Ein Mikrogravitationslinseneffekt bei einem Exoplaneten um einen M-Zwerg

Hubble-Aufnahme einer Galaxie, die als Gravitationslinse für eine weiter entfernte Galaxie agiert und deren Licht zu einem Bogen verzerrt. (Credits: ESA / Hubble and NASA)
Hubble-Aufnahme einer Galaxie, die als Gravitationslinse für eine weiter entfernte Galaxie agiert und deren Licht zu einem Bogen verzerrt. (Credits: ESA / Hubble and NASA)

Bislang wurden mehr als 4.300 Exoplaneten entdeckt, davon über 90 Prozent mit der Transit- oder Radialgeschwindigkeitsmethode. Von den restlichen zehn Prozent wurden 105 Exoplaneten mit der Mikrogravitationslinsenmethode gefunden, die sich den Umstand zunutze macht, dass die Bahn eines Lichtstrahls durch die Präsenz eines massereichen Himmelskörpers gekrümmt wird. Der Himmelskörper agiert wie eine Linse (eine Gravitationslinse), die das Bild eines Objekts dahinter verzerrt.

Wenn ein massereiches Objekt zufällig vor einem Stern vorbeizieht, agiert es als Gravitationslinse und deswegen scheint seine Bewegung am Himmel den Hintergrundstern kurz zu verstärken. Wenn das Vordergrundobjekt ein Stern mit einem Planeten ist, können beide Himmelskörper Lichtbündelungsereignisse produzieren. Diese Lichtblitze können modelliert werden, um die Massen und den Abstand der Himmelskörper zu bestimmen.

Die Mikrogravitationslinsenmethode hat gegenüber gängigeren Auffindungsmethoden zwei entscheidende Vorteile: Erstens hängt die Helligkeit des Mikrogravitationslinseneffekts nicht von der Helligkeit des sich bewegenden Objekts ab, sondern nur von seiner Masse. Das ermöglicht die Beobachtung schwacher, massearmer Zwergsterne des Typs M. Der zweite Vorteil liegt darin, dass der Planet, der den Mikrogravitationslinseneffekt auslöst, seinen Stern in einer großen Entfernung umkreisen könnte, die bis zu einigen Astronomischen Einheiten betragen kann.

Weil normale Methoden wie die Transitmethode mehrere Beobachtungen über viele Orbitalperioden hinweg erfordern und Exoplaneten mit großen Umlaufbahnen Jahre für einen Umlauf brauchen, hat die große Mehrheit aller gemessenen Exoplaneten Abstände zum Zentralstern von weniger als einer Astronomischen Einheit. Infolge ihrer großen Umlaufbahnen sind die registrierten Riesenplaneten normalerweise weit genug entfernt, um jenseits der “Schneelinie” ihres Sterns zu liegen. Das ist die Distanz zu ihrem Zentralstern, ab der Wasser auf der Oberfläche gefrieren würde.

Die Astronomin Jennifer Yee vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) arbeitet mit einem Astronomenteam des OGLE-Projekts ((Optical Gravitational Lensing Experiment) zusammen, das das Mikrogravitationslinsenereignis namens OGLE-2017-BLG-1049 entdeckte. Die Analyse wurde von ihren Kollegen des Korea Microlensing Telescope Network geleitet. Sie modellierten die Lichtbündelungsereignisse mit einigen wahrscheinlichen Voraussetzungen und schlussfolgerten, dass der Zentralstern ein M-Zwerg mit einer Masse von etwa 0,55 Sonnenmassen ist. Der Planet besitzt eine Masse von rund 5,5 Jupitermassen und umkreist den Stern in einer Entfernung von 3,9 Astronomischen Einheiten.

Diese Ergebnisse haben direkte Auswirkungen auf Modelle zur Planetenentstehung. Von den bekannten Exoplaneten, die durch die Mikrogravitationslinsenmethode gefunden wurden, sind 54 Riesenplaneten im Orbit um M-Zwerge, wie dieses neue Exemplar. Das spricht dafür, dass Planeten um M-Zwerge häufig vorkommen.

Im Kernakkretionsmodell der Planetenentstehung, laut dem sich Planeten nach und nach aus kleineren Felsen aufbauen, gibt es jedoch nur sehr wenige Planeten um Zwergsterne des Typs M. Das Ergebnis scheint stattdessen das alternative Scheibeninstabilitätsmodell zu unterstützen, in dem sich eine rotierende Scheibe in Klumpen fragmentiert, aus denen Planeten entstehen. Dieses Modell sagt voraus, dass sich um M-Zwergsterne häufig Planeten befinden.

Abhandlung: “OGLE-2017-BLG-1049: Another Giant Planet Microlensing Event” von Yun Hak Kim et al., Journal of the Korean Astronomical Society, 53, 161, 2020.

Quelle

(THK)

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