Als das Universum etwa 350 Millionen Jahre alt war, herrschte Dunkelheit: Es gab keine Sterne oder Galaxien, nur neutrales Gas – hauptsächlich Wasserstoff – das Relikt des Urknalls. Diese neblige Periode begann sich aufzuklaren, als Atome sich zusammenschlossen, um die ersten Sterne und die ersten Quasare zu bilden. Dadurch regten sie das Gas an und ließen hochenergetische Photonen frei durch den Weltraum reisen.
Diese Epoche, die sogenannte Reionisierungsepoche, dauerte etwa 370 Millionen Jahre, und die ersten großen Strukturen im Universum erscheinen als Gruppen oder Ansammlungen von Galaxien.
Ein internationales Astronomenteam des LAGER-Konsortiums (Lyman Alpha Galaxies in the Epoch of Reionization) entdeckte den fernsten und dichtesten Galaxienhaufen, der jemals beobachtet wurde – einen sogenannten Protocluster. Das Team wird von Leopoldo Infante (dem Direktor des Las Campanas Observatory (LCO) der Carnegie Institution for Science) geleitet, sowie von dem Postdoktoranden Jorge González-López. Diese Studie, veröffentlicht im Journal Nature, ebnet neue Wege, um die Entwicklung hochdichter Regionen im Universum zu verstehen, sowie der Galaxien, aus denen sie bestehen.
“Wir haben einen Protocluster gefunden, der in der Zeitperiode beobachtet wird, als das Universum weniger als sechs Prozent seines heutigen Alters aufwies, nahe am Ende der Reionisierungsepoche. Es ist der fernste Protocluster, der bislang mittels Spektroskopie bestätigt wurde. Eine Schätzung der beteiligten Masse spricht dafür, dass er in der heutigen Zeit ein massereicher Galaxienhaufen ähnlich dem berühmten Coma-Haufen im nahen Universum wäre”, erklärte Infante.
Für die Forschungsarbeit wurde die Dark Energy Camera (DECam) am 4-Meter Victor M. Blanco Telescope des Cerro Tololo Inter-American Observatory (CTIO) in Chile verwendet. Das ist ein Programm des NOIRLab der National Science Foundation (NSF).
Die Bestätigung der Kandidatengalaxien wurde dann mit Spektren durchgeführt, die mit den 6,5-Meter-Magellan-Teleskopen am Las Campanas Observatory aufgenommen wurden, zusammen mit einer sorgfältigen Datenreduktion und -analyse. Die Bedingungen am Las Campanas Observatory erlauben Infante zufolge tiefe, hochaufgelöste Beobachtungen sehr schwacher Objekte.
“Die Magellan-Teleskope mit ihrer aktiven adaptiven Optik und extrem empfindlichen Spektrografen erlauben uns Galaxien zu beobachten, deren Licht bereits 750 Millionen Jahre nach dem Urknall emittiert wurde”, sagte Infante.
Der LAGER-Survey versucht die Physik zur Zeit der Reionisierung zu verstehen, aber in Bezug auf die Galaxienentstehung und -entwicklung. “Diese Forschung ist wichtig, weil sie die Bedingungen der Materie im Universum zur Zeit der Reionisierung beschreibt, als die Galaxien entstanden. Die Entdeckung des Protoclusters macht es möglich, nicht nur einzelne Galaxien zu untersuchen, sondern auch zu verstehen, wie Galaxienhaufen und Strukturen im Universum entstehen. Gleichzeitig offenbart sie die ursprünglichen Bedingungen für die Bildung von Strukturen”, ergänzte Infante.
Bis jetzt hat die LAGER-Studie Dutzende Galaxien entdeckt, deren Licht emittiert wurde, als das Universum etwa 750 Millionen Jahre alt war. Um die physikalischen Bedingungen der Materie im Universum in dieser Zeitperiode zu verstehen, müssen die Forscher die Anzahl der beobachteten Galaxien um mindestens den Faktor Zehn erhöhen.
“Wir werden mit dem 4-Meter Blanco-Teleskop und den 6,5-Meter Magellan-Teleskopen weitere dieser Galaxien untersuchen, bis wir die notwendige statistische Genauigkeit erreichen. Wir sind zuversichtlich, dass wir bei diesem Vorhaben viele andere interessante Objekte wie den im Rahmen dieser Studie entdeckten Protocluster finden werden”, schlussfolgerte der Direktor des LCO.
(THK)
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