Recession Rate des Hitzeschildes.”

Die Gruppe berechnete die Eigenschaften des von der Kapsel durchquerten Wasserstoff-Helium-Gemischs neu, beispielsweise die Viskosität, die Wärmeleitfähigkeit und den Diffusionskoeffizienten. Sie ermittelten, dass das oft zitierte Wilke/Blottner/Eucken-Transportmodell dabei versagte, die Wechselwirkungen zwischen den Wasserstoffmolekülen und den Heliummolekülen präzise vorherzusagen.

Sie stellten fest, dass die Strahlungswärme-Eigenschaften der Wasserstoffmoleküle eine entscheidende Rolle bei der zusätzlichen Aufheizung des Kapsel-Hitzeschildes spielten. “Die eingebauten Sicherheitsfaktoren des Hitzeschildes haben die Sonde tatsächlich gerettet”, sagte Lino da Silva.

Lino da Silva hofft, dass die Arbeit bei der Entwicklung zukünftiger Raumsonden helfen wird, darunter kommende Projekte zur Erforschung Neptuns, die ihre Ziele wahrscheinlich nicht vor seiner Pensionierung erreichen werden. “In gewisser Weise ist es wie der Bau von Kathedralen oder der Pyramiden”, sagte er. “Man bekommt das fertige Ergebnis nicht zu Gesicht.”

Lino da Silva möchte als nächstes einige der simulierten Ergebnisse durch die Nachbildung ähnlicher Bedingungen in einer für Hochgeschwindigkeitsströme konzipierten Einrichtung validieren.

Quelle

(THK)

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