
Das “Wetter” in Galaxienhaufen könnte einem Forschungsteam der University of Cambridge zufolge ein lange bestehendes Rätsel erklären. Die Wissenschaftler verwendeten moderne Simulationen, um zu zeigen, wie starke Jets von supermassiven Schwarzen Löchern durch die Bewegungen von heißem Gas und Galaxien unterbrochen werden. Dadurch wird das Gas, das sonst für die Bildung neuer Sterne zur Verfügung stehen würde, am Abkühlen gehindert. Das Team veröffentlicht ihre Arbeit im Journal Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
Typische Galaxienhaufen besitzen mehrere tausend Mitgliedsgalaxien, die sich von unserer Milchstraßen-Galaxie stark unterscheiden und in Größe und Form variieren können. Diese Systeme sind in sehr heißes Gas eingebettet, welches als das Intracluster-Medium bezeichnet wird. All das liegt in einem unbeobachteten Halo aus sogenannter Dunkler Materie.
Eine große Anzahl Galaxien besitzt supermassive Schwarze Löcher in ihren Zentren und diese zeigen oft Hochgeschwindigkeits-Materiejets, die sich über tausende Lichtjahre weit erstrecken. Diese Jets können sehr heiße Blasen im Intracluster-Medium erzeugen.
Die Forscher vom Kavli Institute for Cosmology und vom Institute of Astronomy führten moderne Simulationen durch, die die Jetblasen und die resultierende Röntgenstrahlung detailliert darstellen. Das Modell zeigt die Geburt und die kosmologische Entwicklung des Galaxienhaufens und erlaubte den Wissenschaftlern, so realistisch wie nie zu erforschen, wie die Jets und die von ihnen verursachten Blasen mit einem dynamischen Intracluster-Medium interagieren.
Sie stellten fest, dass die scheinbaren Röntgenbeobachtungen des simulierten Galaxienhaufens die sogenannten Röntgenleerräume und röntgenhellen Ränder der Jets offenbarten, die von dem supermassiven Schwarzen Loch erzeugt werden. Die Beobachtungen ähneln in bemerkenswerter Weise den Beobachtungen von echten Galaxienhaufen.
Dr. Martin Bourne vom Institute of Astronomy in Cambridge leitete das Team. “Wir haben neue Berechnungsmethoden entwickelt, die sich die neueste, leistungsfähige Computertechnologie zunutze machen, um die Jetblasen erstmals mit mehr als einer Million Elementen in vollständig realistischen Galaxienhaufen zu simulieren. Das erlaubt uns, die physikalischen Prozesse, welche die Freisetzung der Jetenergie steuern, wie unter dem Mikroskop zu beobachten”, sagte er.
Die Simulation zeigt, dass die Galaxien eine Art “Wetter” erzeugen, wenn sie sich innerhalb des Galaxienhaufens bewegen. Dadurch deformieren und zerstören sie die heißen Gasblasen, die sich an den Enden der Jets befinden. Die Jetblasen sind enorm energiereich und falls sie unterbrochen werden, geben sie große Mengen Energie in das Intracluster-Medium ab.
Das Team der University of Cambridge vermutet, dass dieser clusterwetterbedingte Störungsmechanismus ein bestehendes Problem lösen könnte: Zu verstehen, warum das Gas des Intracluster-Mediums nicht abkühlt und im Zentrum des Galaxienhaufens Sterne bildet. Dieses sogenannte “Abkühlungsfluss“-Rätsel bereitet Astrophysikern seit mehr als 25 Jahren Kopfzerbrechen.
Die durchgeführten Simulationen liefern eine verlockende neue Erklärung, die dieses Problem lösen könnte. “Die Kombination aus den hohen Energien, die von dem supermassiven Schwarzen Loch in die Jetblasen gepumpt werden, und der Fähigkeit des Clusterwetters, die Blasen zu unterbrechen und diese Energie neu auf das Intracluster-Medium zu verteilen, bietet einen einfachen und dennoch eleganten Mechanismus, um das Abkühlungsfluss-Problem zu lösen”, sagte Bourne.
In den kommenden zehn Jahren wird eine Reihe Weltraumröntgenteleskope der nächsten Generation in die Erdumlaufbahn gebracht werden. Diese fortschrittlichen Instrumente sollten helfen, die Diskussion zu schlichten und festzustellen, ob das intergalaktische Wetter tatsächlich die Entstehung von Sternen stoppt.
(THK)
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