
Das Weltraumteleskop Hubble hat Astronomen den bislang besten Blick auf einen interstellaren Besucher erlaubt, dessen Geschwindigkeit und Bahn drauf hindeuten, dass er von jenseits unseres Sonnensystems kam – der Komet 2I/Borisov. Diese Hubble-Aufnahme vom 12. Oktober 2019 ist das bisher schärfste Bild des Kometen. Hubble offenbart eine zentrale Ansammlung von Staub um den Kern, der zu klein ist, um von Hubble beobachtet zu werden.
Der Komet 2I/Borisov ist erst das zweite bekannte interstellare Objekt, welches unser Sonnensystem durchquert. Im Jahr 2017 näherte sich der erste interstellare Besucher (ein Objekt mit der offiziellen Bezeichnung ‚Oumuamua) der Sonne bis auf 38 Millionen Kilometer, bevor er das Sonnensystem wieder verließ. „Während ‚Oumuamua ein Gesteinsbrocken zu sein schien, ist Borisov wirklich aktiv und mehr wie ein normaler Komet. Es ist ein Rätsel, warum diese beiden Objekte so verschieden sind“, sagte David Jewitt von der University of California in Los Angeles (UCLA). Jewitt ist der Leiter des Hubble-Teams, das den Kometen beobachtete.
Als das zweite bekannte interstellare Objekt in unserem Sonnensystem liefert der Komet unschätzbare Hinweise zur chemischen Zusammensetzung, Struktur und Staubmerkmalen der planetaren Bausteine, die vermutlich vor langer Zeit in einem weit entfernten Sternsystem zusammenfanden.
„Obwohl ein anderes Sternsystem recht verschieden von unserem eigenen sein könnte, ist die Tatsache sehr bemerkenswert, dass die Eigenschaften des Kometen den Bausteinen des Sonnensystems sehr zu gleichen scheinen“, sagte Amaya Moro-Martin vom Space Telescope Science Institute in Baltimore.
Hubble fotografierte den Kometen, als er rund 400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt war. Der Komet stürzt an der Sonne vorbei und wird am 7. Dezember 2019 seinen geringsten Sonnenabstand erreichen, wobei er doppelt so weit von ihr entfernt sein wird wie die Erde.
Der Komet folgt einer hyperbolischen Bahn um die Sonne und bewegt sich momentan mit einer außergewöhnlich hohen Geschwindigkeit – 177.000 Kilometer pro Stunde. „Er fliegt so schnell, dass er die Sonne fast gar nicht bemerkt“, sagte Jewitt.
Bis Mitte 2020 wird der Komet auf seinem Weg zurück in den interstellaren Raum Jupiters Bahn in circa 800 Millionen Kilometern Entfernung passieren. Im interstellaren Raum wird er Millionen Jahre lang treiben, bis er sich einem anderen Sternsystem nähert.
Der auf der Krim lebende Amateurastronom Gennady Borisov entdeckte den Kometen am 30. August 2019. Nach einer Woche Beobachtungen von Amateurastronomen und professionellen Astronomen weltweit berechneten das Minor Planet Center der International Astronomical Union und das Center for Near-Earth Object Studies am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena (Kalifornien) eine Bahn für den Kometen. Die Bahn bestätigt, dass er aus dem interstellaren Raum stammt.
Video-Link: https://youtu.be/JG9x6tkf8mg
Bis jetzt kamen alle katalogisierten Kometen entweder aus einem Ring aus Eistrümmern am Rande unseres Sonnensystems, dem sogenannten Kuipergürtel, oder aus der hypothetischen Oortschen Wolke, einer Hülle aus Kometen etwa ein Lichtjahr von der Sonne entfernt. Die Oortsche Wolke markiert die dynamische Grenze unseres Sonnensystems.
Borisov und ‚Oumuamua sind Wissenschaftlern zufolge nur der Anfang der Entdeckungen von interstellaren Objekten, die unserem Sonnensystem einen kurzen Besuch abstatten. Laut einer Studie gibt es hier zu jedem Zeitpunkt tausende solcher Objekte, aber die meisten sind zu schwach, um mit den heutigen Teleskopen gefunden zu werden.
Beobachtungen von Hubble und anderen Teleskopen haben gezeigt, dass Ringe und Hüllen aus Eistrümmern junge Sterne umkreisen, wo derzeit neue Planeten entstehen. Ein gravitatives Flipper-Spiel zwischen diesen kometenähnlichen Himmelskörpern oder Planeten um andere Sterne kann sie tief in den Weltraum katapultieren, wobei sie sich von den Sternen lösen. Zukünftige Hubble-Beobachtungen des Kometen 2I/Borisov sind im Januar 2020 geplant; weitere werden vorgeschlagen.
„Neue Kometen sind immer unvorhersehbar“, sagte Max Mutchler, ein Mitglied des Beobachtungsteams. „Manchmal werden sie plötzlich heller oder beginnen sogar auseinanderzubrechen, wenn sie erstmals der starken Hitze von der Sonne ausgesetzt sind. Mit seiner hervorragenden Empfindlichkeit und Auflösung ist Hubble bereit, um all das zu überwachen, was immer auch als nächstes geschehen wird.“
Das Weltraumteleskop Hubble ist ein Projekt internationaler Zusammenarbeit zwischen der NASA und der ESA. Das Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland) betreibt das Teleskop. Das Space Telescope Science Institute (STScI) in Baltimore führt die wissenschaftlichen Operationen Hubbles durch. Das STScI wird von der Association of Universities for Research in Astronomy in Washington, D.C. für die NASA geleitet.
(THK)
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