Im letzten Herbst haben Wissenschaftler gezeigt, dass das Gas Phosphin in geringen Spuren in der oberen Venusatmosphäre vorhanden ist. Die Entdeckung verhieß die geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass Phosphin als biologische Signatur auf dem heißen, giftigen Planeten dient. Jetzt sagen Forscher der Cornell University, dass die chemischen Fingerabdrücke des Phosphins eine andere wichtige wissenschaftliche Entdeckung unterstützen: Belege für explosive Vulkane auf dem rätselhaften Planeten.
„Das Phosphin sagt uns nichts über die Biologie auf der Venus“, sagte Jonathan Lunine, der David C. Duncan Professor in Physical Sciences und Vorsitzende des Department of Astronomy am College of Arts and Sciences. „Es verrät uns etwas über die Geologie. Die Wissenschaft deutet auf einen Planeten, der heute oder in der jüngeren Vergangenheit einen aktiven, explosiven Vulkanismus besitzt oder besaß.“
Lunine und Ngoc Truong, ein Doktorand der Geologie, haben die Studie mit dem Titel „Volcanically Extruded Phosphides as an Abiotic Source of Venusian Phosphine“ geschrieben, die am 12. Juli 2021 im Journal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde.
Truong und Lunine argumentieren, dass Vulkanismus die Ursache dafür ist, dass Phosphin in die obere Atmosphäre der Venus gelangt. Dafür untersuchten sie Beobachtungen, die mit dem bodenbasierten James Clerk Maxwell Telescope auf dem Mauna Kea auf Hawaii und dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) im Norden Chiles gemacht wurden.
„Vulkanismus könnte genug Phosphide bereitstellen, um Phosphin zu produzieren“, sagte Truong. „Die Chemie spricht dafür, dass Phosphin durch explosive Vulkane auf der Venus produziert wird und nicht durch biologische Quellen.“
Unser planetarer Nachbar kocht mit etwa 460 Grad Celsius durchschnittlicher Oberflächentemperatur und besitzt eine Kohlenstoffdioxid-Atmosphäre mit Wolken aus Schwefelsäure.
Wenn die Venus Phosphide besitzt (eine Form von Phosphor, die im unteren Mantel des Planeten vorhanden ist) und wenn sie auf eine explosive, vulkanische Weise an die Oberfläche und dann in die Atmosphäre gelangen, dann reagieren diese Phosphide mit der Schwefelsäure der Venusatmosphäre, um Phosphin zu bilden. Truong stellte fest, dass veröffentlichte Labordaten die Reaktion von Phosphid mit Schwefelsäure zu Phosphin bestätigten.
Vulkanismus auf der Venus ist Lunine zufolge nicht zwingend überraschend. „Aber unser Phosphin-Modell schlägt aktiven, explosiven Vulkanismus vor und Radaraufnahmen der Raumsonde Magellan aus den 1990er Jahren zeigen einige geologische Merkmale, die das unterstützen könnten.“
Im Jahr 1978 entdeckten Wissenschaftler mithilfe der NASA-Venusorbitermission Pioneer Veränderungen des Schwefeldioxids in der oberen Atmosphäre der Venus, was auf explosiven Vulkanismus hindeutete. Die Größenordnung lag im Bereich der Eruption des Krakatau in Indonesien im Jahr 1883.
„Mithilfe des Gases Phosphin einen explosiven Vulkanismus auf der Venus zu bestätigen, war komplett unerwartet“, sagte Truong.
Die Finanzierung für die Studie wurde vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland) bereitgestellt.
(THK)
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