Der Wechsel von kugelförmig zur Form eines Rugbyballs ist nicht länger den Quecksilber-Isotopen vorbehalten, wie ein internationales Team der ISOLDE-Einrichtung am CERN berichtet. Die Studie wurde in den Physical Review Letters veröffentlicht. Isotope sind Formen eines chemischen Elements, die dieselbe Anzahl von Protonen in ihren Atomkernen besitzen, aber eine unterschiedliche Anzahl von Neutronen.
Atomkerne sind normalerweise kugelförmig oder fast kugelförmig. Bei einem gegebenen Element kann jedoch ein langsamer oder sogar ein plötzlicher Wechsel der Kernform auftreten, wenn sich die Anzahl der Neutronen ändert. Ein Experiment an der ISOLDE-Einrichtung zeigte vor 50 Jahren, dass die Kerne von Quecksilber-Isotopen tatsächlich dramatischen Formveränderungen unterliegen. Wenn einzelne Neutronen entfernt oder hinzugefügt wurden, änderte sich die Form von einer Kugel zu einem länglichen Rugbyball.
Das Ergebnis bleibt eine der bemerkenswertesten Entdeckungen in der Kernphysik der vergangenen fünf Jahrzehnte. Wissenschaftler haben sich seitdem gefragt, ob außer Quecksilber auch noch andere Elemente dieses ungewöhnliche Phänomen der Formveränderung zeigen.
Die neue Studie wurde an der ISOLDE-Einrichtung durchgeführt – dort, wo das Phänomen entdeckt wurde – und hat jetzt eine Antwort auf diese Frage gegeben. Durch die Verwendung von ISOLDEs ultraempfindlicher Resonance Ionisation Laser Ion Source hat das Team jetzt gezeigt, dass Bismut-Isotope ebenfalls Formveränderungen zeigen.
Das Team untersuchte Bismutkerne, die mit einer anspruchsvoll niedrigen Rate von weniger als einem Atom pro Sekunde produziert wurden und stellte fest, dass die Kerne von Bismut-188 (bestehend aus 83 Protonen und 105 Neutronen) einen viel größeren Radius besitzen als jene der engsten Nachbarn Bismut-189 (mit einem Neutron mehr) und Bismut-187 (mit einem Neutron weniger). Interessanterweise tritt ein solch deutlicher Anstieg des Radius, welcher einen Wechsel von kugelförmig zur Form eines Rugbyballs anzeigt, bei der Anzahl von 105 Neutronen auf. Das ist die Anzahl, bei der die Formveränderung der Quecksilber-Isotope beginnt.
“Wir hatten keine Hinweise aus der Theorie oder aus Experimenten, dass Bismutkerne ebenfalls eine Formveränderung zeigen würden”, sagte Bruce Marsh vom CERN, ein Co-Autor der Studie. “Solche leichten Bismutkerne sind außerordentlich schwer zu erzeugen und zu untersuchen und unsere besten Kernphysiktheorien sind nicht imstande, die Form dieser und anderer komplexer Kerne vorherzusagen.”
Als wäre dieses experimentelle Ergebnis noch nicht genug, versammelte das Team eine einzigartige Zusammenarbeit aus einem Dutzend Forschungsgruppen von fünf Kontinenten, um die Kerneigenschaften der ISOLDE-Messungen abzuleiten. Zur gleichen Zeit führten die Forscher moderne theoretische Berechnungen durch und ebneten den Weg, um das Formveränderungsphänomen zu verstehen.
“Wir können nicht sagen, ob wir weitere Beispiele für Formveränderungen finden werden, aber eins ist klar: Dieses Verhalten ist nicht länger nur Quecksilber-Isotopen vorbehalten”, sagte Marsh.
(THK)
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