Beobachtungen des Gammadoppelsterns HESS J0632+057

Eines der vier 12-Meter-Teleskope, aus denen das VERITAS Gamma-Observatorium besteht. (Credits: CfA / Rick Peterson)
Eines der vier 12-Meter-Teleskope, aus denen das VERITAS Gamma-Observatorium besteht. (Credits: CfA / Rick Peterson)

Gammastrahlen sind die energiereichste bekannte Form von elektromagnetischer Strahlung, wobei jeder Gammastrahl mindestens 100.000 Mal energiereicher ist als sichtbares Licht. Hochenergetische Gammastrahlen erreichen ein Milliardenfaches dieser Menge oder sogar mehr. Astronomen vermuten, dass hochenergetische Gammastrahlen in der Umgebung der Winde oder Jets der kompakten, ultradichten Überreste produziert werden, die von massereichen Sternen nach Supernova-Explosionen zurückgelassen werden.

Es gibt zwei verschiedene Arten von kompakten Überresten: Schwarze Löcher und Neutronensterne. Letztere sind Sterne, die hauptsächlich aus Neutronen bestehen, und Dichten aufweisen, die der Sonnenmasse in einem Kugelvolumen mit zehn Kilometern Radius entsprechen. Die Winde oder Jets aus den Umgebungen solcher Objekte können geladene Teilchen auf annähernd Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Strahlung, die an solch energiereichen Teilchen gestreut wird, kann ebenso ionisiert werden, manchmal bis in den hochenergetischen Gammabereich.

Neun bekannte oder vermutete Gammaquellen befinden sich in Doppelsystemen, in denen kompakte Objekte einen Stern umkreisen und in regelmäßigen Abständen Energie freisetzen. Jedes Mitglied dieser Klasse besitzt seine eigenen einzigartigen Eigenschaften, aber von allen Fällen bis auf einen ist bekannt, dass der stellare Begleiter ein massereicher heißer Stern ist, der oft von einer äquatorialen Scheibe umgeben wird.

Im Gegensatz dazu ist die Natur der kompakten Objekte in diesen Doppelsystemen normalerweise nicht bekannt. Der Gammadoppelstern HESS J0632+057 liegt rund 5.000 Lichtjahre entfernt und besteht aus dem heißen Stern MWC 148 und einer Röntgenquelle.

Im Jahr 2007 entdeckte HESS (High Energy Stereoscopic System), dass diese Quelle Gammastrahlung emittierte. Aber im Jahr 2009 konnte VERITAS (Very Energetic Radiation Imaging Telescope Array System) am Fred L. Whipple Observatory in Arizona sie nicht registrieren und setzte eine Grenze, die zeigte, dass die Quelle im Gammaenergiebereich veränderlich war.

Dann registrierten VERITAS und die MAGIC Gammastrahlenteleskope die Quelle mit stärkeren Emissionen. Beobachtungen, die von der Swift-Mission ebenfalls im Jahr 2009 gemacht wurden, ergaben, dass die Röntgenemission der Quelle eine Periode von etwa 321 Tagen hat. Damit wurde die Doppelnatur des Objekts deutlich; Radiobeobachtungen zeigten, dass es einen Jet mit einer Länge von ein paar Astronomischen Einheiten besitzt.

Der Astronom Wystan Benbow vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und ein großes internationales Team untersuchten die Natur des kompakten Objekts in diesem Doppelsystem. Die Forscher komplettierten eine Analyse von 15 Jahren Gammabeobachtungen, sowie von Röntgenbeobachtungen verschiedener Einrichtungen. Erstmals konnten die Wissenschaftler die Orbitalperiode der hochenergetischen Gammaemission auf 316,8 Tage bestimmen. Das stimmt mit der in anderen Wellenlängen gemessenen Periode überein; die Unsicherheit beträgt etwa 1,4 Prozent.

Die starke Korrelation zwischen dem Verhalten der Röntgen- und der Gammaemissionen spricht dafür, dass eine einzige Population sich schnell bewegender Teilchen für beides verantwortlich ist. Das Fehlen einer Korrelation mit Emissionslinien von atomarem Wasserstoff deutet darauf hin, dass jegliche Veränderlichkeiten bei dem heißen Stern eine vernachlässigbare Rolle spielen. Die Astronomen planen jetzt tiefere, mehrjährige Beobachtungen in mehreren Wellenlängen gleichzeitig, um die Emissionen und die Struktur der Quelle genauer zu charakterisieren.

Abhandlung: “Observation of the Gamma-Ray Binary HESS J0632+057 with the H.E.S.S., MAGIC, and VERITAS Telescopes” von C. B. Adams et al., The Astrophysical Journal 923, 241, 2021.

Quelle

(THK)

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